Montag, 18. Februar 2013

Du liege Güte, bin ich ein asoziales Schreiberlein!

Dieses Wochenende habe ich mich zwei Tage lang ohne Telefon und ohne Internet in meiner Zweitwohnung eingeigelt. Ich saß in der Küche, trank grünen Tee mit Milch, aß selbstgebackene Erdnusskekse und schrieb, schrieb, schrieb. Und ich war ja so glücklich! Ich war so super produktiv und hatte solchen Spaß!

Früher war für mich klar, dass ich nicht den ganzen Tag mit Schreiben verbringen kann, weil ich zwischen den Kapiteln eines Romans mindestens eine Nacht zum Nachdenken brauche. Aber es gibt ja noch mehr zu tun! Ich habe außer mehreren Romankapiteln auch eine Kurzgeschichte produziert sowie eine wissenschaftliche Veröffentlichung. Und eine Buchbesprechung, diesen Blogeintrag, eine Vorlesungseinheit und anderen Kleinkram. So habe ich am Samstag 11 Stunden und am Sonntag nochmal 11 Stunden mit Schreiben verbracht. War toll.

Jetzt ruft allerdings wieder die Pflicht mit Prüfungsaufsicht, Besprechungen, Prüfungskorrekturen. Schade. Aber wenn ich groß bin, werde ich Schriftstellerin!

Montag, 11. Februar 2013

erfundene Geschichten

Ich weiß, Fiktion ist Fiktion, aber manche ist eben doch fiktiver als andere. Im letzten halben Jahr habe ich mich mit einigen Romanen gelangweilt, die schlicht nach Schema F konstruiert waren. Auf mich wirkten sie genauso lebendig wie ein Kasperletheater mit Holzpuppen. Die handelnden Personen sind mir so wurscht, dass sie von mir aus heiraten, sterben, Sex haben oder sich das Bein brechen können - mir alles gleich. Warum kaufen Verlage sowas und investieren auch noch in die hohen Papierkosten? Weil die Leser sowas kaufen, fürchte ich. Untergang des Abendlandes!
Momentan höre ich das Hörbuch "Die Seelen im Feuer" von Sabine Weigand. Auch total konstruiert und vorhersehbar, aber... Es handelt sich dabei um einen wirklich sehr sorgfältigen Bericht über die Hexenverfolgungen. Alles was ich bei meinen eigenen Recherchen gefunden habe, taucht dort auf. Alle die Perversionen und Grausamkeiten, Taktiererei und politischen Missbrauch der Hexenjagd, die Gegenargumente und den Widerstand. Der Roman selbst mag konstruiert sein, aber dahinter stecken wahre Geschichten. Als tatsächlich eine Angezeigte alle drei Runden der Tortur lebend und ohne Geständnis überstanden hatte und nach Hause zurück taumeln konnte, da weinte ich vor Freude. Ich kenne diese Frau nicht, sie existiert nicht. Trotzdem sind die Hexenverfolgungen nicht erfunden und diese Geschichte macht sie so lebendig fühlbar als sei man dabei. Wie ein besonders anschauliches Fachbuch.
Gestern Abend sah ich den Film "Die Brücke von San Luis Rey". Natürlich eine erfundene Geschichte. Aber mit Menschen, die wir alle kennen. Menschen, die lieben ohne selbst zurück geliebt zu werden. Menschen, die sterben, ohne dass ihr Tod einen Sinn ergibt. Die Handlung dient hier als Hintergrund für eine philosophisch-theologische Diskussion. Und die Antwort findet nicht der grübelnde Mönch am Schreibtisch, sondern die handelnde Äbtissin im Krankensaal: Was ist Liebe? Liebe bedeutet zu geben und dann wieder zu vergehen. Nur das was man gegeben hat bleibt und wird weitergegeben.
Beide Geschichten halten sich natürlich auch an die üblichen Strukturen eines Romans und verwenden Klischees. Aber dies nicht, um irgendeinen Roman zu konstruieren und zu verkaufen, sondern um eine Botschaft zu überbringen. Leider gilt das nur für einen kleinen Teil der fiktionalen Literatur.

Samstag, 2. Februar 2013

So, jetzt aber!

Vorigen Winter empfahl man mir, mangels Begabung zumindest die Fantasy aufzugeben, wenn nicht gar das Schreiben. Schließlich habe ich in den letzten 20 Jahren nur ein einziges Buch in den Verlag gebracht und auch das ist immer noch mit weniger als einer Million Exemplaren im Umlauf. Ein klarer Beweis mangelnder Begabung!
Mein Argument, dass ich mit meinem Hauptberuf schon 70 Stunden pro Woche beschäftigt war, ließ man nicht gelten. Wahres Talent setzt sich anscheinend auch ohne Marketing durch.
Bevor Sie nun denken, dieser Rat stamme von einem kompetenten Menschen... Nein er stammte von einem abgewiesenen Verehrer, der sich schon beim ersten Date (von dem ich dachte, es sei ein freundschaftliches Gespräch unter Kollegen) zu sehr für mein Sexualleben interessierte. Warum ich mich kein zweites Mal mit jemandem treffen will, der mich von oben herab behandelt, sollte ich auch noch begründen. Selbst schuld. In diesem Kontext erscheint der Rat, mich vom Fantasy-Acker zu verziehen, ein Racheakt und landete daher auch in der Rund-Ablage. Mein Altpapiereimer ist übrigens tatsächlich rund.
Kurz und klein: Nachdem mich im Winter mal wieder mein Brotberuf mit 70 Stunden pro Woche in den eisernen Klauen hatte, habe ich heute mein "Handbuch für Autorinnen und Autoren" in die Hand genommen. Nachdem ich festgestellt hatte, dass meine gebookmarkten Literaturzeitschriften-Listen alle veraltet sind und auf nicht existierende Webseiten oder auf existierende Webseiten nicht mehr existierender Zeitschriften verweisen. Es ist ein Kommen und Gehen auf dem Jahrmarkt der Literaturzeitschriften und das Internet ist zu einer Ruine seines früheren Selbst verkommen. Die Miete von Plattenplatz ist so günstig, dass es sich nicht lohnt, nicht mehr bewohnte Grundstücke aufzuräumen und weiter zu verkaufen. Abgesehen vom Maskenball, der jetzt ein Reiseportal ist. Immerhin gibt es noch Bücher, die aktuell gehalten werden!
Nun habe ich also meine besten Texte aus 2012 und teilweise früher durchgesehen und an verschiedene Zeitschriften verschickt. Dasselbe mache ich heute Nachmittag noch mit den Roman-Exposés. Ist ja nicht so, dass ich nichts produzieren würde. Ich muss es nur mal massiv auf die Menschheit hetzen. Irgendwelche meiner Texte werden dann schon durchkommen.

Für 2012 hatte ich mir ja vorgenommen, mindestens einen Literaturpreis zu gewinnen. Hat leider nicht geklappt. Aber ich habe an 20 Wettbewerben teilgenommen und die Beiträge sind teilweise wirklich toll. Wenn sie schon nicht unter den ersten drei von 800 Einreichungen kamen, so wird es vielleicht doch woanders eine Chance für sie geben. Schließlich wird so viel gedruckt, das schlechter ist.

Daumendrücken erwünscht!

Donnerstag, 17. Januar 2013

Doppelschichten

"Luisa, leben Sie noch?"
"Danke für den Ping. Ja, ich lebe noch, arbeite aber Doppelschichten. Zusätzlich zu meinem Vollzeitjob als Mädchen für alles, bereite ich mich bis zum Umfallen auf meine Prüfungen als Sicherheitsingenieur vor. Seitdem unser Sicherheitsingenieur mit einer explodierenden Ölpumpe gemeinsam in Stücke ging, bin ich auch noch für die Sicherheit dieses Rostdampfers verantwortlich. Drei Wochen lang habe ich einen kompletten Sicherheitscheck gemacht. Auf Ihrem Schiff, da wird jede lockere Schraube bei der wöchentlichen Inspektion entdeckt und sofort ausgewechselt. Hier habe ich erstmal 2000 Probleme aufgenommen und dann priorisiert nach 'Wie viele Leute werden sterben, wenn das hier hoch geht?' und 'Wie lange bleibt uns noch bis dahin?'. Als ich die Liste mit dem Maschinisten durchsprach kam noch die Frage auf: 'Haben wir überhaupt die nötigen Ersatzteile vorrätig?' Wir befinden uns am Anfang einer zweijährigen Reise und stellen uns jetzt schon solche Fragen!"
"Und? Haben Sie die Ersatzteile vorrätig?"
"Wollen Sie mich quälen?" jammerte Luisa. "Natürlich nicht! Dieses Modell ist so alt, dass sie auf dem Mars tatsächlich vieles nicht beschaffen konnten."
"Was nicht passt, wird passend gemacht. Sie können ja wohl ein Metallteil umschmieden."
"Der Schmied sagt dass ja. Nur hatte der Sicherheitsingenieur ihn gar nicht erst gefragt!"
"Scheint ein sorgfältiger Mann gewesen zu sein."
"Darum weilt er ja auch nicht mehr unter uns. Sein Tod wäre vermeidbar gewesen."
"Sogar im Weltall sind viele Unfälle vermeidbar."
"Ich weiß, aber nur wenn man voraus plant. Ich kann nur noch reparieren und improvisieren."
"Tja, wenn Sie einen Tipp brauchen, rufen Sie einfach an."
"Danke. Darauf können Sie sich verlassen. Hier fehlt es teilweise an erwachsenen Ansprechpartnern. Die meisten hier scheinen sich für unsterblich zu halten."
"Sie machen das schon."
"Na, was muss, das muss!"
"Und ansonsten? Was macht das Nachtleben?"
"Gerüchteweise gibt es das hier, aber ich bekomme nichts davon mit. Meine Nase klebt ständig an irgendeinem Bildschirm."

Mittwoch, 16. Januar 2013

Wagnis Zuneigung

Zu glauben, dass jemand mich mag, ist eines der ganz großen und
gefährlichen Wagnisse in diesem Leben. Mit allem anderen setze
ich weniger aufs Spiel!

Freitag, 4. Januar 2013

Shopping-Frust

Mal was anderes... Winterschlussverkauf: Gestern Abend dachte ich mir mal wieder, dass die Bekleidungsindustrie wohl gezielt für den Altkleidersack produziert. Die meisten Stücke, die dort hingen, wollte ich selbst geschenkt nicht haben. Es waren ganz offensichtliche Fehlkäufe, und ich fürchte, sie wären Fehlkäufe, ganz egal für wen. Beispielsweise die pinkfarbene Jacke, bei der vom Sonnenschein schon die Schultern ausgebleicht waren. Oder Pullover, die zwar sehr breit, dafür aber sehr kurz sind. Wem bitteschön steht so etwas überhaupt? T-Shirts aus dünnem Stoff mit überschweren Perlenstickereien oder Stoffrosen am Ausschnitt, was unweigerlich dazu führen muss, dass dieser Ausschnitt zipfelig fällt. Oder diese Miniröcke, die kaum den Hintern bedecken, beim Sitzen und Bücken auf keinen Fall mehr. Trotzdem werden diese Modelle seit Jahren unverdrossen verkauft. Leute, hört einfach auf, aus einer Laune heraus oder weil es fast geschenkt ist, solchen Mist zu kaufen. Dann hören die Modeschöpfer hoffentlich auch auf damit, etwas zu produzieren, was niemand tragen kann! Ich brauche jedenfalls immer sehr viele Shoppingstunden, bis ich ein Kleidungsstück finde, das zu meiner optisch unauffälligen, für die Modebranche aber offensichtlich unerwarteten Figur passt. Weiblicher Hintern und schmale Taille, ganz ungewöhnlich! Oder langer Oberkörper bei schmalen Schultern. Damit konnte keiner rechnen. Irgendwann fange ich noch das Nähen an. Ich glaube, es geht schneller, sich selbst etwas zu nähen als 100 Hosen anzuprobieren, bis endlich eine passt.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Auf dem Land

Auf dem Land ist alles anders...
Zum Beispiel: Wenn es auf der Straße knallt und scheppert, dann rennen auf dem Land die Leute in die Vorgärten und gucken, was los ist. Wenn es bei mir in der Stadt auf der Straße knallt und scheppert, sehe ich zu, dass ich das Licht ausmache und vom Fenster wegbleibe.

Und abends ist es hier so langweilig, dass mir nichts Sinnvolleres einfällt als zu arbeiten.

Gestern hat meine Vermieterin mich zum Tee eingeladen und ich kam extra mal schon um 17 Uhr von der Arbeit heim. Und das obwohl ich in der Wohnung kein Internet habe. Was für ein Opfer! Und dann erzählt sie mir, solange ich nicht verheiratet sei, würde ich ein Kind bleiben. Hä? Meinen Verweis auf mein fortgeschrittenes Alter lachte sie einfach weg. Und wirklich fast bei jedem unserer Gespräche sagt sie, dass ich bestimmt bald einen Mann finden würde. Gestern meinte sie, sie hätte gedacht, dass ich hier einen "jungen Mann" treffen würde. Ich schluckte die blöde Frage herunter, was ich mit einem jungen Mann anfangen soll. Da sie mir aber nicht glaubt, dass ich schon... ähm... also nicht so jung bin ich wie ich aussehe, würde dieser Satz für sie keinen Sinn machen. Sie sagte mir ja schon mitten ins Gesicht, dass sie mir mein Alter nicht glaubt. Naja, für sie gibt es kein anderes Thema als Familie und Kinder. Ist ja ganz nett so als Lebensinhalt. Hätte ich auch gerne. Aber man kann´s ja auch nicht erzwingen. Ok, man KÖNNTE es erzwingen. Muss man aber nicht.

Und so sitze ich also im Büro und arbeite, statt mich ins wilde Nachtleben hier zu stürzen. Keine Ahnung, wo und wann man hier Männer kennen lernen kann. Aber bestimmt nicht nach 19 Uhr, denn um diese Zeit werden die Gehwege hochgeklappt. Ich hab mal lieber nicht meine Vermieterin gefragt für den Fall, dass mir ihre Antwort nicht gefallen würde. *grins*

Ich glaube, REWE ist eine gute Adresse dafür. Der hat bis 22 Uhr offen und darum treiben sich dort öfter mal diverse Singlemänner herum. Sie wissen schon, diese Typen, in deren Körbchen sich Kartoffelchips, Pizza und Bier befinden. Ich stehe aber eher auf den Gemüse-Milch-Müsli-Typen. Vielleicht sollte ich JEDEN Abend bei REWE einkaufen. Das würde meine Chancen erhöhen. Guter Plan.

Puh, ist mein Leben langweilig geworden!

Montag, 10. Dezember 2012

Neusein - die alte Post

Noch so eine ganz typische Anekdote zum Neusein. Das ist wirklich so passiert. Ich fragte eine Nachbarin nach dem Weg zu einem bestimmten Ort. Sie erklärte ihn mir, allerdings kam darin vor "Und an der früheren Post biegen Sie links ab". Ich fragte, ob an dem Gebäude denn noch "Post" dran stehe oder woran ich dieses Gebäude erkenne. Sie kam völlig aus dem Konzept durch meine unerwartete Frage. Sie wischte sie fort mit "Aber jeder weiß doch, wo früher die Post war!" Kleinlaut bemerkte ich, dass ich es nicht weiß, weil das vor meiner Zeit war. Sie war aber unwillig, sich auf meine beschränkte Sicht einzulassen und meinte, anders könne sie mir den Weg nicht beschreiben. Jeder außer mir würde das richtig verstehen, warum ich nicht.
Resigniert machte ich mich also auf den Weg und hoffte darauf, dass wirklich jeder weiß, wo die "frühere Post" ist. Ich fand auch ein Gebäude, das ein ehemaliges Postamt sein könnte. Ich fragte einen Passanten, ob hier früher die Post drin war. Er erklärte mir, die Post sei jetzt woanders, da müsse ich da vorne lang und dann rechts. Ich sagte ihm, dass ich nicht die neue, sondern die alte Post suche. "Aber wozu wollen Sie denn da hin? Dort ist die Post nicht mehr!"
"Ja, ich weiß, aber mir hat jemand den Weg so beschrieben, dass ich an der früheren Post links abbiegen soll."
"Wenn Sie eine Wegbeschreibung haben, warum fragen Sie dann mich?"
Er hielt mich offensichtlich für geistig verwirrt und ließ mich einfach stehen.
Die nächste Passantin fragte ich also nicht nach der alten Post, sondern nach dem Ort, wo ich wirklich hin wollte. Das klappte dann besser!
Wenn man neu ist, ist wirklich alles sehr mühsam, und keiner denkt daran, dass ich so dumm sein könnte, wie ich wirklich bin. Die alte Post, die kennt doch jeder, der einigermaßen bei Verstand ist.

Dienstag, 4. Dezember 2012

Neusein

"Ich hasse es, neu zu sein!" beklagte sich Luisa. "Man mutiert plötzlich zum Idioten."
"Erzählen Sie, Kindchen."
"Dieses Schiff ist ein Labyrinth. Immer mal wieder wurden irgendwo Zwischendecken eingezogen, Treppenhäuser dicht gemacht oder Türen verschweißt. Die Aufzüge führen nicht durch den gesamten Koloss, sondern immer nur über ein paar wenige Etagen. Anfangs legte ich vom Mannschaftsquartier zur Brücke einen recht komplizierten Weg zurück, nämlich den, den mir mein Zimmergenosse Mark am ersten Tag gezeigt hatte. Eines Tages, als der Käptn mich mal wieder aus meiner Ruhezeit heraus auf die Brücke zitiert hatte, um mir die Navigationsdaten anzusehen, schnauzte er mich an, warum ich so lange brauche für die 200 Meter. Ich erklärte ihm, dass die 200 Meter ja wohl nur Luftlinie seien und man genau genommen 500 Meter zu gehen hat, wenn man über die Gewächshäuser geht. Er rollte nur die Augen als sei ich bescheuert oder aufsässig. Daraufhin besorgte ich mir einen Plan des Schiffs. War gar nicht so einfach, denn der Link im Intranet führte ins Leere, der Admin fühlte sich nicht zuständig für den Lageplan. Der läge im Verantwortungsbereich des Sicherheitsingenieurs. Als ich diesen kontaktierte, hörte ich, dass er seit Wochen krank geschrieben sei, ich solle ihm eine E-Mail schreiben. Als ich schließlich zwei Monate nach Dienstbeginn einen Lageplan besaß, stellte ich fest, dass es einen direkteren Weg zur Brücke gibt, der tatsächlich nur 200 Meter misst. Als ich Mark fragte, warum er mir nie den kürzeren Weg verraten habe, obwohl doch oft genug über den unnötigen Umweg geklagt hatte, meinte er grinsend, er habe gedacht, den kenne ich schon und würde gerne ein wenig in der Frischluft spazieren gehen. Danke!"
"Absicht oder nicht, was denken Sie?"
"Pures Chaos. Mein Vorgesetzter glaubt, dass meine Zimmerkollegen mich einweisen, während die denken, das mache mein Chef. Und so setzen sie dauernd voraus, dass ich alles schon weiß, das sie wissen. Das führt immer wieder zu unangenehmen Situationen. Beispielsweise die Informationen, die beim Wachwechsel zu übergeben sind. Natürlich sind diese nicht so detailliert wie beim Militär. Ich habe aber die Vorschriften des Schiffs dazu gefunden und auswendig gelernt. Und mich daran gehalten. Der Wachwechsel rollte immer nur die Augen, bis ich mal meinen Vorgesetzten fragte, welche Informationen üblicherweise zur Übergabe gehören. Nun, das sind recht wenig. Inzwischen galt ich als Zahlenfetischistin, weil ich meinem Nachfolger Daten übergebe, die üblicherweise nicht zum Wachwechsel gehören. Mein Chef lachte mich sogar aus und meinte, wenn ich ein echter Profi sei, dann hätte ich wissen müssen, was üblich ist. Mein Hinweis, dass wir beim Militär andere Vorgaben haben und ich mich hier an die schriftlichen Schiffs-Regeln gehalten habe, führte nur zu einem Lachanfall seinerseits als sei es völlig abwegig, Vorschriften überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Er hat nie auf einem anderen Schiff gedient, klar. Ich glaube, er hat diese inoffiziellen Regeln sogar gemacht. Weil sie seiner Meinung nach die einzigen sind, die in diesem Universum sinnvoll sind."
"Ich verstehe, was Sie meinen. Und dieses Prinzip zieht sich vermutlich durch die gesamte Zusammenarbeit."
"Jepp. Ich passe mich zwar nach und nach an, aber habe dafür zu lange gebraucht. Der erste Eindruck verknöchert zu leicht. Sie achten jetzt bei allem was ich tue darauf, ob ich wieder zu viele Zahlen verwende oder umständlich arbeite. Oder mich ganz idiotisch an Regeln halte, die keiner außer mir beachtet. Sie lassen mich immer wieder auflaufen. Die ungeschriebenen Regeln erfahre ich erst nach und nach."
"Und? Halten Sie durch bis zur Erde?"
"Niemals!" japste Luisa. "Ich gehe von Bord, sobald sich die Gelegenheit bietet."
"Machen Sie aber keinen Blödsinn."
"Selbstmord? Quatsch. Aber wir befinden uns auf der Hauptroute. Da wird uns doch wohl mal ein anderes Schiff entgegen kommen. Oder uns überholen. Wenn mal wieder der Antrieb ausfällt."
"Sieht Ihr Vertrag denn einen vorzeitigen Abgang vor?"
"Man wird ja wohl einen Vertrag auflösen können!"
"Nicht wenn man Sie dringend braucht!"
"Mich braucht hier keiner. Ich mache doch sowieso alles falsch."
"Ohren steif halten, Kleines. Sie haben bloß dieses eine Leben. Lassen Sie es sich nicht von engstirnigen Platzhirschen verderben. Irgendwo muss sich auf dieser Rostkiste ja auch der Spaß versteckt halten."
"Oho, aber wie! Die saufen hier wie schwarze Löcher! Hab ich keine Lust drauf."
"Sie wissen, dass Sie sich anpassen oder Außenseiterin bleiben müssen. Und wenn Sie sich jetzt noch anpassen wollen, dann aber 150%."
"Kein Bisschen meiner Persönlichkeit darf mehr durchschimmern?"
"Exakt."
"Danke, Sie sind mal wieder ein echter Goldschatz, der weiß, wie man Menschen aufmuntert."
"Immer doch", lachte er. "Aber vielleicht finden Sie in dem Haufen von Zivilisten doch noch einen Typen, der etwas taugt und Sie zum Lachen bringt?"
"Hm", machte Luisa. "Mal sehen."

Montag, 19. November 2012

Lebenserwartung am Gesicht ablesen

Das hier ist spannend: Wer jünger aussieht (und sich auch jünger fühlt), der hat eine höhere Lebenserwartung. Dieser Faktor erlaubt viel zuverlässigere Vorhersagen über die Lebenserwartung als Blutdruck und anderer Schnickschnack. Wenn man dann noch bedenkt, dass ich immer für halb so alt gehalten werde wie ich wirklich bin, dann dürfte ich so schätzungsweise 200 Jahre alt werden. Wenn ich nicht vorher von einer Leiter falle...
Ich finde das aber sehr logisch. Denn die meisten Dinge, die einen Menschen früh alt aussehen lassen, sind auch noch ungesund. Rauchen, Saufen, Rock´n Roll, Stress bei der Arbeit, usw.

Dienstag, 13. November 2012

Nachrichten-Parodie

Als ich heute Morgen die Nachrichten hörte, dachte ich erst, es sei eine Parodie:
- Lufthansa-Streik fällt aus
- Griechenland erhält mehr Zeit
- Kohlekraftwerk wird doch nicht gebaut
- Y verschoben
- Z wird noch näher untersucht
- das Wetter: zunächst Nebel, später dann sonnig

Hallo? Alles verschoben? Heute nix Neues, weil alles erst später passiert? Was soll denn das für ein Tag werden?

Dienstag, 16. Oktober 2012

Kaktus ausgesetzt

Wenn ich diesen Pflanzenquäler finde! Da hatte jemand die Verantwortung für einen Kaktus übernommen und ihn dann einfach ausgesetzt. Neben einem Mülleimer stand er heute Morgen auf dem Boden, von Tau benetzt wie von Tränen und mit bemitleidenswerten Erfrierungen. Mal sehen, ob ich ihn wieder aufpäppeln kann. Pflanzenquäler, wenn ich Dich erwische!Wie kann man so etwas Herzloses tun? Sind Pflanzen denn Dinge???

Dienstag, 9. Oktober 2012

Willkommen an Bord

Leider hatte Luisa damit unrecht. Der Kapitän war ein frustrierter Seebär mit schmuddeligem, schiefem Hemdkragen, den seine Frau auf der Erde betrogen und per Fon verlassen hatte, während er sich auf Fahrt befand. Viele Kapitäne nahmen ihre Familie mit auf die Reise, doch die geschwätzige Küchenhilfe Finja, offensichtlich der wichtigste Informationsdrehpunkt dieses kleinen Universums, meinte: "Dass seine Frau nie mitkam, beweist ja schon, dass etwas nicht stimmte. Da hat sie den Liebhaber bestimmt schon gehabt." Luisa enthielt sich einer Meinung. "Muss nicht sein", warf sie vorsichtig ein.
Tags darauf warf ihr Finja vor, sie habe behauptet, die Kapitäns-Gattin habe sich den Liebhaber erst gesucht, nachdem ihr Mann auf Reisen war. Finja meinte, Luisa sei eine ziemlich besserwisserische Person, die Dinge behaupte, die sie gar nicht wissen könne. Woher sie den Kapitän überhaupt so gut kenne?
Am folgenden Tag reagierte Luisa etwas verhalten auf die Begrüßung Finjas an der Kuchentheke, woraufhin diese wütend und viel zu laut sagte: "Nur weil du Sex mit dem Kapitän hast, du Flittchen, brauchst Du nicht zu glauben, dass du etwas Besseres bist."
Die Leute vor und hinter Luisa in der Schlange kicherten.
Luisa wurde rot und rief: "Und Sie sollten Ihre schmutzige Phantasie in Zaum halten! Warum erfinden Sie denn solche Geschichten? Ich habe mit dem Kapitän bisher noch keine zwei Worte gewechselt, ich kenne diesen Mann gar nicht."
"Ach, die Affäre besteht nur aus wortlosem wildem Sex?"
"Halt´s Maul!" knurrte Luisa im besten Soldatenton.
"Aber dass du ihn schon lange kennst und dass du weißt, wie es zu seiner Trennung gekommen bist, das hast du mir doch gleich am ersten Tag hier gesagt. Besonders diskret bist du also selbst nicht!"
"Dass ich nicht lache. So etwas würde ich nie sagen, weil es einfach nicht wahr ist. Das hast du dir ausgedacht!"
"Das ist ja wohl lachhaft. Ich denke mir so etwas doch nicht aus! Jetzt lügt dieses Flittchen auch noch. Aber es ist zu spät. Wir wissen Bescheid!"
"Wenn du nicht hinter dieser verdammten Kuchentheke verschanzt wärst, Tratschtante, dann würde ich dir eine wischen!"
Finja kreischte. "Sie bedroht mich! Hilfe, wir haben eine Gewalttätige an Bord! Jemand muss sie festhalten und einsperren!"
Als Luisa sich umsah, waren alle anderen verschwunden, niemand wollte mehr Kuchen oder Ärger.
Als Finja die Hand unter den Tresen schob, wusste Luisa, dass sie nun den Notknopf drückte. Da man auf einem Raumschiff nicht sonderlich weit davon laufen kann, nahm sie seufzend ihr Tablett, bezahlte und setzte sich an einen leeren Tisch, um die ersten beiden Gänge ihres Mittagsessens zu verspeisen. Noch während der Suppe erschien die Raumschiffpolizei.
Noch bevor die vier Uniformierten etwas sagen konnten, hob Luisa ihr Handgelenk, deren Lesegerät las ihre Personalien. "Ich hab die Frau bedroht", gab Luisa zu, ohne auzustehen. "Aber sie hat zuvor laut erfundene Geschichten über mich herumposaunt. Das hat mich wütend gemacht."
"Von einer ehemaligen Soldatin würde man mehr Selbstbeherrschung erwarten", erwiderte der Mann mit dem Lesegerät.
"War ja auch nicht ernst gemeint. Ich werde mir an dieser... Frau nicht die Hände schmutzig machen. Ich werde sie ignorieren."
"Wir müssen den Vorfall trotzdem zu Protokoll nehmen und dokumentieren. Das verstehen Sie sicher."
"Kann ich vorher noch mein Tofuschnitzel aufessen? Kalt schmeckt die Soße nicht mehr. Ich würde einfach in einer halben Stunde bei Ihnen vorbei kommen und meine Aussage machen."
"Das geht leider nicht. Wir müssen von einer eventuellen Bedrohung ausgehen."
"Glauben Sie wirklich, ich würde dieser Tussi etwas antun?"
"In Ihren Akten liegen Vorfälle vor, die darauf schließen lassen. Sie haben sich schon früher geprügelt."
Luisa lachte. "Aber doch nur mit Leuten, die mir ebenbürtig sind."
Der Mann mit dem Lesegerät beugte sich vor und Luisa sah nun, dass er jünger war als sein blonder Bart ihn erscheinen ließ. Er flüsterte: "Glauben Sie mir, diese Frau ist Ihnen über. Legen Sie sich mit der bloß nicht an. Sie sollten uns nun besser folgen, das rate ich Ihnen."
Luisa blickte sich um. Finja stand mit überkreuzten Armen vor der Kuchentheke und beobachtete die Szene, während der Rest der Leute in der Kantine so taten als würden sie sich um ihren eigenen Salat kümmern. Aus den Augenwinkeln beobachteten sie aber genau, was sich hier abspielte.
"Na gut", seufzte Luisa, packte das Tofuschnitzel in ihre Serviette und brachte den Rest des Tabletts unter Polizeibegleitung zum Fließband.
"Wenn Sie darauf verzichten, mir Handschellen anzulegen, kann ich mein Schnitzel unterwegs essen."
"Sie können nach dem Verhör essen", knurrte ein untersetzter Polizist und packte sie unsanft am Ellenbogen. "Bisher waren wir höflich, aber nun sollten Sie endlich mal verstehen, dass wir hier nicht auf einem Jahrmarkt sind. Hier herrscht Ordnung. Haben Sie sich beim Militär auch so benommen wie hier? Seit wenigen Tagen an Bord und schon Ärger anzetteln? Ihre Akte spricht ja Bände."
"Dann müssen da auch Dinge drin stehen, von denen ich nichts weiß."
"Schlafwandeln tun Sie auch noch? Oder nehmen Sie Drogen?"
"Sehen Sie doch in meiner Akte nach."
Blondbart schüttelte warnend den Kopf. Er hatte ja Recht. Luisa hielt den Mund und ließ sich noch in der Kantine Handschellen anlegen.

Auf der Polizeiwache wurde das Gespräch nicht freundlicher. Luisa ließ sich aber nicht mehr provozieren, sondern verhielt sich vorbildlich wie bei einem Rollenspiel oder einer mündlichen Prüfung. Der Dicke verhörte sie, der Blonde schrieb alles mit. Der Dicke ärgerte sich darüber, dass es ihm nicht mehr gelang, Luisa zu provozieren. "Haben Sie nicht wenigstens ein bisschen ihren Tod gewollt?" fragte er beispielsweise. "Na, das kann ja jedem mal passieren, kein Grund sich zu schämen. Geben Sie es ruhig zu, wir sind ja hier unter uns."
Luisa sagte zum Protokollanten: "Schreiben Sie diese seltsame Befragungstechnik bitte auch mit."
Der Dicke knurrte, der andere tippte nicht. Die wussten schon, warum sie keine Tonaufnahme machten, sondern von Hand schrieben. Sausäcke!
Endlich durfte Luisa gehen. An der Tür machte sie Halt, zog das zerdrückte feuchte Päckchen aus ihrer Jackentasche und warf es in einem geübten Bogen in den Papierkorb der Polizeistation.
Dann ging sie hinaus.

Draußen lehnte sie an die Wand des Flurs und atmete tief durch. Sie blinzelte.
"Kein Grund, wegen einem Tofuschnitzel zu weinen", sagte jemand sanft. Luisa schrak zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Blondbart mit ihr herausgekommen war.
"Jeder würde sich scheiße fühlen in meiner Lage. Seit wenigen Tagen an Bord, noch zwei Jahre vor mir, und ich habe mich mit dem schlimmsten Tratschweib des Universums angelegt, bin öffentlich blamiert und abgeführt worden und die Bordpolizei hält mich für eine gemeingefährliche Unruhestifterin wegen irgendwelchem Quatsch, den man mir während meiner Militärzeit in die Akte geschrieben hat."
Er lächelte. "Falls es Sie tröstet: Sie sind nicht die Einzige, der das hier so geht. Die ganzen schadenfrohen Gestalten sind doch nur froh, weil es sie dieses Mal nicht selbst getroffen hat. Ich werde nach der Ankunft auf der Erde abheuern, das ist kein Geheimnis."
"Aber für zwei Jahre sind wir hier auf diesem Schiff gefangen."
Er lächelte. "Das 'wir' gefällt mir. Wir sollten uns in der Lounge auf einen Kaffee treffen, damit ich Ihnen eine kleine inoffizielle Bedienungsanleitung für das Personal dieses Schiffes gebe."
"Die Lounge ist verwanzt", sagte Luisa.
Er schloss die Augen und nickte. "Der Vorplatz hier aber auch."
"OK", sagte Luisa.
"Ich heiße Marcus. Feierabend um vier. Treffen wir uns dann."
"OK."
Unerwartet drückte er sie sanft an sich und sie spürte seine Hand an ihrer Hüfte. Sie erschrak über so viel Vertraulichkeit und befürchtete, er habe etwas falsch verstanden. Als er ihr Gesicht sah, sagte er: "Schauen Sie, ob das Tofu nicht Ihre Jackentasche fettig gemacht hat." Dann wandte er sich ab und ging.
Luisa verstand.

In ihrer Kabine nahm Luisa ein Buch und es gelang ihr, den Zettel aus ihrer Jackentasche hinein zu schmuggeln, so dass man ihn von der Überwachungskamera aus nicht sehen konnte. Sie wusste, wo sie hing: Gegenüber der Tür oben an der Decke, direkt auf die Tür und damit auch auf das Bett gerichtet. "Spanner", dachte sie. Im Bad war keine Kamera, sondern nur eine Wanze. Sie legte sich aufs Bett und las scheinbar das Buch, tatsächlich aber den Zettel: "19 Uhr im Maschinenraum."
Um wen-auch-immer zu verwirren, trank sie um vier Uhr trotzdem einen Kaffee in der Lounge, sah immer wieder auf die Uhr und erhob sich dann um 16:25 Uhr scheinbar enttäuscht." Draußen auf dem Flur erhielt sie eine SMS von Marcus: "Kann leider nicht kommen. Wir holen es nach."

Im Maschinenraum gab es Kakerlaken, aber keine Wanzen.
"Erstaunlich sauber hier", bemerkte Luisa.
Marcus erklärte: "Mr. Spock, unser Sicherheitsingenieur, hält das ganze Schiff zusammen. Ohne ihn wären wir schon tausend Mal in Stücke gegangen, munkelt man. Dem Kapitän ist es wurscht, der hängt nicht mehr sehr am Leben."
"Sehr beruhigend."
"Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Motorenraum."
"Dürfen wir denn dort hin?"
Er hob sein Handgelenk und zeigte das grüne Polizei-Armband. "Inspektion." Er grinste.

Samstag, 6. Oktober 2012

ausrangierter Luxusliner von 2015

"Landwehr, können Sie hellsehen?"
Er lachte. "Manchmal. Was gibt´s?"
"Der Frachter ist tatsächlich ein umgebauter Luxusliner von 2015. Einer der ersten, ganz historisches Gefährt."
"Du liebe Güte, noch mit diesen Lüftungsschächten, die sich nicht vollständig reinigen lassen, und den Clospülungen, die in der Schwerelosigkeit nicht ziehen?"
"Dann mieft es eben ein wenig, na und?"
"Hey, Sie werden leben wie im Mittelalter. In den Lüftungsschächten vermehren sich die Kakerlaken und Ratten. Die haben sie nie richtig ausrotten können, denn selbst das Gift des Kammerjägers kriegen sie aus den Schächten nicht mehr raus. Und in einen Metalleimer mit Deckel zu scheißen ist auch nicht die Krönung von Luxus."
"Nun verstehe ich, warum die so betont haben, dass das Lüftungssystem 2023 komplett ausgetauscht wurde und alle Toiletten saniert. Die Küchen sind von 2031 und überhaupt ist alles mehrmals renoviert. Eigentlich ist nur das tragende Gerüst noch original. Außenhaut, Inneneinrichtung, Antrieb, alles mehrfach ausgetauscht. Ein ganz neues Gefährt also."
"Man sollte meinen, Sie hätten nie bei mir eine Prüfung bestanden", ächzte er.
"Inkompatibilität verschiedener Modelle?" schlug sie vor.
"Genau. Wurde auf dem Mars neulich auch etwas ausgetauscht?"
"Moment." Luisa las auf ihrem Zimmer-Display nach. "Autopilot ist auf ein neues Release geupdated."
"Sonst nichts?"
"Nee, ist ja schließlich kein Schrottfrachter."
"Oder auf dem Mars fehlten die antiken Ersatzteile. Solche alten Modelle werden gar nicht mehr supported."
"Dann haben Sie ihre Ersatzteile selbst dabei. Landwehr, Sie sind unmöglich. Glauben Sie, der Kapitän ist lebensmüde? Der will doch auch heil auf die Erde zu seiner Familie zurück."

Bald wieder on the route!

"Morgen, Chef!"
Landwehr lachte. "Ich mach mich gerade schön für die Nachtwache!"
"Ich hab einen Frachter gefunden, der in vier Tagen zur Erde ausläuft."
"Neueres Modell?"
"Keine Ahnung."
"Müssen Sie drauf achten, Schätzchen. Die Raumfahrt ist schon so alt, dass man inzwischen antike Gurken erwischen kann, denen es an Verkehrstüchtigkeit mangelt. Und Sie wissen ja aus meinem Kurs, was mit Raumschiffen passiert, die es nicht mehr ans Ziel schaffen."
"Gasverlust und Druckabfall bis die Konservendosen und Lungen explodieren, antriebsloses Herumtreiben im All oder ein Ende als Supernova", leierte Luisa herunter.
"Unspektakulärer sind schlichtes Verhungern, Verdursten oder Erfrieren."
"Können Sie den Sicherheitsingenieur-Overall nicht mal ausziehen?"
"Nee, nicht im Weltall. Und vermutlich könnte ich es nicht mal mehr, wenn ich auf der guten alten Erde wäre mit Asphalt unter den Sohlen. Es ist meine Berufung, Menschen vor vermeidbarem Schaden zu bewahren!"
"Man muss aber auch mal vertrauen und Verantwortung abgeben können."
"Ha, an Zivilisten? Haben Sie nicht auf dem Mars mitgekriegt, wie die ticken? Glauben Sie, auf dem Frachter treffen Sie bessere Menschen, die Crème de la Crème? Wohl eher einen ausrangierten Kapitän auf einem ausrangierten Luxusliner von 2015, in dem alle Clospülungen klemmen!"
"Er klang eigentlich ganz gut", meinte Luisa kleinlaut. "Ich werde mir die Fahrzeugdaten besorgen."
"Tun Sie das. Ham Sie schon unterschrieben?"
"Ja. Ich war so froh, hier weg zu kommen!"
"Ungeduld, schwerer Fehler!"
"Ich hatte mich so gefreut und Sie machen alles kaputt."
"Na, werden Sie mir dankbar sein, wenn Sie hier auf dem Mars sitzen und über den Ticker lesen, dass Ihr Frachter verschollen gemeldet wurde."
"Mal was anderes... Ich habe das Gefühl, dass man alles erstmal ausprobieren muss, bevor man herausfindet, wer man ist. Ich hatte mich für einen planetengebundenen, sesshaften Menschen gehalten, aber nun freue ich mich aufs Unterwegssein."
"Kann gut sein, dass man sich erst durch Erfahrung kennen lernt. Sie jedenfalls. Ich wusste schon als kleiner Junge, dass ich mal Feuerwehrmann oder Polizist werden will. Und mein Dorf verlassen. Und mit beidem lag ich richtig."
"Irren Sie sich nie?"
Er lachte. "Klar, aber ich geb es nicht zu."
"Aber wenn ich alles ausprobieren muss, dann ist das Leben ja zu kurz, um erst herauszufinden, wer ich bin und was ich tun sollte, und es dann auch noch zu tun. Wenn ich meine Berufung erst finde kurz vor der Rente, was nutzt es mir dann noch?"
"Sie sind dann viel rumgekommen und können was erzählen."
"Ja, lauter Geschichten à la 'Da hab ich auch nicht hingepasst'!"
"Wollen Sie meine Meinung hören?"
"Klar, würde ich sonst mit Ihnen fonieren?"
"Es wird jetzt aber ein wenig brutal."
"Noch brutaler?"
"Wenn man Ruhe und Frieden in sich trägt, dann ist man überall zu Hause. Und Leute wie Sie suchen bei anderen das, was ihnen in sich fehlt. Kann sein, Sie finden nirgends und nie das, was Sie suchen, an keinem Ort und bei keinem Menschen. Weil Sie außerhalb von sich selbst suchen."
"So philosophisch kennt man Sie ja gar nicht."
"Ist nicht philosophisch, sondern praktisch."
"Und wie komme ich zu Ruhe und Frieden in mir selbst?"
"Ist schon da, müssen Sie nur rauslassen."
"Und warum weiß ich davon nichts?"
"Sie müssen nicht etwas finden, Sie müssen etwas verlieren. Was es ist, wissen nur Sie. Vielleicht jagt Sie wie ein Dämon die ewige Unzufriedenheit Ihres Vaters oder die Lieblosigkeit Ihrer Mutter. Keine Ahnung. Fragen Sie sich selbst!"
"Sie können manchmal richtig eklig sein!"
Er lachte. "Ich sagte doch, es würde brutal. Denken Sie drüber nach, machen Sie was draus."
"Sie irren sich! Ich habe unheimlich viel Ruhe und Frieden in mir, müssen Sie wissen."
"Na, dann ist ja alles bestens. Und lassen Sie sich die Fahrzeugdaten geben, bevor Sie einsteigen und die Luftschleuse sich hinter Ihnen schließt."

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