Sonntag, 8. Mai 2011

...

Luisa hatte letztlich doch einen Kakao bestellt. Als Landwehr fragend die Augenbraue hob, meinte Luisa: "Ich weiß doch auch, dass Saufen keine Probleme löst."
"Wie du meinst."
"Oder finden Sie auch, dass ich damit meine Inkonsequenz beweise, dass ich jetzt doch Kakao trinke?" fragte sie hastig besorgt.
"Sagt er das?"
"Unter anderem", murmelte Luisa und nahm die Tasse vom Metallgitter des Getränkeautomaten, um sie an einen der Tische zu tragen. Landwehr zog sich einen Tee schwarz und folgte ihr.
Dort saß sie und grübelte rührend über ihrer Tasse.
"99 Prozent aller Menschen sind Arschlöcher", stellt Landwehr fest. "Deshalb braucht man sich auch nicht sonderlich Gedanken darüber zu machen, wenn man von jemandem schlecht behandelt wird. Das tun die doch letztlich mit jedem Mitmenschen. Oder hat dein Held jemals eine Frau fair behandelt?"
"Ich weiß nicht", erwiderte sie nachdenklich. "Die anderen waren ja auch - naja, sagt er - fiese Schlampen, die ihn belogen haben."
"Ich wette, dass du in seinen Augen auch eine verlogene Du-weißt-schon-was bist. Das hat er dir doch sicher mal vorgeworfen, oder?"
"Stimmt", murmelte sie düster und hatte inzwischen die Sahnehaube ihres Kakaos zu einem weißen Spiralnebel verrührt.
"Tja, das tun alle Lügner. Scher dich nicht drum."
"Manchmal habe ich wirklich gelogen."
"Und was hätte er getan, wenn du in diesen Fällen die Wahrheit gesagt hättest?"
Sie blickte ihn überrascht an. "Aber man kann doch nicht die Verantwortung für die eigenen Lügen auf den Belogenen abwälzen. Ich habe gelogen, weil ich feige war."
"Das beantwortet meine Frage nicht."
"Na, was wohl?" knurrte sie und zeigte auf ihr Veilchen-Auge. "Er wäre wütend geworden."
"Also hast du gelogen."
"Ja, aber das war nicht richtig."
Landwehr seufzte. "Er wird immer wieder dasselbe erleben, bis er seine Rolle in diesem Spiel versteht. Aber du musst nicht immer dasselbe erleben. Es gibt nämlich auch anständige Jungs."
"1 Prozent", bezog sie sich auf seine Zahl von vorhin. "Wir haben aber keine 100 Jungs hier an Bord."
Landwehr lachte. "Im Militär gibt es natürlich mehr tolle Jungs als sonstwo. Also lass den Kopf nicht hängen!"
Luisa lachte. "Vielleicht war auch Ihre Zahl etwas übertrieben."
"Nur wenig."
"Aber was ist mit Ihnen?"
Er zog die Stirn krause. "Was soll mit mir sein? Mir fallen mindestens vier verschiedene Langversionen dieser Frage ein."
"Jeder hier glaubt, Sie seien auch eines der Arschlöcher. Vermutlich ist jeder Mensch in manchen Fällen gut und in manchen schlecht."
"Unsinn. Ihr Kinder nennt mich ein Arschloch, weil ich Leistung von euch verlange und weil ich gerecht bin. Ihr seid es aber gewohnt, mit dummen Ausreden und euren Kinderaugen Nachsicht zu erlangen, wo ihr sie gar nicht verdient habt. Wir sind hier aber nicht im Kindergarten und ihr müsst lernen, erwachsen zu sein und für eure Taten die Verantwortung zu übernehmen."
"Hm", machte Luisa.
"Was?" hakte er nach. "Fällt dir auch nur ein einziger Fall ein, wo ich ungerecht war? Wo ich jemanden übertrieben hart bestraft habe? Wo ich sadistisch gewesen wäre?"
"Sie vergeben am meisten und die härtesten Strafen."
"Weil ich euch durchschaue."
"Oder Sie unterstellen uns böse Absichten, wo keine waren, so wie Lügner anderen Lügen unterstellen."
"Klug gekontert", erwiderte er grinsend. "Aber vertraue auf meine Menschenkennntnis. Ich habe in meinem Tresor so manchen Dankesbrief von einem Admiral oder Diplomaten, der mir für die ausgezeichnete Ausbildung dankt. Zehn Jahre oder so später, nachdem er mich damals genauso Arschloch nannte, wie ihr das tut."
"Vielleicht war mein Ex ja auch gerecht und hat mir eine nötige Abreibung verpasst?"
"Er ist ein Sadist. Untersteh dich, dir Ausreden für ihn auszudenken und ihm eine neue Chance zu geben, Mädel."

Dienstag, 3. Mai 2011

...

Luisa stand nachdenklich an der Luftschleuse, die nach draußen ins dunkle All führte. Ihr blaues Auge war noch immer nicht ganz verheilt und schimmerte im Neonlicht der Flurlampen violett und gelb gescheckt.

Offizier Landwehr kam zackigen Schrittes den Flur entlang. Luisa erwartete, dass er vorüber hasten würde, ohne sie wahr zu nehmen, doch er blieb stehen. "Denk nicht dran", sagte er trocken. "Du bist wirklich noch sehr jung."

Sie sah ihn erstaunt an. Seine sonst so kalte Stimme hatte einen samtenen warmen Klang gehabt, den sie an ihm nicht kannte. Seine hellblauen Augen zeigten keine Spur von Zynismus oder Hohn, sondern er sah sie einfach nur an.

"Über alles wächst der Zahn der Zeit, während das Gras den Fluss runter treibt, oder was?" höhnte Luisa bitter.

Er lehnte sich ihr gegenüber an die Außenwand des Raumschiffs. "So ähnlich", antwortete er ruhig. "Aus jedem Schlag, den einem das Leben verpasst, lernt man etwas für die Zukunft."

"Ja", erwiderte Luisa. "Ich habe gelernt, dass ich solche Dinge anziehe, weil mit meiner Persönlichkeit etwas nicht stimmt. Ich bin nicht selbstbewusst und daher ziehe ich dominante Männer an."

"Sehr witzig", kommentierte er bitter. "Und mit dem Mistkerl ist alles in Ordnung, oder was?"

"Er hat nur getan, was ich ihm erlaubt habe."

"Hast du diesen Mist von Doktor Song?"

"Das ist Psychologie."

"Das ist Esoterikscheiße. Lass dich nicht irre machen. Unsichere kleine Mädchen wecken in einem normalen Mann den Beschützerinstinkt. So wie in mir gerade." Die Falten neben seinen Augen und in den Mundwinkeln vertieften sich zu einem väterlichen Grinsen. "Aber du bist selbstbewusster als die meisten Mädchen, schließlich bist du Soldatin. Der Kerl wollte von Anfang an das Kräftemessen, darum hat er dich ausgewählt."

"Und ich habe ihn ausgewählt, weil ich gerne geschlagen werde."

"Ja, genau deshalb stehst du jetzt an der Luftschleuse und denkst daran, dich selbst ins All zu katapultieren."

"Tue ich nicht!"

"Klar, das wäre ja auch gegen die Dienstvorschrift. Sag mal, was hältst du davon, wenn ich dich ganz onkelhaft zu einem Kakao einlade?"

"Kirschlikör?" fragte Luisa vorsichtig grinsend.

"Na gut", sagte er. "Und das nächste Mal küsst du einen von den netten Jungs. Ich hätte da auch einen Tipp für dich."

"Oh nein!" rief Luisa. "Ich will lieber alleine sein."

"Klar, erstmal wieder ins Gleichgewicht kommen. Aber wenn du später einen Tipp brauchst, wende dich an mich und meine Menschenkenntnis."

"Meinen Sie Krasowski, Ihren Lieblingsstreber?"

Landwehrs Gesicht wurde hart. "Plapper den Idioten doch nicht alles nach. Du kennst ihn doch gar nicht."

Freitag, 22. April 2011

Drei Fundstücke aus der Sonderbeilage der ZEIT "Was wir Journalisten anrichten"

Harald Martenstein: "Meiner Meinung nach gibt es nur zwei wirklich wirksame Methoden, Betriebe zu verbessern, Fehlerquellen auszuschalten oder Abläufe zu optimieren. Methode eins besteht darin, Chef zu werden. Methode zwei ist, diesen Betrieb zu schließen."

Wolfgang Büscher: "Zu den Tugenden, die wir Journalisten uns zugutehalten und die in den Preisbegründungen unserer Jurys regelmäßig auftauchen, gehört die Genauigkeit der Beobachtung und der Sprache. Zu den Untugenden, deren wir uns ab und zu befleißigen, gehört eine Pseudogenauigkeit, die ermüdet. Man kann einen Menschen so übergenau beschreiben, dass die Wahrheit über ihn verdampft. Man kann so schalldicht schön schreiben, dass die Verliebtheit in den eigenen Text dessen zentraler Gegenstand wird."

Henning Sußebach: "Man kann die Welt tatsächlich nicht beschreiben, ohne sie zu verändern. Eigentlich ist genau das der Sinn unserer Arbeit. Doch wie genau sich die Welt - oder ein Mensch - durch unser Tun wandelt, ist kaum absehbar."

Donnerstag, 21. April 2011

Wagnis Glück / 2

siehe 8. März: Es hat funktioniert. Ich BIN glücklich.

Muna

Mittwoch, 13. April 2011

...

Dr. Song sprach kopfschüttelnd die Verletzungen Luisas in die Patientenakte: "Platzwunde an der Stirn und der Lippe, Prellungen an den Knien, aufgeschürfte Handgelenke..." Als sie mit seiner Inspektion der jungen Frau fertig war, schaltete sie das Aufnahmegerät aus.

"Möchtest du nicht doch Anzeige erstatten?" fragte sie.
Luisa schüttelte den Kopf. "Ich bin froh, dass ich mit ihm nichts mehr zu tun haben muss."
"Ihr lebt auf demselben Schiff", gab die Ärztin zu bedenken.
"Nochmal erwischt er mich nicht", erwiderte Luisa grimmig.
"Was wird das nächste Mal anders sein?" Dr. Song öffnete eine Schraubflasche.
"Ich bin nicht mehr in ihn verliebt. Ich vertraue ihm nicht mehr."
"Und bisher hast du ihm vertraut?" Dr. Song tupfte eine braune Flüssigkeit auf einen Wattebausch.
Luisa nickte und sagte leise: "Ich vertraute ihm und misstraute ihm zugleich. Das machte es so schwer, auf mein Gefühl zu hören."
"Und jetzt?" Dr. Song drückte den Wattebausch auf Luisas Platzwunde am Kopf.
Luisa lachte bitter und ohne vor dem Schmerz des Desinfektionsmittels zurück zu weichen. "Wie soll ich so jemandem noch vertrauen?" Die Ärztin nahm eine Metallklammer.
"Wenn er wiederkommt und dir sagt, es tue ihm so leid und er würde es nicht wieder tun?" Dr. Song drückte Luisa die Metallklammer rechts und links der Platzwunde in die Haut und zerrte die Platzwunde so zu.
Luisa verzog das Gesicht. "Lügen Männer, die so etwas sagen, sich nicht selbst in die Tasche?"
Dr. Song nickte. "Aber dass du in deinem Alter das schon weißt..." Sie wickelte eine blütenweise Binde um Luisas Kopf.
"Glauben Sie, dass die Liebe überhaupt existiert? Bisher entpuppte sich dieses Gefühl hinterher immer als etwas anderes."
"Was zum Beispiel?"
"Sehnsucht. Mitleid. Erotik. Irgendein anderes Wort findet sich immer."
"Ja, tut es wohl. Ich weiß nicht, ob die Liebe existiert. Aber sie ist jedenfalls sehr, sehr selten. Und jetzt die Lippe. Die muss ich mit einem Stich nähen. Du solltest in nächster Zeit niemanden küssen."
"Sehr witzig, danke!"

Freitag, 25. März 2011

Sprachlosigkeit

Zu dem Tsunami und dem Super-GAU kann ich noch nichts schreiben. Habe mir eben ein paar Fotos angesehen. Was die aber nicht vermitteln können und auch die meisten Menschen nicht verstehen: Was ist Radioaktivität? (Ich weiß es, habe das ja schließlich studiert.) Wenn die Journalisten schreiben, die Arbeiter in Fukushima "riskieren täglich ihr Leben" klingt es so als würden die dort täglich riskieren, dass ihnen einmalig etwas Tödliches zustößt. Aber die werden die ganze Zeit bestrahlt in einem Maße, das sie krank machen MUSS. Dafür müssen sie nicht unbedingt mit einem Riss im Stiefel in radioaktives Wasser treten und sich spontan den Fuß verbrennen. Sie stehen unter Dauerbeschuss, den man auf den Fotos leider nicht sehen kann. Wenn Radioaktivität rauchen würde, würde man in Fukushima die Hand vor Augen nicht mehr sehen.

Die Stimmung und die Bilder erinnern mich an "When the music is over", einen leider so gut wie nicht beachteten, aber von mir mal (offline) begeistert besprochenen Welt-Untergangs-Roman:
http://www.epilog.de/PersData/C/Cakan_Myra/Text/When_the_Musics_over_T001.htm
In diesem Roman ist alles kaputt und niemand findet Halt irgendwo. Alles ist verseucht (das Wasser, der Boden, die Nahrung, die Sonnenstrahlen), aber man kann ihm nicht entkommen.

Ich selbst mag über sowas gar nichts Fiktives schreiben. Die Realität ist schlimm genug.

Mittwoch, 23. März 2011

...

"Früher", sagte Landwehr, "war ich nachsichtig mit Jungs wie dir. In der Schule hatte man mir eingebläut, nicht jeder könne so ein Streber sein wie ich. Manche seien eben von Natur aus weniger begabt oder weniger konzentriert."
Sergej blickte nicht auf von der Spule, die er gerade von Hand wickelte.
Landwehr sprach weiter, wie zu sich selbst: "Dasselbe dachte ich noch als ich Ausbilder wurde. Nach zwei Jahren aber hatten mir meine Schüler meine Lektionen gelehrt.
Erstens: Die Jungs wissen, wenn sie schlampig gearbeitet haben. Wenn ich es ihnen durchgehen lasse, verlieren sie den Respekt vor mir.
Zweitens: Sie alle können diszipliniert arbeiten. Das ist eine reine Frage des Willens. Aber die meisten strengen sich nur an, wenn man sie in den Arsch tritt.
Drittens: Für begabte Menschen ist unser Schulsystem eine ständige Unterforderung. Ihr lernt, dass ihr mit Jammern und Fehlermachen die Lehrer dazu bringt, die Ansprüche an euch zu senken. Ihr lernt, euch absichtlich dumm zu stellen, um euch beliebt zu machen. Und am Ende glaubt ihr euer Theater selbst.
Ihr seid nie an eure Grenzen gegangen, wisst gar nicht, wozu der menschliche Organismus und Geist fähig sind. Und jedes Mal wenn einer meiner Schützlinge mich grausam nennt, weiß ich, dass ich weitermachen muss, denn er ist gerade dabei, unter Schmerzen seine Grenzen zu erweitern.
Viertens: Es gibt viele begabte junge Menschen. Aber hier draußen im All zählt nicht Begabung allein, sondern auch die Disziplin, der Wille, hartes Training, Selbstmotivation.
Wer das alles nicht hat, soll sich einen Job auf der Erde suchen. Sonst sprengt er irgendwann mal ein Raumschiff in die Luft."

"Gut so?" fragte Sergej und reichte Landwehr die Spule.
Dieser kniff die Augen zusammen. "Sieht immer noch handgemacht aus, aber sie würde funktionieren."
"Wozu soll ich das lernen?"
Als Landwehr sah, dass der junge Mann bei dieser Frage leicht die Schultern hoch zog, runzelte er die Stirn.
"Du kannst mich alles fragen", erklärte er. "Selbst wenn ich nicht antworte, war die Frage nicht falsch."
Sergej nickte und wischte sich die Haare aus der Stirn.
Landwehr erklärte: "Im Ernstfall müssen wir alles von Hand reparieren können, wirklich alles. Es gibt einiges, das kann auf diesem Schiff nur ich. Das ist ein untragbares Risiko. Ich brauche einen Vertreter."
Sergej nickte nachdenklich. Landwehr schmunzelte und fügte hinzu: "So viel zu deiner Motivation, junger Mann."
"Aber warum bilden Sie nicht mehrere Leute aus? Das wäre effizienter."
Landwehr grinste. "Wenn ich deine Fingerfertigkeit genügend geprüft habe, wirst du in geheime Kenntnisse eingeweiht, die selbst der Kapitän nicht hat. Solches Wissen verstreut man nicht sinnlos unter der Mannschaft."
"Für welchen Ernstfall bilden Sie mich aus?" fragte Sergej und zwei braune Augenpaare trafen sich.
"Jeden", antwortete Landwehr ernst. "In dem Moment wo hier die Lichter ausgehen und die Mannschaft den Kopf verliert, nehmen wir beide unseren Werkzeugkasten oder den Verbandskasten und reparieren die Scheiße."
"So wie Sie das Schiff aus dem Astroidengürtel gelenkt haben?"
"Jepp", erwiderte Landwehr munter. "Erinnere mich daran, dass ich dir die zugehörigen Lektionen noch gebe."
"Aber warum werden wir die einzigen sein, die nicht den Kopf verlieren, wenn die Lichter ausgehen?"
"Weil wir jedes Kabel dieses Schiffs kennen und weil wir mental auf alles vorbereitet sind. Für uns ist nicht das Licht aus, sondern Kabel Nummer 4714 durchgeschmort, das in Sektion 3 unter Bodenplatte 17 liegt. Darum."

Dienstag, 15. März 2011

Wünsche

Wünsche werden immer wahr - nur nicht in der Form, an die wir gedacht hatten.
Wir sind unfähig, unsere Wünsche eindeutig zu formulieren.
Unsere Wünsche lenken uns von unseren Möglichkeiten ab.

Muna Germann

Freitag, 11. März 2011

Jahreszeiten/ 2

Ich vergaß zu erwähnen: Schmerzen überdecken einander, wir fühlen immer nur jeweils den stärksten. Kaum ist einer abgeheilt, spürt man die anderen, bisher verdrängten. Schmerzfreies Leben gibt es nicht.

Jahreszeiten des Lebens

Es ist seltsam, wie im Leben zum Zeitpunkt einer Transformation
stets mehrere Dinge gleichzeitig passieren. So dass man zwischen
Ursache, Wirkung und zufälligen Begleitumständen nie unterscheiden kann. Momentan fallen aufeinander:
- Der Frühling beginnt, die Tage werden länger und die Augen leuchtender.
- Ich habe mit dem Tanzen wieder angefangen, nachdem eine Entzündung nun genügend verheilt ist.
- Ein Fachbuch, an dem ich seit Jahren arbeite, ist fast fertig.
- Viele monate- oder jahrelange Projekte finden ihren Abschluss.
- Nach Monaten der Einsamkeit melden sich plötzlich die alten Freunde alle gleichzeitig wieder.

Das Leben verläuft in solchen Phasen: Winterphasen der todesähnlichen Stagnation, Frühlingsphasen voller Hoffnung und neuer Projekte, Sommerphasen der Routine und Herbstphasen der Ernte. So ganz passt das Bild nicht, denn momenten ernte ich und die Gefühle jubeln "Frühling!". Bald wird Neues beginnen.
Die letzten Monate waren emotionale Niedergeschlagenheit
und sommerliche Routinearbeit zugleich.

Dienstag, 8. März 2011

Wagnis "Glück"

Wagst Du es, glücklich zu sein?
Oder fürchtest Du die Neider?
Falls Du es wagst, so schreibe auf dieses Papier hier: "Ich will glücklich sein."
Und dann unterschreibe mit Deinem Namen.
Wagst Du es?

Sonntag, 27. Februar 2011

Unverwundbarkeit

Der Weg zur Unverwundbarkeit führt über den Schmerz. Viel Schmerz.
Muna

Donnerstag, 24. Februar 2011

Selbstsabotage

Offizier Landwehr passte Krasowski auf dem Gang ab, als er aus dem Trainingsraum kam, frisch geduscht und mit feuchten Locken.
"Ich muss mit Ihnen reden, kommen Sie mit", flüsterte er hastig und zog ihn am Ellenbogen in einen der Besprechungsräume, dass
Sergej Krasowski sich entführt fühlte.
Landwehr hielt sich nicht lang mit Vorreden auf und fragte ihn, ohne dass sie sich setzten: "Wie lange wollen Sie noch den Kasper spielen?"
"Ähm, was?"
Als Landwehr die Augenbrauen hochzog, fügte der junge Mann hinzu: "Sir?"
Sofort entspannte sich Landwehr. "Genau das meine ich. Kennen Sie die Vorschriften, junger Mann?"
"Jawohl, Sir."
"Eben, sonst wären Sie nicht auf diesem Schiff. Sie waren bei der Ausbildung unter den besten 5%."
"Sir?"
"Jawohl, ich habe Ihre Personalakte gelesen. Ich habe Sie beobachtet. Ich habe mir ein Bild gemacht."
"Sir?"
"Wir leben auf einem Schiff. Hier ist nichts privat, mein Junge. Nichts. Und insbesondere Ihre Kaspereien nicht, denn Sie haben es so weit getrieben, dass Sie uns beinahe umgebracht haben."
"Sir, was wollen Sie von mir?"
"Warum machen Menschen Fehler, was glauben Sie?" Landwehr begann, betont beiläufig umherzuwandern.
Krasowski zuckte die Schultern. "Dafür gibt es viele Gründe."
"Jawohl, und die meisten scheiden in Ihrem Fall aus. Sie sind nicht dumm und Sie kennen die Vorschriften. Was haben Sie gedacht, als Sie die Koordinaten eintippten?"
"Nichts, also, ich meine, ich..." Krasowski begann zu stottern. "Ich weiß es nicht." Dieses Gespräch kam ihm so schrecklich bekannt vor und das letzte Mal war es böse ausgegangen.
"Wollen Sie General werden?" fragte Landwehr abrupt und sah Krasowski dabei direkt in die Augen.
"Ähm... Sir?"
Landwehr knurrte. "Allmählich verliere ich die Geduld mit Ihnen. Warum stellen Sie sich dumm?"
"Vielleicht", versuchte Krasowski die Situation aufzulockern, "weil ich dumm bin?"
Landwehr blieb stehen und sagte leise: "Es reicht. Verstehen Sie? Es reicht." Und dann brüllte er: "Hören Sie auf mit der Kasperei, mich können Sie nicht täuschen!"
Dann herrschte Stille. Irgendwo summte ein Motor, im Raum über Ihnen tappten Schritte. Ganz sacht vibrierte das Schiff um sie herum. Es roch nach verbranntem Gummi.
"Ich sag´s Ihnen, Krasowski." Landwehrs Stimme war ganz ruhig. "Sie albern herum, um alle zu täuschen. Sie fürchten sich davor, dass Ihre Kameraden merken, was Sie auf dem Kasten haben. Sie fürchten den Neid derer, die dümmer und unfähiger sind als Sie selbst. Ich habe Sie beobachtet. Beim Training machen Sie immer dann einen Fehler, wenn Sie den anderen um zwei Meter voraus sind. So manchen Sieg beim Hundertmeterlauf haben Sie durch ein Stolpern kurz vor dem Ziel vereitelt. Wenn Sie nahe dran sind, einen Boxkampf zu gewinnen, dann werden Ihre Bewegungen langsamer und Sie geben Ihre Deckung auf. Sie schreiben einen Bericht, der sich wunderbar liest, und auf der letzten Seite bauen Sie einen Fehler ein, der alles zerstört. Sie schreiben eine hochwertige Kurzgeschichte und zuletzt löschen Sie sie wieder. Sie schaffen in einer Prüfung die Hälfte aller Aufgaben in einem Viertel der Zeit und dann brüten Sie sinnlos über der vorletzten, damit Sie garantiert die letzte in aller Hast hinschmieren müssen. Sie sabotieren sich selbst, Sie spielen den Trottel. Nur damit keiner merkt, dass Sie den anderen voraus sind. Sie haben Talent und Sie haben Disziplin und Sie durchschauen die Dinge und Sie haben das Zeug zum General. Na gut, wenn Sie noch ein wenig an sich arbeiten und dreißig Jahre mehr an Erfahrung haben. Haben Sie mich verstanden?"
Krasowski hatte nur da gestanden und sich das angehört. Nun starrte er bleich vor sich hin.
Seine Augenlider zuckten. "Kann ich jetzt gehen?" fragte er tonlos.
"Nein", erwiderte Landwehr knapp. "Sie haben meine Fragen noch nicht beantwortet."
"Sir, welche Fragen?"
"Wollen Sie General werden?"
Krasowskis Mundwinkel zuckten. "Sir, es genügt mir, einfach nur meine Arbeit gut zu machen. Welche auch immer das ist."
"Einen Scheiß genügt Ihnen das. Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie General werden oder sollen Sie sich bei allen Nichtsnutzen der Flotte beliebt machen?"
"Dann bitte lieber letzteres."
Landwehr schnaubte. "Sie sind ein gottverdammter Querulant und Selbstsaboteur." Er ging zur Tür und drehte sich noch mal um, bevor er sie öffnete. "Wenn Sie es sich anders überlegt haben, dann kommen Sie zu mir, und dann sprechen wir wie Erwachsene miteinander. Bis dahin bleiben Sie mir aus den Augen!"
Er ging und knallte die Tür hinter sich zu.

Drei Tage später sprach Sergej Kraswoski Landwehr nach dem Abendessen an: "Sir, ich bin so weit."
Landwehr nichte nur und nahm ihn mit in seine Kabine. Es war eine relativ große Einzelkabine mit einem Klapptisch an der Wand unter dem unter der Decke montierten Hochbett. An diesen Tisch
setzten sie sich nun und Landwehr stellte Kekse auf einem Untertellerchen hin.
"Nun?" fragte er. "Was haben Sie mir zu sagen?"
Krasowskis volle Lippen zitterten, als er begann: "Sie haben richtig beobachtet. Ich wollte es selbst nicht wahr haben, aber die letzten Tage... Es ist zur Gewohnheit geworden."
"Hören Sie auf zu stottern und zu zittern, Mann. Das haben Sie nicht nötig!"
"Sir, Entschuldigung, aber ich bin nervös."
"Nein, das sind Sie nicht. Sie wissen, was Sie wollen, aber sie wagen immer noch nicht, Ihren Weg zu gehen. Sie versuchen mich dazu zu zwingen, die Geduld mit Ihnen zu verlieren. Treiben Sie es nicht zu weit."
Krasowski schluckte nach Luft. "Sie haben Recht, Sir. Ich sabotiere mich selbst. Ich mache unnötige Fehler. Ich fürchte mich vor Lob und vor der Erinnerung an Neid und... Früher war ich ein Außenseiter... Sie können sich gar nicht vorstellen, wie gemein die Leute reagieren, wenn einem etwas gelingt!"
"Ich kenne die Menschen sehr wohl."
"Sir, das glaube ich, aber... dazu gehören zu wollen, ist doch nicht falsch!"
Landwehr schlug die Hand vor die Stirn. "Übertreiben Sie es nicht, Junge. Reden Sie klar und deutlich und beenden Sie gefälligst Ihre Sätze."
Krasowski blinzelte und ein Augenwinkel wurde feucht.
Landwehr seufzte. "Fassen wir zusammen: Sie wollen General werden und Sie haben eingesehen, dass ich Recht habe. Langes Gefasel und Kindheitserinnerungen interessieren mich nicht, lassen Sie den Scheiß hinter sich. Was also tun Sie jetzt?"
"Putzen?"
"Ja, und was noch?"
"Mich weiterbilden?"
"Ach, verdammt, sind Sie ein harter Brocken!"
"Aber ich kann doch gar nichts tun! Mein Status ist dahin, ich kann mich nirgends mehr beweisen! Der Kapitän hat mich abgewimmelt, als ich sagte, ich möchte mich irgendwie rehabilitieren."
"Und dann geben Sie einfach so auf?"
"Was soll ich denn tun?"
Landwehr knurrte und sprang halb auf. "Raus aus meiner Kabine, Sie Idiot! Stiehlt mir meine Zeit und frisst meine Kekse! Sofort raus und bleiben Sie mir in Zukunft von der Pelle!"
"Sir?" Krasowski blieb sitzen. "Würden Sie mir eine Chance geben?"
"Nein, ich gebe mir nur deshalb so viel Mühe mit Ihnen, weil ich jemanden brauche, der meine Toilette entstört", knurrte Landwehr ironisch und setzte sich wieder.
"Ich habe da eine vertrauliche Aufgabe für Sie. Da Sie bisher noch niemals gegen Geheimhaltungsvorschriften verstoßen haben, gab der Kapitän seine Erlaubnis, Sie damit zu betrauen. Und zwar handelt es sich um..."
(Der Rest des Gesprächs wurde aus Gründen der Vertraulichkeit vom Band gelöscht. Sie wissen schon: Würden Sie es sich anhören, müsste ich Sie hinterher erschießen. Und das gibt immer so eine Sauerei auf dem Teppich.)

Mittwoch, 23. Februar 2011

Der Mann an meinem Computer

Luisa schlug wütend ihren Laptop zu. Das war nicht mehr ihrer, dieser Kerl hatte alles versaut! Robert war eben ziemlich verärgert abgezogen und hatte irgendetwas von wegen "Zicke" gemurmelt.

Dabei hatte alles so harmonisch angefangen. Robert, der sich gerne als Computerexperte ausgab, hatte sich zu Luisa an den Rechner gesetzt, um ihr zu helfen. Irgendeine Kleinigkeit tat nicht so, wie sie es erwartete.
"Was ist das denn?" fragte Robert entsetzt.
"Ja, das frage ich mich auch. Eigentlich müsste er doch, wenn ich hier klicke, die Datei von der letzten Sitzung laden."
"Ähm, nein, ich meine dieses Programm da..."
"XTafu, kennst Du das nicht? Die Linux-Version von W-Tafu."
"Ja, aber WAS tut es?"
"Ganz einfach,... Ach, wenn du das Programm nicht kennst, dann kannst du mir doch ohnehin nicht helfen. Dann danke fürs Anschauen."
"Quatsch, natürlich kenne ich XTafu, du hast es nur so komisch eingerichtet, dass man es kaum erkennt."
"Hab ich nicht! Es ist genau so wie direkt nach der Installation."
"Das meine ich ja. Jeder normale Benutzer schiebt erstmal das hier weg, das braucht keiner." Mit einem energischen Ellenbogenstoß eroberte Robert Luisas Maus und drängte Luisa samt ihrem Stuhl zur Seite, dass der Linoleumboden schmerzhaft quietschte.
"Stopp, aber das..."
"Braucht kein Mensch. Und das hier auch nicht."
"Hör auf, du kannst doch nicht einfach meine Arbeitsumgebung umkonfigurieren, was fällt dir ein!"
"So", stellte Robert stolz fest. "Jetzt ist es viel übersichtlicher und sogar du findest dich hier jetzt zurecht."
"Ja, nachdem du die Funktionen ausgeblendet hast, die ich täglich nutze!" beschwerte sich Luisa.
"Wie? Kennst du die Tastenkürzel etwa nicht auswändig?"
"Die brauche ich nicht. Bisher war hier links ja auch die Taskleiste, Idiot! Sag mir sofort, wie ich die wieder einblende."
Robert blickte sie mitleidig an. "Wie kann man derart auf seinen falschen Gewohnheiten beharren? NIEMAND arbeitet so!"
"Ich schon. Wo ist meine Taskleiste hin??"
Robert spreizte die Ellenbogen und beugte sich tief über den Laptop. "Und da ich schon dabei bin, das hier einzurichten, installiere ich dir noch das PDA-Plugin."
"Ich will den Scheiß nicht, hab ich noch nie vermisst."
"Das ist das allerneueste, du wirst nicht mehr ohne leben wollen!"
"Damit hat dich niemand beauftragt!"
"Sag mal, ich nehme mir hier viel Zeit, um dir zu helfen und du verhältst dich so zickig!"
"Was heißt hier helfen? Ich hatte eine konkrete Frage und die hast du immer noch nicht beantwortet!"
"Jetzt stell dich nicht so an, sonst verliere ich noch die Geduld mit mir."
"Ich hab sie schon verloren. Stell sofort alles wieder zurück, genau so wie es war!"
"Sowas hab ich noch nicht erlebt!" schimpfte Robert und sprang auf. "Mach doch deinen Scheiß alleine!" Und fort war er, das Wort "Zicke" auf den Lippen.

Luisa blieb ratlos zurück. Die Installation des PDA-Plugin war hängen geblieben, ließ sich auch nicht abbrechen. Sie ging nicht vor. Luisa startete den Rechner neu und dann das Programm. Während sie wartete, trommelte sie mit den Fingern auf der Tischplatte einen Rhythmus, der an einen Kampftanz blutrünstiger Eingeborener denken ließ. Schließlich lief der Rechner, XTafu war auch gestartet. Und sah immer noch so schrecklich misshandelt aus wie Robert es zurück gelassen hatte. Dann kam noch eine Fehlermeldung "Installation des PDA-Plugin wurde abgebrochen. Ab sofort sind keine automatischen Updates mehr möglich. Bitte installieren Sie das Plugin neu." Luisa versuchte eine Deinstallation des Plugins, doch es blieben Dateien auf ihrem Rechner zurück und die Fehlermeldung verschwand auch nicht. Sie suchte eine halbe Stunde lang verzweifelt nach der ausgeblendeten Taskleiste und las seitenweise nutzlosen Hilfetext. Dann schlug sie den Laptop zu und beschloss, erstmal eine Runde schwimmen zu gehen und danach den Sandsack zu boxen.

Warum taten die Jungs das immer? Jedes Mal, wenn sie einen von denen an ihren Laptop ließ, stellte er erstmal alles um und installierte Zeugs, das sie gar nicht brauchte. Sie würde nie wieder einen Mann um Rat fragen. Nur leider gab es so wenig Mädels an Bord, die ihr noch etwas beibringen konnten. Wenn sie genau überlegte, hatten die Jungs ihr bisher auch nicht viel geholfen, sondern nur Sprüche geklopft. Sie würde etwas darauf wetten, dass Robert weder XTafu noch W-Tafu überhaupt kannte, bzw. nur mal in einer Computerzeitschrift etwas darüber gelesen hatte. Man sollte echt niemanden nach dem Weg fragen!

Dienstag, 22. Februar 2011

...

Wenn der Drache
mit zusammengefalteten Flügeln
am Computer sitzt
und weint

...sieht er aus wie ein kleines Mädchen.

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