Frau Webmasterin gibt stolz bekannt: Die Webseite der Zeitschrift "Veilchen" wurde abgespeckt und ich habe auch ein wenig an den Schriftarten gefeilt. Insbesondere gibt es nun fürs Veilchen auch ein zugehöriges Diskussionsforum, in dem Sie über Texte diskutieren können.
Hier finden Sie die
Webseite des Veilchens und hier das zugehörige
Diskussions-Forum.
Lob und Beschwerden für die Technik gehen an mich, inhaltliche und strategische Themen an die Dame im Impressum.
"Holen Sie mich auf dem Rückweg wieder hier ab, Chef. Ich will wieder anheuern!"
Landwehr witzelte: "Wie? Schon langweilig im Las Vegas des Welltals? Eine muffige Bar an der anderen, die können Sie doch nicht schon alle durch haben!"
"Ich fühle mich einsam, ich passe nicht hierher."
"Mit einem tieferen Ausschnitt hätten Sie plötzlich ganz viele Freunde, Mädchen."
"Machen Sie keine blöden Witze, mir ist das ernst und Sie verstehen mich ganz genau."
"Ja, und ich geb Dir einen guten Rat: Man heiratet nicht nochmal den Typen, von dem man sich hat scheiden lassen. Denn beim zweiten Versuch geht es wieder aus genau denselben Gründen auseinander wie beim ersten."
"Sie sprechen wohl aus Erfahrung?"
"Zum Glück nicht meiner eigenen! Aber sowas kommt auf Raumschiffen oft vor, die Auswahl ist ja nicht so riesig. Und es geht immer gleich aus, immer. Sie waren doch so sicher, dass dieses Leben hier nichts für Sie ist."
"Aber der Mars ist noch viel schlimmer!"
"Bleibt noch die gute alte Erde!"
Luisa lachte freudlos. "Ja, die gibt´s auch noch."
"Dort ist multikulti, da findet jeder Mensch seinen Platz!"
"Mag sein. Ich werd mal sehen, welches Schiff als nächstes Richtung Erde fliegt und was für Personal die noch suchen."
"Und nicht weinen, das macht Augenringe!"
"Ich werd´s mir merken!"
Luisa war mal wieder vor Sonnenaufgang schon auf den Beinen, um über der Wüste die Sonne aufgehen zu sehen. Obwohl man meinen sollte, Gott sei den Menschen nur auf der Erde nahe, weil er sie dort ausgesetzt hatte, so vermeinte Luisa doch irgendetwas zu spüren, wenn sie da draußen war. Vielleicht auch nur ein Frösteln in der eisigen Luft des Morgens.
Sie musste nachdenken. Sie gab nun Sicherheitsschulungen und gab an die zivilen Siedler weiter, was das Militär sie gelehrt hatte. Und ihre ersten Kursstunden hatten sie schockiert. Da erzählte man ihr, Menschen hätten keine Wahlfreiheit, sie seien vollkommen durch ihre Kindheit geprägt, quasi wie Computer programmiert und dazu verdammt, für immer und ewig jeden Tag dasselbe Programm abzuspulen. Überhaupt würden sie nur Befehlen gehorchen und sich dauernd an Regeln halten müssen, die zwar sinnlos seien, aber an die man sich eben gewohnt habe. "Auf dem Mars?" fragte Luisa entsetzt. "Wo seid ihr jemals so frei gewesen wie im All?" Man warf ihr grinsend vor, sie solle doch mal außerhalb der mit Athmosphäre gefüllten Glaskuppeln ihren Helm abnehmen. Dann würde sie ganz schnell ihre Grenzen kennen lernen.
Und tatsächlich lebten die Menschen nach diesen von ihnen selbst als unabänderlich erkannten Regeln. Sie trugen dieselbe Turnschuhmarke wie in ihrer Jugend, pflegten genau dieselben Hobbies (Parties und Saufen, manche auch Sport oder Tanzen) und drückten sich vor allen Hausaufgaben, die ihr Chef ihnen aufgab. Darauf waren sie stolz. Sie ließen sich nichts gefallen, sie ordneten sich nicht unter. Sie wollten nicht nur ein kleines Rädchen in einer Maschine sein.
Die Sonne erschien als ein schmaler orangefarbener Rand am Horizont und beleuchtete den gegenüber liegenden Berg, einen erkalteten Vulkan.
Luisa war gerne ein Rädchen in einer gut geölten, leistungsfähigen Maschine gewesen. Sie war stolz darauf, erwachsen zu sein und Verantwortung zu tragen, sie war stolz darauf, kompetent genug zu sein, um innerhalb der Mannschaft eines Raumschiffs eine mehr als nur verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen zu können. Wie und wie lange konnten diese Zivilisten auf diesem Planeten überleben? Doch nur so lange wie diejenigen Systeme und Personen funktionierten, die ihnen ein sorgenfreies kindliches Leben ermöglichten. Die Glaskuppeln, welche die beinahe kitschig niedlichen Puppendörfchen von der lebensfeindlichen Athmosphäres des Mars trennten, waren ein eierschalendünner Schutz einer Kinderparty vor der Welt draußen. Und Luisa fühlte sich einsam als einzige Erwachsene auf diesem Spielplatz.
Als Kind hatte sie nie gerne mit Puppen gespielt, sondern viel lieber mit den Werkzeugen der Erwachsenen: Eischnee schlagen mit dem Schneebesen, einen Nagel mit dem Hammer einschlagen und die Holzbank abschleifen für eine neue Lackierung. Sie hatte Dinge bewegt, gemacht, verändert, nicht nur benutzt. Konnte sie Vierzigjährige lehren, was Erwachsensein bedeutet? Wenn sie erwachsen sein wollten, dann wären sie es vermutlich schon vor ihrem zehnten Geburtstag gewesen.
Ha, schlechte Menschen müssen jeden Tag jemandem eine reinwürgen. Für heute habe ich das schonmal geschafft. Habe jemanden durch eine Hausarbeit durchfallen lassen. Na, hoffentlich folgt darauf nicht mal wieder eine Morddrohung.
Es gibt so einen Typ Mensch, mit dem es bei mir immer knallt. Das sind diese charmanten, gut aussehenden Leute, denen es andere im Leben immer leicht machen. Wenn sie in der Prüfung etwas vage ausdrücken, glaubt jeder, der/ die habe schon das Richtige gemeint, wenn sie jammern, macht man es ihnen gleich leichter oder andere erledigen ihre Arbeit für sie, und wenn sie betrügen, dann bemerkt es keiner. Aber da ihnen das konsequent überall so geht, nehmen sie es als selbstverständlich hin und wenn jemand von ihnen dieselbe Leistung erwartet wie von den stillen Typen, dann werden sie garstig und glauben nicht nur, gemobbt zu werden, sondern schlagen auch gnadenlos "zurück". Hab ich schon ein paar Mal so erlebt. Darum verstehe ich auch, warum die Mehrheit der Menschen es vorzieht, diesen Prinzen und Prinzessinnen ihren Willen zu lassen. Wenn man ihnen dient, sind sie wahnwitzig charmant und streichen einem Honig um den Bart, aber wenn man sie sich zum Feind macht, dann au weia. Aber OK, ich mache dann mal wieder die hässliche böse Hexe, die zwar von nichts eine Ahnung hat, aber andere Leute fertig machen muss. Diese Prinzessin lieferte eine Hausarbeit ab, die zwar wunderschön zu lesen ist, aber leider erstens nicht die gestellten Fragen beantwortet und zweitens nicht aus ihrer Tastatur stammt. Sie hat ohne und mit falschen Quellenangaben drei längere Texte aus dem Internet kopiert, (immerhin!) ins selbe Format gebracht und fertig war die Hausarbeit. So nicht! Zurück zum Start und richtig machen! Ich gehe nun noch schnell meine empörte schriftliche Beurteilung versachlichen, damit sie sich nicht deswegen beschweren kann. Beschweren wird sie sich bestimmt. Wenn sie nicht der Meinung wäre, im Recht zu sein, hätte sie mir die Hausarbeit ja nicht so abgeliefert. So ein unverschämtes Plagiat liefert man doch nur ab, wenn man den Dozenten für total debil hält. Man könnte nämlich auch geschickter plagiieren. Beispielsweise wenn man Textstellen wie "Eine vollständige Übersicht finden Sie rechts unter 'Externe Links'" nicht entfernt, hat man seine eigene Hausarbeit nicht mal gelesen! Mein Gerechtigkeitsgefühl sträubt bei so etwas alle Federn, wenn ich sehe, dass ihre Kommilitonen sich richtig viel Arbeit gemacht haben und durch eigene Formulierungen riskierten Punktabzug bei "Rechtschreibung und Grammatik" zu kassieren. Das Gerechtigkeitsgefühl der Prinzessin wird aber vermutlich etwas anderes sagen, denn niemand auf diesem Globus hat es so schwer wie sie, was ihr das Recht zum "effizienteren Arbeiten" und Sonderregeln gibt.
Seufz, naja, so ist es, wenn man für Recht und Gerechtigkeit kämpft in dieser Welt des Chaos.
Als Angestellte war ich in Menschenhand.
Als Selbständige bin ich in Gottes Hand.
Es versteht sich wohl von selbst,
was man gelassener ertragen kann.
Luisa stützte den Kopf in die Hand. Allmählich begann sie, die Marsianer zu hassen. Anfangs hatte sie noch amüsiert beobachtet, wie diese Menschen, seit Jahren oder Jahrzehnten von der irdischen Gesellschaft getrennt, ihre eigene Sprache, Kultur und Marotten entwickelt hatte. Nun jedoch war bei ihr das Maß voll. Beim Militär hatte selbst das Faustrecht noch irgendwelchen ungeschriebenen Gesetzen gehorcht, die sich in Jahrhunderten etabliert hatten. Doch hier auf dem Mars galt das nackte Faustrecht des Psychoterrors. Luisa wünschte sich, diese Typen würden die Sache mit den Fäusten austragen wie Männer. Ein bärtiger Typ in schmieriger Latzhose hatte ihr in der Kneipe erklärt, das ginge nicht, weil bei einer Prügelei der Raumanzug Schaden nehmen könne. Luisa deutete an, dass man erstens passende Kampftechniken entwickeln könne, zweitens bei einem Kampf auf Leben und Tod sowas dazu gehöre und man drittens ja eine klimatisierte Sporthalle mieten könne, um sich zu prügeln. Alles war besser als diese ständigen kindischen Gemeinheiten. Sehr beliebt war es, fremdes Eigentum mit Kot zu beschmieren. Luisa fragte sich immer noch, wie sie das praktisch realisierten. Der Bärtige in der Latzhose hatte es ihr nicht erklären wollen, sondern nur gekichert und gesagt, das sei kein Thema für eine Dame. Luisa hatte ihm einen Nasenstüber verpasst und war ins Fitnesscenter gegangen, um zu trainieren. Sie musste sich austoben, bevor sie noch austickte, sich in Konflikte stürzte, die sie nichts angingen, und womöglich jemandem einen Kratzer in den Raumanzug machte.
Heute, Sonntag, ging es schon wieder los. Hatten die an ihrem freien Tag nichts Besseres zu tun als Türen zuzuknallen? Eigentlich hätte sie erwartet, dass die Türen auf dem Mars alle luftdicht und schallgedämpft mit einem sachten "Plopp" ins Schloss fallen würden. Von wegen. Gummi vertrug die Athmosphäre und Temperaturschwankungen hier oben schlecht, selbst in den Innenräumen. Und so musste man die schweren Metalltüren der einzelnen Wohnungen sachte schließen, damit es nicht knallte. Was natürlich schwierig war, wenn man gerade einen vollen Wäschekorb mit beiden Händen balancierte oder eine schwere Kiste voll Einkäufe nach Hause brachte. Vor drei Monaten fiel ein Mal pro Woche jemandem die Türe zu. Inzwischen... Tja! Man schien grundsätzlich beim Verlassen der Wohnung die Tür mit Schwung zuzuschmettern. Und die Bestrafung folgte sofort: in den Etagen drüber und drunter rannten die Bewohner zu ihrer Wohnungstür, um diese ebenfalls zuzuknallen. Luisa fragte gar nicht erst, was das sollte. Es war doch offensichtlich. Man bestrafte den anderen, indem man ihn nachahmte. Um ihn zu erziehen. Und dies war gründlich schief gegangen, denn die Unart des Türenknallens eskalierte. Für eine aus Versehen zu geknallte Tür wurden drei andere absichtlich geknallt und für eine absichtlich geknallte Tür sowieso. Luisa wunderte sich eigentlich nur noch, dass die anderen nicht den ganzen Tag durchhielten. Das Beste aber war, dass der alte Mann im Erdgeschoss sie für die Hauptverursacherin zu halten schien. Denn ein Mal kam ein Nachbar nach Hause, knallte die Tür hinter sich zu. Zufällig im selben Moment verließ Luisa ihre Wohnung in Richtung Wäschekeller, wobei sie an der offenen Tür im Erdgeschoss vorbei kam. Als sie mit leeren Händen aus dem Wäschekeller zurück kehrte, stand der Nachbar in der offenen Tür, Luisa grüßte freundlich, aber er schhlug ihr nur mit viel Schmackes seine Tür vor der Nase zu. Und leider erst da fiel Luisa ein, dass es taktisch unklug gewesen war, ihre Wohnung kurz nach einem Türenknallen zu verlassen. Noch mehr ärgerte sie sich über sich selbst - Moment mal, warum über sich selbst? - als tags darauf an ihrem Scooter sowohl die Griffe als auch der Sitz mit einer erdig-schleimigen Substanz verschmiert waren, die zwar nicht nach Kot rochen, aber doch so aussahen. Bevor sie fort fahren konnte, musste sie also erstmal wieder hoch und ihr Putzzeug holen. Als sie im Erdgeschoss vorbei kam, zuckte ihr Bein einen kurzen Moment lang in dem Impuls, gegen diese Tür dieses verdammten Nachbarn zu treten. Aber sie beschloss, dass wenn sie schon die Eskalation der Situation nicht beeinflussen konnte, sie immerhin nicht alles noch verschlimmern wollte. Sollte dieser verbitterte Kerl doch Krieg gegen die ganze Welt führen, sie wollte mit seinem blöden Krieg nichts zu tun haben.
So wirklich daraus zurück ziehen konnte sie sich allerdings auch nicht, wenn an einem schönen Sonntag im Stundentakt mehrere Türen rummsten. Es ärgerte sie, dass Erwachsene sich dermaßen dämlich benahmen. Und sie fragte sich, ob ihr Freund im Erdgeschoss ihr für diesen Lärm auch wieder die Verantwortung zuschieben würde. Luisa seufzte. Konnte man nicht mal auf dem Mars seine Ruhe haben? Musste man wirklich im eisigsten Schatten eines erkalteten Vulkans biwakieren um keinen Spinnern zu begegnen? Vielleicht sollte sie sich aber auch für eine zweijährige Erkundungsfahrt in die wirklich menschenleeren Gegenden des Universums melden. Diese Jobs wurden gut bezahlt und das Essen war vorzüglich. Dank Internet musste man nirgends allein sein, konnte es aber, wenn man wollte. Man versteckte sich dann einfach hinter einem guten alten Net Split.
Ich habe noch nie verstanden, warum alle Leute erwarten, dass ich mich auf meine Dienstreisen freue als sei es ein Vergnügungsausflug! Dienstreisen sind doch immer körperlich anstrengend. Entweder muss man am Morgen früh aufstehen (5:30 Uhr) oder sehr früh (4 Uhr). Bei meiner nächsten Reise geht mein Zug morgens um 3 Uhr. Da um diese Zeit keine S-Bahn fährt, frage ich mich, ob ich nicht gleich durchfeiere bis zur Abfahrt. Ich kann ja dann im Zug versuchen zu schlafen. (Was aber nie wirklich ein Schlafen wird, sondern eher ein Herumwälzen.)
Auf Reisen trage ich immer bequeme Schuhe, denn letztlich marschiert man doch weiter als geplant. Oft geht man eine Straße entlang, bis man sicher ist, falsch zu sein, dann geht man die ganze Strecke wieder zurück und in die andere Richtung, um dann festzustellen, dass man anfangs doch richtig unterwegs war. Macht also 5 km Fußmarsch für 1 km Vorankommen. Das Ganze natürlich mit Gepäck und selten bei idealem Wanderwetter. Gestern herrschte eine Höllenhitze. Ich konnte gar nicht so schnell Flüssigkeiten besorgen wie ich sie ausschwitzte.
Leider schwitzte ich nicht die gesamte Flüssigkeit aus. Auf Reisen hat man üblicherweise auch dauernd eine volle Blase. Irgendwie ist es immer ungeschickt. Beispielsweise im Zug den eingeschalteten und laufenden Laptop auf dem Sitz stehen zu lassen, während ich auf Toilette gehe, ruft nicht nur nach Dieben, sondern auch nach einem Sturzunfall. Das heißt, wenn ich im Zug auf Toilette gehe, muss ich erst alle Anwendungen schließen, mir merken, wo ich war, Rechner runterfahren, Rechner einpacken und so weiter... Und wenn ich mit Gepäck und in Eile durch eine Stadt haste, nehme ich mir für die Toilettensuche auch nicht recht die Zeit.
Man ist ja zu einem anderen Zwecke unterwegs. Das was heute auf dem Stadtplan aussah wie "Hurra, ich gehe durch den Wald und kann hinter die Büsche pinkeln" entpuppte sich dann als Marsch an einer Mauer und einer vierspurigen Straße entlang. Kein Entkommen.
Was das Essen anging, habe ich mich auch verpokert. Ich setzte darauf, dass es an meinem Reiseziel oben auf dem Berg etwas zu essen gibt. Tja, Ferienzeit, Kantine geschlossen. Grr! Aber die geschmolzenen Müsliriegel mussten sowieso weg. Zum Glück war um 16 Uhr, als ich endlich Gelegenheit für ein Mittagessen fand, noch ein asiatischer Schnellimbiss offen. Leider habe ich mir dort den Magen verdorben.
Die Gegner der Eisenbahn hatten meiner Meinung nach tatsächlich Recht mit ihren Bedenken: Unser Gehirn ist für hohe Beschleunigungen nicht ausgelegt. Nach einer Zugreise fühlt sich mein Gehirn immer an wie durch den Wolf gedreht. Ich kann sehr gut vorwärts fahren und lesen, auch rückwärts ist kein Problem, aber an seitlich bin ich noch nicht gewohnt. Davon werde ich dann doch seekrank.
Kurz und gut: Reisen ist körperlich anstrengend und leider ist ja das Hauptziel der Dienstreise nie, seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Nein, zwischen der Suche nach Futter, Wasser und sauberen Toiletten hatte ich mehrere Besprechungen, machte auf meinem Laptop eine Literaturrecherche und einige Besorgungen gab es auch noch zu erledigen. Ich sollte ja trotz der Reise mit Wartezeiten, Fußmärschen und Picknickpausen auf 8 Stunden Arbeitszeit kommen. Reisezeit zählt schließlich nicht als Arbeitszeit. Als ich früher noch Beraterin war, habe ich an so manchem Tag meine 5-23:30 Uhr Reise gemacht und dabei leider noch Minusstunden gesammelt. Nun sage mir noch jemand, ich soll mich auf Dienstreisen freuen!
Im Winter werde ich wieder aus dem Koffer leben. Kann ich machen, das gehört eben dazu. Aber freuen werde ich mich nicht darauf. Immerhin werde ich nach ein paar Wochen heraus haben, wo es Wasser, Mampf und Pippiboxen gibt.
Sorry, ich muss eine Runde kreischen. Eben hat man mir ein Angebot gemacht, das ich nicht abschlagen kann. Faszinierend, wie unterschiedlich dieselbe Aufgabe durch verschiedene Kunden bezahlt wird. Bisher wurden mir schon (Festpreis-)Honorare angeboten, da geht laut meiner Rechnung der Stundenlohn von 10€ bis 150€. Für 10€ arbeite ich natürlich nicht, dann lieber für kostenlos! Außer es gibt Lachsbrötchen oder freundliches Kopfitätscheln. Bin ja bestechlich.
"Kein Römer überlebt nördlich des Hadrianswalls" und "Hier ist das Ende der Welt". Nicht für Marcus! Hier beginnt die Vergangenheit, seine Mission, seine Suchwanderung.
Rosemary Sutcliffe ließ mit diesem und weiteren historischen Romanen die britische Geschichte lebendig werden in Jugendromanen, die unter die Haut gehen. Als Teenager verschlang ich sie einen nach dem anderen. Erst vorigen Sommer nahm ich den "Adler der Neunten Legion" wieder zur Hand und fieberte ein zweites Mal mit Marcus mit. Und nun entdeckte ich den Film zum Buch! (Eben läuft im Hintergrund noch die Musik.)
Natürlich ist der Film kürzer und zugespitzter. Allmähliche Entwicklungen passieren hier durch einen einzigen Blick und einen Satz. Die unnötige Liebesgeschichte fiel weg und auch die Beschreibung der römischen und britischen Kultur. Sie spricht aus den Kulissen und detaillgetreuen Requisiten.
Ich persönlich finde, dass Esca die interessantere Figur ist als Hauptperson Marcus. Marcus kann getrost sagen: "Veni, vidi, vici." Sein ganzes Leben ist darauf ausgerichtet, die verschwundene Neunte Legion wiederzufinden oder zumindest deren Adler, und die Familienehre wiederherzustellen. Und diesen Plan zieht er durch und scheut kein Opfer.
Aber Esca? Der Häuptlingssohn verlor seine gesamte Familie durch die Römer. Weil er noch jung war, wurde er verschont und stattdessen verklavt, bis er in der Arena unter dem Schwert eines Gladiators liegt. Er sieht dem Tod in die Augen und die Mehrzahl der Daumen geht bereits runter. Da reißt der charismatische Marcus die Stimmung herum und Esca wird verschont. Widerwillig, aber stolz schwört Esca dem Römer die Treue, denn er verdankt ihm sein Leben. Während Marcus jederzeit weiß, wer er ist und wohin er gehört, ringt in Esca ein alles entscheidender Kampf. Obwohl er Marcus immer wieder das Leben rettet, verschweigt er ihm doch, was er über den Verbleib des goldenen Adlers weiß. Denn sein Volk war damals an der Vernichtung der Neunten Legion beteiligt. Wie soll er sich entscheiden?
Als sie zum Seehundvolk kommen, Freunden seines Volkes und seines Vaters, wendet sich das Blatt. Esca gibt Marcus als seinen Sklaven aus und wird zum Ehrengast dieser wilden Krieger. Er könnte als freier Mann bei ihnen bleiben. Zu Marcus zu halten und mit ihm gemeinsam den Adler zu stehlen, bedeutet seine Freunde und Herkunft an Rom zu verraten.
Esca trifft seine Entscheidung, die beiden Freunde fliehen mit dem Adler der Neunten Legion. Dass Esca sich richtig entschied, begreift er in dem Moment, als der Häuptling der Seehundleute seinen kleinen Sohn tötet, weil er Escas Flucht nicht meldete. Esca tötet niemals kleine Jungs wie er einst einer war.
Außer von Treue und Freundschaft handelt der Film auch vom verbissenen, zerstörerischen Kampf zwischen Kulturen, den keine Seite je gewinnen kann. Der Hadrianswall trennte diese beiden Welten und war so ein Symbol der Versteinerung der Unversöhnlichkeit.
Doch die unverwüstliche Treue Marcus zu seinem Vater und die Treue Escas zu Marcus führt am Ende zur Rettung. Rom erhält seinen Adler zurück und seine Ehre. Marcus erhält seine Ehre zurück. Esca ebenfalls, denn er ist nun frei und der beste Freund eines Römers im Römerreich.
Puh, seit meinem fünften Lebensjahr habe ich den ganzen Tag mit meinen kleinen Spielkameraden verbracht. Und sie gingen mir schrecklich auf die Nerven.
Ach, wie würde ich mich jetzt über ein barsches "Halt die Schnauze, du hast ja keine Ahnung!" freuen oder auf einen Stapel Papier, den man mir auf den Tisch wirft mit der Anweisung: "Ich brauche das bis morgen 9 Uhr. Ich kann´s leider nicht selbst machen, weil um 15 Uhr mein Termin beim Friseur ist und ich hinterher noch zur Maniküre muss." Und wenn ich am nächsten Tag schlecht ausgeschlafen nörgle, dass ich bis zwei Uhr morgens an dem Scheiß saß, dann kriege ich noch statt Dank ein "Du hättest ja stattdessen auch mal früher aufstehen können als sonst". Hach, was waren das noch Zeiten, wo mir die anderen schön für Stress gesorgt haben!
Ich hab jetzt keinen mehr. Halte alle Termine ein und das ohne Hektik. Ist fast schon langweilig. So smooth.
Ich vermisse das Gewusel um mich herum.
"Und?" fragte Landwehr über Phon. "Was treiben Sie so auf dem Mars?"
"Selbstfindung", antwortete Luisa. "Selbstfindung mit Beschäftigungstherapie."
"Sie sind also arbeitslos?"
Luisa lachte. "Nein, ich habe den einen oder anderen Auftrag, für 8 Stunden am Tag, und es wird sogar ganz gut bezahlt. Aber es bleiben ja - anders als beim Militär - noch 16 Stunden vom Tag zur freien Verfügung übrig. In dieser Zeit kann ich die Füße auf den Tisch legen, nackt in einer Bar tanzen oder Tagebuch schreiben."
"Und was davon tun Sie nun wirklich?"
"Ich bleibe in der Bar immer angezogen."
"Sie haben also in diesen vier Wochen schon sehr viel über sich herausgefunden? Indem Sie einfach nichts Besonderes tun?"
"Genau."
"Vielleicht sollte ich das auch mal versuchen. Ich dachte immer, man müsse raus ins All, an seine eigenen Grenzen, um sich selbst kennen zu lernen. Darf ich so indiskret sein und fragen, was Sie herausgefunden haben über sich selbst?"
"Eigentlich ist es undramatisch. Ich bin ein nettes Mädchen."
"Das haben wir alle doch schon längst gewusst!"
"Ja, aber ich wusste es nicht. Ich glaubte, es sei ein General in mir verborgen."
"Und nun werden Sie heiraten und eine Familie gründen?"
"Manchmal arbeite ich in der Telefonseelsorge für Raumfahrer. Sie freuen sich wie verrückt, wenn sie erfahren, dass ich ihre Probleme aus eigener Erfahrung kenne."
"Und langfristige Ziele?"
"Ich lebe in den Tag hinein, wäge verschiedene Visionen gegeneinander ab. Noch steht mir das ganze Universum offen. Diese Aussicht genieße ich noch ein paar Wochen, bevor ich mich festlege."
"Dann kann man ja gespannt sein. Krasowski hat übrigens nach Ihnen gefragt. Darf ich ihm nette Grüße ausrichten?"
"Hey, Sie wollen mich wohl verkuppeln? Und das mit einem Kerl, der sich mit Überlichtgeschwindigkeit von mir entfernt, in Richtung irgendeiner gammeligen alten Galaxie."
"Dort ist der Bauplatz billig, Schätzchen!"
"Tut mir leid, so ein nettes Mädchen bin ich nicht, dass ich auf die Rückkehr des Matrosen warte."
"Aber grüßen lassen könnten Sie ihn doch. Er würde sich freuen."
"Geben Sie ihm doch die Telefonnummer der Seelsorge."
"Sie sind überhaupt kein nettes Mädchen, Luisa!"
Sie lachte. "Und Sie sind ein schrecklicher Kuppler. Sagen Sie ihm ruhig einen netten Gruß. Aber ohne Zwinkern und Kichern und so! Glauben Sie mir, bei einem Frauenanteil von unter 5% hier auf dem Mars habe ich viele Verehrer. Ich brauche mir nur einen auszusuchen."
"Irgendetwas Brauchbares dabei?"
Sie schnaubte. "Will ich mir etwa gleich die neu gefundene Freiheit wieder vermasseln?"
"Geben nicht wir Männer auch unsere Freiheit auf, wenn wir uns für eine einzige Frau entscheiden?"
"Meistens nicht."
"Na, Sie machen das schon richtig, nettes Mädchen!"
Auf einem Fontane-Hörbuch habe ich "John Maynard" gehört. Sehr spannend! Genauso wie andere von Fontanes Texten beruht auch dieser auf einer Zeitungsnotiz und wahren Begebenheit. Mit dieser Ballade machte Fontane John Maynard bzw. Luther Fuller (das Original) unsterblich. Warum schreibt man heute eigentlich keine Sagen mehr über den Einsturz des Turms von Babel oder Balladen über Helden in Krieg und Katastrophen? Ich meine ja nur, man könnte diese alte Sitte wieder aufleben lassen.
Hier den Originaltext von John Maynard und ausführlich die Hintergründe der Ballade:
http://www.lyrikwelt.de/gedichte/fontaneg2.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard
"Was können Sie?" fragte die Dame in der Mars-Niederlassung der Arbeitsagentur. Die Liste von Luisas Fähigkeiten klang kläglich. Sie hatte nur das gelernt, was sie für ihren Dienst in genau diesem speziellen Raumschiff und bei diesem speziellen Arbeitgeber brauchte. Immerhin zählten einige davon wie Navigation zu den überlebenswichtigen Fähigkeiten hier draußen im All. Allerdings benutzte die zivile Raumfahrt andere Systeme als das Militär. Überhaupt schien es darauf hinaus zu laufen, dass sie keinen Job fand. Wer hier draußen auf dem Mars Leute anheuerte, der versuchte, kompetente erfahrene Mitarbeiter zu ersetzen, die... nun irgendwie abhanden gekommen waren, beispielsweise durch Krankheit oder Tod. Anfängerstellen gab es sicher auch, um die aufgestiegenen Schiffsjungen zu ersetzen. Würde Luisa also wieder ganz unten anfangen müssen?
Es schmerzte sie, plötzlich niemand mehr zu sein. Bisher hatte die Marine mit ihrem goldenen Pomp und guten Ruf hinter ihr gestanden, sie war Teil von etwas Großem und trug dessen Logo auf ihrer Visitenkarte.
Sie hätte froh sein können, dass die Leute, die nun mit ihr ein Bier tranken oder ihr einen Job gaben, es um ihrer selbst tun würden und nicht weil sie der Marine ein Bier ausgeben wollten oder der Marine etwas schuldeten. Aber was, wenn sie selbst gar nichts wog und nichts wert war? Wenn nur ihre Uniform gezählt hatte?
Wer war sie überhaupt, wenn sie nur sie selbst war?
Puh, ha... Ich habe mich etwas umgesehen, ob ich nicht auch mit Schreiben etwas verdienen kann. Das geht sicher, aber den Traum-Auftraggeber habe ich noch nicht gefunden. Ich bin an einen Vermittler gelangt, für dessen Kunden ich für lächerlich wenig Geld (10€ Stundenlohn, wenn ich ordentlich arbeite) Seminar-, Master- und sonstige studentische Arbeiten schreiben könnte. Das Beste ist, dass diesen Schnarchnasen immer erst kurzfristig einfällt, dass sie es nicht selbst schaffen. Natürlich bin ich Profi genug, um in wenigen Tagen eine Seminararbeit zu schreiben oder in zwei Wochen eine Diplomarbeit. Aber warum sollte ich das tun? Wer sein Studium nicht selbst hinkriegt, soll auch keinen Schein und schon gar keinen Abschluss bekommen! Mir widerstrebt es und geht es völlig gegen die Berufsehre, Studenten ihre Arbeiten zu schreiben und ihnen damit ihre Lernmöglichkeiten zu beschneiden. Dass ich eine Seminararbeit schreiben kann, steht außer Frage. Na gut, ich wäre gespannt, was für eine Note ich kriegen würde, haha. Ich habe jetzt aber doch auf diese Verdienstmöglichkeit verzichtet.
Der Kies knirschte unter Luisas Stiefeln. Sie hatte vor Sonnenaufgang ihr Zelt verlassen und wanderte nun über die weite Ebene. Nicht bald darauf blinkte die Sonne über dem Horizont auf, um einen neuen 24 Stunden dauernden Tag einzuleiten. Es war nun Sommer und die Frühlingsstürme hatten sich gelegt, wie man ihr in der Kneipe lang und breit erklärt hatte.
Luisa fühlte sich hier als sei sie in den Jahren ihrer Ausbildung so weit zusammengefaltet worden, dass sie in eine Streichholzschachtel passte. Vielleicht hatte sie sich sogar selbst so klein gemacht. Und nun entfaltete sie sich, Tag für ein Tag ein wenig mehr. Sie war gespannt, wie groß sie werden würde, wenn sie ihre Flügel zur vollen Spannweite ausgebreitet haben würde.
Die Macher dieses Films haben aus einem der meist verfilmten Märchen Fantasy vom Feinsten gemacht und dieser Geschichte die psychologische Tiefe gegeben, die eine exzellente Fantasy-Geschichte auszeichnet. Und dann wurde diese Geschichte über Schuld und Unschuld auch noch technisch bombastisch umgesetzt und reißt so den Zuschauer in die Welt hinter der Leinwand hinein, in den Strudel der Ereignisse: Gut gerüstete Soldaten, die zum Paukenschlag galoppieren, schwarze Magie und flatternde Krähen, der "dunkle Wald", der seine bösartige Kraft aus der Angst seiner Opfer zieht, die schöne böse Hexe, die sich von makellosen Jungfrauen ernährt, ein tortured hero, der schon so viel verloren hat, dass er gar nichts mehr fürchtet (außer die Liebe) und die blutjunge hübsche Heldin.
Die Hauptpersonen, insbesondere auch die Bösewichter, lernen wir besser kennen als in irgendeiner anderen Schneewittchen-Version. Wir verstehen, warum die böse Königin böse ist, und sogar, warum ihr Bruder ein gestörtes Verhältnis zu Frauen hat. Warum der Huntsman nichts mehr zu verlieren hat und warum der hübsche Prinz sein Leben aufs Spiel setzt. Wenige Worte, kurze Szenen und Blicke skizzieren die Lebens- und Leidensgeschichten der Hauptfiguren. Und die Schauspieler bringen genau das Gesicht mit, das ihre Figur braucht.
Schneewittchen bleibt sogar lange die blasseste Figur: einfach ein junges Mädchen, das in einem Kerker aufwuchs und daher wenig Gelegenheit hatte, um Dummheiten zu begehen, Fehler zu machen und seine Unschuld zu verlieren. Erst nachdem sie drei Männern das Herz gebrochen und vielen Menschen den Tod gebracht hat, nachdem sie ermordet und wach geküsst wurde, ist sie innerhalb kürzester Zeit zur Erwachsenen gereift, die Verantwortung übernimmt und es wagt, einen Kampf zu beginnen, den bisher kaum jemand wagte und nie einer gewann. ("Niemand kämpft gegen die Böse Königin.") Denn nur unschuldiges Blut kann die schwarze Magie der bösen Königin brechen. Und so lange Schneewittchen keine Verantwortung übernahm, blieb sie unschuldig.
Einzige Kritik: Diese starke Geschichte hätte das eine oder andere kitschige Requisit nicht gebraucht. Einen weißen Hirsch oder weißen Hengst weniger, auch Sprüche wie "Sie ist das Leben, sie ist die Auserwählte" hätte man ruhig weglassen können. Dass in Schneewittchens Unschuld ein mächtiger Zauber inne wohnt, war leicht zu erraten, dazu brauchte es keine nackigen glitschigen Elfen und glotzenden Pilze. *grins*
Am Ende blieb für mich trotz des Filmtitels die Frage offen: Kriegen sie sich? Ich meine, so richtig, mit allen Konsequenzen? Muss der Huntsman für immer und ewig als Schneewittchens Untertan in dritter Reihe stehen und für sie kämpfen? Hat Schneewittchen überhaupt begriffen, wer sie wach geküsst hat? Ganz sicher bin ich mir nicht, schließlich hat sie selbst ja mit allen anderen geknutscht und gekuschelt, nur nicht mit dem einen.
Kurz und gut: 127 Minuten fesselnde Unterhaltung und alles, was Sie über Unschuld wissen müssen.