Montag, 21. Februar 2011

Abgeklärtheit

Jeder wusste, dass der Putzmann Henry ein Philosoph war. Krasowski wusste es aber am besten, denn er musste oft mit ihm gemeinsam arbeiten, stundenlang. Krasowski wäre froh gewesen, wenn er über die heiße Luft hätte lachen können, den Henry von sich gab. Aber irgendwie war ihm das Lachen abhanden gekommen. Das Leben war einfach nur noch scheiße, wenn man den ganzen Tag mit dem Putzlappen, sperrigen Besen und schweren Eimer herumhumpelte und sauber machte, was man erst vor drei Tagen geschrubbt hatte.
"Du musst dich frei machen", erklärte Henry, während er mit einem energischen "Ratsch" den rosafarbenen Gummihandschuh bis zum Ellenbogen hoch zog. "Frei machen von Wünschen, Hoffnungen, Illusionen. Dann wirst du glücklich und gelassen sein und nichts kann dich mehr verletzen. Wer bereit ist alles zu verlieren, dem kann man nichts nehmen, der braucht nichts zu fürchten."
"Pah, klar", murrte Krasowski, obwohl er wusste, dass diese Diskussionen nie irgendwo hin führten, außer aufs Glatteis oder in einen Dschungel einander widersprechender Behauptungen, in dem er sich dann verhedderte. "Wer tot ist, leidet keine Schmerzen mehr."
"Exakt", erwiderte Henry, "aber du willst doch nicht etwa behaupten, sobald man loslässt, sei man tot? Umgekehrt sehr wohl, wer tot ist, hat loslassen müssen."
Krasowski richtete sich auf und blickte auf den einen Kopf kleineren, hageren Henry hinunter. "Ja, klar", höhnte er, "wenn ich meine Ziele aufgebe, dann BIN ich tot. Meine Ziele, das BIN ich."
"Tja", machte Henry und zuckte die Schultern, während er sich über das Pissoir beugte und mit einer Bürste herumschrubbte. "Das ist ja eben dein Problem. Momentan bist du abgeschnitten von allen möglichen Wegen zu deinem Ziel. Und darum leidest du."
"Aber besser leiden und kämpfen als tot zu sein!"
"Wenn dich das glücklich macht!"
"Jawohl, das MACHT mich glücklich, du Schlaumeier!"
"Dann beklag dich doch nicht dauernd."
Krasowski brüllte: "DAS TU ICH DOCH GAR NICHT!"
"Oh doch", schmunzelte Henry. "Deine Schulterhaltung, dein Blick, deine Stimme, die Art wie du angewidert in der Porzellanschüssel herumwischst, das alles schreit geradezu: 'Ich leide!'"
"Ich kämpfe!"
"OK, gut. Ich frage nicht gegen wen." Henry spitzte die Lippen, um eines seiner Liedchen zu pfeifen, aber Krasowski packte den Eimer heißen Putzwassers in Hüfthöhe und holte aus. Henry wurde bleich.
"Moment", versuchte der kleine Mann seinen Angreifer zu beschwichtigen, "Moment, aber gegen mich zu kämpfen nutzt dir gar nichts!"
"Doch, dann hältst du endlich deine Klappe!"
"Dass du so heftig reagierst, beweist doch nur, dass ich Recht habe. Ich habe deinen wunden Punkt erwischt und darum sträubt sich alles in dir gegen die Wahrheit." Er wich zurück. "Verstehst du?"
"Ich dachte, du fürchtest nichts, weil du alles los gelassen hast?" grinste Krasowksi.
Henrys Gesicht zog sich irritiert in die Länge und schrumpfte wieder zu einem schmalen Lächeln zusammen. "Ähm, ein Instinkt, ein primitiver Instinkt. Dagegen kann niemand etwas."
"Genau, und deswegen wirst du gleich Putzwasser schlucken!"
"Nicht doch, nicht doch!"
"Ich hab nix zu verlieren! Ich bin nämlich schon ganz unten. Wer mit dir zusammen putzt, der ist ganz unten, kapiert??"
"Ja, sicher doch, sicher doch. Wo ich bin, ist ganz unten. Alles klar."
Krasowski schaute ihn an, dann zuckte es in seinem Mundwinkel. Schließlich musste er lachen und setzte taumelnd den vollen Eimer auf den Fliesen ab, dass ein großer Schwung Wasser schäumend vor Henrys Füßen auftrat.
"Das ist gut", kicherte Krasowski, "das ist richtig gut. Du lässt echt alles los. Haha, ich scheiß mir gleich in die Hosen vor Lachen!"
"Freut mich, dich erheitert zu haben, mein junger Freund", erwiderte Henry, noch immer bleich. Nervös schrubbte er am Rand des Pissoirs herum, ohne den jungen Mann aus den Augen zu lassen, obwohl dieser gerade offensichtlich kampfunfähig war.
Krasowski konnte eine ganze Weile lang nicht mehr aufrecht stehen, weil ihn sein Lachkrampf lähmte. Schließlich ging das Lachen in ein albernes Kichern über und er machte sich an die Arbeit. "Loslassen, hihi", feixte er für den Rest des Tages vor sich hin. "Niedere Instinkte, ich kann nix dafür."
Er wurde erst zum Abendessen wieder ernst, als er in der Mannschaftsmesse am falschen Tisch sitzen musste. Ja, er würde kämpfen. Wenn er noch lange mit diesem Henry zusammen arbeiten musste, würde noch ein Unglück geschehen. Entweder er verlor den Verstand oder Henry würde verletzt werden oder beides gleichzeitig.

Tags darauf stand Krasowski vor dem Kapitän und fragte ihn, wie er sich bitteschön rehabilitieren könne. Der Kapitän blickte ihn ratlos an. "Auf dieser Fahrt nicht mehr, junger Mann. Es sei denn, Sie würden eine außergewöhnliche Heldentat begehen. Aber diese ruhige Routinefahrt wird wohl kaum eine solche Gelegenheit bieten."
Krasowski drückte das Kreuz durch und erwiderte: "Das werden wir sehen, Sir. Wenn Sie einen Mann für eine besondere Mission brauchen, so denken Sie bitte an mich."
Der Kapitän knurrte. "Das muss aber eine Aufgabe sein, die nichts mit Computern, Sicherheit oder Navigation zu tun hat. Wegtreten."

Donnerstag, 17. Februar 2011

Der Drecksack

"Wie ich höre", sagte der Käpt´n Krasowski unter vier Augen, "hegen Sie leise Zweifel an meinem ehrlichen und gerechten Führungsstil."
Das stimmte nicht. Der junge Pole hatte sich fast die Lungen aus dem Leib gebrüllt, als er die halbe Nacht hindurch im schallisolierten Trainingsraum auf den Sandsack boxte und Sätze brüllte, die sich in der Aufnahme wie "Drecksack, verrecke!" anhörten. Was ein akustischer Irrtum sein musste, denn seit seiner Degradierung hatte er seinen Putzdienst ordentlich und vorbildlich erfüllt und damit seinen Fehler zugegeben.
"Aber", stammelte Krasowski, "ich war doch ganz alleine im
Trainingsraum."
"Das nennt sich Transparenz", erklärte der Käpt´n. "Ihre Meinung ist uns wichtig, doch nur wenn wir sie kennen, können wir sie berücksichtigen."
"Zweifel würde ich es nicht nennen...", begann Krasowski. "Es liegt mir fern, an Ihnen Kritik zu üben. Ich habe damit nur meinem Frust Ausdruck gegeben. Das ist mein ganz persönliches Problem, hat nichts mit Ihnen zu tun."
"Ja, junger Mann, es ist schwer anzuerkennen, dass man versagt hat. Doch nur über diese Einsicht gelangt man zu persönlicher Reife und zu Perfektion."
Krasowski zog die Stirn in Falten und vergaß zu nicken.
Der Käpt´n seufzte sacht. "Junger Mann, haben Sie jemals daran gedacht, dass die Anforderungen, welche die Raumfahrt an Sie stellt, Sie überfordern?"
Wie aus der Pistole geschossen rief Krasowski: "Nein, nie, Sir!"
"Unsinn. Jeder hat hier draußen an den Grenzen der menschlichen Zivilisation schonmal an sich selbst gezweifelt." Seufzend fügte er hinzu: "Sogar ich, sogar ich. Ja, da staunen Sie, dass jemand, der im All so zu Hause ist wie ich, auch nicht perfekt ist. Sie sehen also, Schwächen zuzugeben ist kein Beinbruch, sondern ein Zeichen von Stärke."
Krasowski witterte die Falle, denn er war bereits früher darauf herein gefallen. Daher wiederholte er im Brustton der Überzeugung: "Niemals, Sir!"
Der Kapitän seufzte ein drittes Mal enttäuscht und fragte dann: "Warum aber sind Sie neulich so ausgerastet? Was war der Auslöser?"
"Nichts, Sir. Ich war nur frustriert."
"Aber man ist doch nicht grundlos frustriert. Irgendetwas muss sich zu vorher geändert haben."
"Nein, Sir. Nichts hat sich geändert. Sie können nicht erwarten, dass eine Degradierung und Putzdienst mich glücklich machen."
Die Kapitän riss weit die Augen auf und begann, nervös hin und her zu gehen. Dabei hielt er die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Schließlich blieb er vor Krasowski stehen.
"Ich sage es nicht gerne, aber wenn Sie so empfinden, dann fehlt Ihnen das richtige Maß an Einsicht und Reue. Sie haben die Sicherheit des gesamten Schiffs in Gefahr gebracht und sind nun wütend auf mich oder auf den Putzdienst."
"Nein, Sir!" rief Krasowski hastig. "Ich bin wütend auf mich selbst. Nur auf mich selbst und meinen Fehler, Sir! Niemals im Leben wird mir so etwas wieder unterlaufen."
Kühl und langsam wiederholte der Käpt´n: "Drecksack. Verrecke. Das war also an Sie selbst gerichtet?"
Krasowskis Nackenhaare stellten sich auf. Was auch immer er nun sagte, es würde fatale Folgen haben. "Nein, Sir. Ich meinte den Sandsack. Ich stellte mir vor, er sei ein Alien."
Der Kapitän griff sich an den Mund und schien entsetzt. "Sie phantasieren von Aliens und hegen Mordgelüste gegenüber Wesen, die Ihnen gar nichts getan haben?"
"Es ging mir nicht gut, Sir", wand sich der junge Mann, während er aufrecht und ungerüht da stand.
"Und das ohne triftigen Grund. Sehr bedenklich. Melden Sie sich noch heute beim Bordpsychologen! Dringend!"
"Sir, bitte, Sir, es ist alles in Ordnung mit mir, ich brauche keine Therapie! Nur vielleicht einen Tag Urlaub."
Der Kapitän schüttelte den Kopf. "Wenn ein wenig Putzdienst Sie bereits überfordert, dann sind Sie im All nun wirklich fehl am Platz. Haben Sie denn eine Ahnung davon, welche Strapazen Ihr Dienst im Ernstfall bedeutet? Mehrere Nächte hintereinander nicht schlafen, drei Tage nicht trinken, verklemmte Eisentüren aufstemmen, bewusstlose Menschen retten. Und Sie überfordert schon ein wenig Putzen??? Junger Mann, Sie können doch Ihre geistige Gesundheit selbst nicht beurteilen. Vertrauen Sie einem alten erfahrenen Raumfahrer wie mir, der schon viele Leute ausgebildet hat."
"Danke, Sir", erwiderte Krasowski mit gesenkter Stimme.


Disclaimer: Natürlich hat diese Szene mit realen Ereignissen nichts gemeinsam. Dieser Dialog ist reine, übertriebene Satire und vollständig konstruiert.

Sonntag, 6. Februar 2011

Vertrauen und Feindschaft

Die schlimmsten Dinge tut einem nicht das Leben an, sondern die Menschen.

Ich erwarte etwas von ihnen, zum Beispiel Loyalität, und wenn ich es nicht bekomme, dann fühle ich mich unglücklich. Aber: Brauche ich irgendjemanden? Loyalität und Vertrauen sind unschätzbar wertvolle Geschenke, ich weiß es zu schätzen, wenn man sie mir zeitweilig leiht. Ich sollte diese Leihgabe nicht dadurch entweihen, dass ich sie für ewig besitzen möchte.

Und umgekehrt: Wenn ich den anderen nicht gebe (nicht geben kann), was sie von mir erwarten, dann werden sie leider oft nicht nur unglücklich, sondern zu brutalen Feinden. Da gilt keine Gnade, denn für sie bin ich eine Verräterin, die es zu vernichten gilt. Ich sollte mich fern halten von Menschen, die offensichtlich hohe Erwartungen an mich stellen. Irgendwann komme ich an den Punkt, wo diese mir zu weit gehen.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Drachen im Büro

Jungs, ihr versucht, einen Drachen an einen Bürostuhl zu binden.
Sehr lustig. Egal, womit ihr ihn fesselt, das klappt nicht!
The Orange Dragon

Dienstag, 18. Januar 2011

Work-Life-Balance

Der Spruch könnte von mir sein:
"Full Life = Work + Life
There is no such thing as work/life balance, there is just life."
Devlounge, http://andrejserafim.wordpress.com/

Arbeitsstile III

"Junger Mann", rügte der Kapitän den jungen Krasowski, der vor ihm stramm stand, Augen geradeaus.
Vermutlich wäre er lieber im Linoleumboden des kleinen Besprechungsraums versunken, in den er zitiert worden war.
"Junger Mann, was haben Sie sich dabei gedacht?" Keine Antwort. "HABEN Sie sich denn etwas dabei gedacht?"
"Natürlich nicht", stammelte Wanja Krasowski. "Es war ein Versehen. Das kann doch jedem passieren."
Der Kapitän knurrte und holte tief Luft, bevor er sagte: "Den letzten Satz hätten Sie uns beiden besser erspart. So etwas DARF nicht passieren. Wir sind hier im Weltraum. Jedes Versehen kann tödlich sein, insbesondere wenn Sie Berechnungen anstellen und Daten eingeben. Und die Sache HÄTTE beinahe fatal geendet. Wir hatten nur Glück, dass die Kollision in einem Winkel geschah, in dem Projektile an der Außenhaut abgleiten. So sind nur Kleinigkeiten im Inneren durch Sturz kaputt gegangen. Trotzdem hätte Ihre Unachtsamkeit beinahe unser aller Leben gekostet. Haben Sie das begriffen?"
"Ja, Sir."
"Unser Navigationssystem und der Autopilot funktionieren beinahe fehlerfrei im autonomen Modus. Dass wir Daten von Hand nachjustieren können ist eine Sicherheitsfunktion für den Fall, dass irgendetwas schief geht. Sensorfehlfunktion oder Ähnliches. Was hatten Sie überhaupt in der manuellen Dateneingabe zu schaffen?"
"Ich weiß es nicht", sagte Krasowski mit zitternden Lippen.
Der Kapitän schluckte. "Sie können also keinen Grund angeben?"
"Nein, Sir."
"Ich würde es gerne aus Ihnen herausprügeln, aber leider verbieten das unsere Statuten. Ich werde Sie nie wieder an ein Schaltpult lassen, junger Mann. Nicht auf meinem Schiff. Ich stelle Ihr Profil in das Vermittlungssystem ein und bei nächstbester Gelegenheit wechseln Sie das Schiff. Für die nächsten drei Monate werden Sie Böden schrubben und Toiletten. Und während dieser Tätigkeit haben Sie viel Gelegenheit, über Themen wie Gründlichkeit und Disziplin nachzudenken. Wegtreten."
"Danke, Sir."
"Wofür?"
"Für Ihre Milde."
Der Kapitän knurrte und sagte: "Hauen Sie ab, bevor ich es mir anders überlege."

Arbeitsstile II

Ausgerechnet Landwehr war auf der Brücke, als sie in den Asteroidengürtel rauschten, der laut Berechnungen 1200 km von ihrer Trajektorie entfernt sein sollte. Sie bollerten gegen einen Felsklumpen, halb so groß wie ihr Schiff. In der Kombüse fegte der Ruck sämtliche Metallschüsseln von der Arbeitsfläche und der Koch stieß sich die Stirn an der Dunstabzugshaube. Im Garten purzelten die Birnen von den Bäumen und in den Kajüten plumpsten Menschen aus ihren Stockbetten.

Nur Landwehr stand felsenfest mit gespreizten Beinen. Er hatte es kommen sehen. Landwehr kniff die Lippen zusammen und lenkte nach der ersten Kollision von Hand. Hoch konzentriert und präzise. Sechs Bildschirme behielt er gleichzeitig im Blick und niemand wagte auf der Brücke auch nur ein einziges Wort zu sprechen.

Bis der Kapitän mit offener Jacke und ungekämmt herein stürmte. "Was ist da los?"

"Geben Sie mir drei Minuten", sagte Landwehr nur und der Käpt'n wusste, dass er das besser tun sollte.

Drei Minuten verstrichen, und auf fünf Bildschirmen erstreckte sich wieder das wunderschön weite und leere Universum, während der rückwärtige Bildschirm ihnen einen gelben Planeten zeigte, der von einem dichten Astroidengürtel umgeben war. Die Asteroiden funkelten im Licht einer Sonne.

Landwehr sagte kühl: "Käpt'n, ich bitte, meinen Platz für eine halbe Stunde verlassen zu dürfen."

Dies wurde ihm gewährt. Später gingen verschiedene Gerüchte darüber um, was Landwehr in dieser einsamen halben Stunde gemacht habe, während der er sich auf einer Toilette einschloss. Manche behaupteten, sie hätten Schreie gehört.

Nach exakt 29 Minuten war Landwehr zurück auf seinem Posten und erstattete dem Kapitän Bericht. Die Koordinaten waren falsch gewesen. Beim Nachrechnen stellte sich heraus, dass es ein simpler Flüchtigkeitsfehler war.

Landwehr bat den Kapitän, die Strafe festlegen zu dürfen, aber der Kapitän wollte diese Bitte lieber nicht gewähren. Der junge Mann, der den Fehler verbockt hatte, wurde um einen Dienstgrad herunter gestuft und für die nächsten drei Monate in den Putzdienst abkommandiert.

Montag, 17. Januar 2011

Arbeitsstile

"Erdlinge!" schimpfte Offizier Landwehr erbost und schickte eine E-Mail an alle Mitglieder der Führungsriege:
"So nicht, liebe Freunde der Raumfahrt, so nicht! Schon wieder hat jemand beim Eintragen ins Logbuch im Passiv geschrieben. Ich nenne keinen Namen, aber derjenige möge sich schämen!
Mit euch kann man keine Weltraumkriege gewinnen und keine Galaxien erobern, das lasst euch gesagt sein!
Das Weltall ist ein feindlicher Raum, wo ein einziges Staubkorn ein ganzes Schiff vernichten kann. Zur falschen Zeit niesen, und ein Planet geht in die Luft. Leute, vergesst nicht: Disziplin, Regeln, Ordnung!
Wie soll einer denn noch den Koordinaten vertrauen, die ihr ins Logbuch schreibt, wenn ihr nicht ein Mal die Grammatikregeln einhalten könnt!
Over. Landwehr."

Leutnant Krasowski lachte sich schief, als er das las. Beinahe wäre er ganz leger seitlich vom Sitz gekippt.
Leutnant Shen Wang zuckte mit den Schultern und kommentierte: "Irgendwie hat er ja Recht. Er hat schließlich schon eine Woche auf Saturn biwakiert, auf dem Pluto notgelandet und über 200.000 Flugstunden."
Krasowski kicherte: "Das mit dem Saturn hast du ihm doch nicht wirklich geglaubt, oder? Der rötliche Stein stammt sicher aus der Wüste von Arizona oder aus Andalusien."

Samstag, 15. Januar 2011

der frühe Vogel

Hier die neuste Grenzerfahrung: Ich war am Samstagmorgen um 7:30 Uhr im Supermarkt zu meinem Wocheneinkauf. Da ich noch nicht hungrig war, fiel der sparsamer aus als sonst, hihi. Ansonsten war da noch ein Polizist zum Brötchenholen und ein paar Leute, die aussahen als würden sie an Schlaflosigkeit leiden. Frühes Einkaufen kann ich nur empfehlen: Alle Regale voll, komplette Auswahl, sogar die supergünstigen Melonen zu 1 Euro das Stück waren noch nicht vergriffen. Habe mir gleich eine geschnappt nach dem Motto: "Der frühe Vogel holt sich die Melone im Angebot."

Und da ich schon so früh wach war, holte ich am Hauptbahnhof noch ein Zugticket. Von fünf offenen Schaltern nur zwei belegt. An den anderen wurde fröhlich gescherzt. Die Hektik war noch nicht hereingedrängt.

Danach lungerte ich am Bahnhof herum, war nämlich zu früh dran. Ein guter Teil der Geschäfte hatte schon offen. In jedem Laden verbrachte ich ganze Ewigkeiten und habe ganz viel angefasst. Und dann waren jeweils erst fünf Minuten um. Bizarr. So ist das wohl, wenn einem langweilig ist und man Zeit totzuschlagen hat. Ich habe mich dann mit meiner Fachliteratur auf eine Bank am Gleis gesetzt und da verging die Zeit dann wieder mit den üblichen hastigen Flügenschlägen.

Donnerstag, 13. Januar 2011

...

Brücke an IT-Sektion: "Brücke an IT-Sektion. Eindringling in Schiffs-Datenbank, Eindringling in Schiffs-Datenbank! Sofort elektronische Schotten dicht machen! SOFORT! Habt ihr gehört???"
"IT-Sektion an Brücke: negativ. Social Network update ist am Laufen. Wir exportieren alle Adressbücher aller Passagiere und Mannschaftsmitglieder."
"Sofort stoppen! SOFORT!"
"Kann nicht, das läuft jetzt durch. Nur noch zwei Stunden."
"Stoppen! Zieht den Stecker! Hier wird nicht genetworkt! Wer hat euch das erlaubt! Ich bringe auch vors Kriegsgericht!"
"Bitte um Entschuldigung, aber dies ist ein ganz normaler Vorgang. Alle Schiffe machen das heutzutage. Vernetzung ist wichtig, gerade auf einer mehrjährigen Fahrt."
"Stoppen! Wir vernetzen manuell! Stoppen und wenn ihr das Kabel durchschneidet!"
"Negativ. Hardware ist wertvoll."
"Macht was! Oder wir schicken einen Offizier mit Baseballschläger und Lizenz zum Zuschlagen!"
"Scheiße. Wir tun unser Bestes."
"Denkt ans Kriegsgericht, Jungs! Wir erwarten Erfolgsmeldung in Kürze."

social networks

OK, ich bin drin. Mein allererstes social network. Als paranoider Mensch habe ich mich bisher geweigert, so einer dubiosen Sekte beizutreten. Und nachdem ich seit fünf Minuten Mitglied von so etwas bin, weiß ich auch wieso. Es ist der reinste Datenschutz-Horror! Ich fasle hier von LinkedIn. Die zwingen mich doch allen Ernstes, meinen Arbeitgeber und weiß der Kuckuck noch alles anzugeben. Das sind Pflichtfelder in meinem Profil. Zum Glück wird auch ein simples "X" akzeptiert. Und dann bietet man mir ständig an, ich möge doch mein Adressbuch importieren. Hallo? Geht´s noch??? Und je mehr Informationen ich ihnen über mich gebe, umso mehr Leute können sie suchen, die ich potenziell kenne. Also, ICH weiß, wen ich kenne. Aber das muss ich ja nicht in die elektronische Welt hinaus posaunen. Früher, in der guten alten Zeit, da waren Adressbücher etwas Wertvolles. Wenn jemand mein Adressbuch geklaut hätte, dann wäre ich ausgeflippt. Und heutzutage? Gibt es wirklich Leute, die ihr gesamtes Adressbuch so einem Netzwerk anbieten? Ich kann das nicht glauben. Vermutlich muss ich das aber. Ich krieg mich nicht mehr ein!

User-Kommentare tun mir weh

Mal wieder ist ein kleiner Junge tot aufgefunden worden. Man weiß noch nicht mal, ob es ein Unfall war oder nicht. Und schon rasselt wieder dieselbe Lawine an User-Kommentaren los, zum Beispiel dieser: "wer ein kind umbringt hatt in meinen augen sein leben ferwirkt,wann wird endlich reagiert.und der abfall entsorgt."
Und so weiter und so weiter. Sind wir ein Volk von legasthenischen Lynchmördern? Oder posten die Leute im besoffenen Zustand Sätze, die sie nie auszusprechen wagen würden? Wobei ich glaube, solchen Scheiß schon oft genug gehört zu haben.
Für mich beweisen solche Postings den Untergang des christlichen Abendlands. Und damit meine ich nicht zuerst die Rechtschreibung. Sondern:
1.) Den Leuten galoppiert ihre schmutzige Phantasie davon. Alles was sie nicht wissen, wird sofort mit Worst Case Phantasien ausgefüllt.
2.) Dauernd reden alle davon, wer alles ihrer Meinung nach sterben sollte. Dem Reden/ Schreiben ging eine Mordphantasie voraus, und es bereitet Taten vor. Man sollte solche Dinge nicht leichtfertig ausformulieren. Die Macht des Wortes ist groß. Die Macht jedes Wortes.
3.) Warum fordert man dauernd, dass die Regierung uns die totale Sicherheit beschafft? Seid ihr bescheuert? Wer die totale Sicherheit will, fordert damit die totale Überwachung und die totale Unfreiheit. Wir sind doch erwachsen. Wir gestalten unsere Welt selbst. Die Regierung verwaltet nur den Papierkram. Aber wir sind das Volk. Wir leben in diesen Straßen und wir streichen unsere Häuser, wir fegen unsere Gehwege und wir bereiten unseren Nächsten Freude oder Schmerz. Wir erschaffen Geborgenheit oder Einsamkeit.
4.) Richter dürfen bestrafen, aber Menschen sollen nicht rächen. Was wissen wir schon über Gerechtigkeit?

Das Grauen kehrt zurück

Maschinenraum an Brücke: "Maschinenraum an Brücke, plötzlicher Druckabfall im Boiler. Befinden uns am unteren Rand des grünen Bereichs. Momentan noch alles unter Kontrolle, Wasserschlauch liegt bereit für Notmaßnahmen."
Brücke an Maschinenraum: "Ihr findet das wohl witzig da unten? Ihr werdet dafür bezahlt, das Problem zu lösen! Und wenn ihr jeden Tag vor dem Frühstück auf den Knien liegt und Wasser nachtankt... Lasst uns mit dem Scheiß in Ruhe, verstanden?"
"Verstanden. Problem wird stillschweigend beseitigt. Meldung ergeht erst wieder bei Explosionsgefahr."
"Wenn hier einer explodiert, dann aber nur der Käpt´n!"
"Gegenmaßnahmen sind bekannt: Wasserschlauch anschließen, Wasser marsch, abfüllen, Druck unter Kontrolle."
Der Offizier am Telefonrüssel schmunzelt. "Das funktioniert nur bei Boilern, Jungs. Also passt auf unser Warmwasser auf!"

Mittwoch, 12. Januar 2011

Warmwasser Marsch!

Mit zusammen gezogenen Brauen betrachtete der Kapitän den jungen Mann, der fröhlich mit dem Werkzeugkasten in der Hand und im blauen Overall durch die Luftschleuse herein trat.
"Guden Morgschen!" grüßte er auf Pfälzisch.
Der Kapitän fragt: "Dienstgrad?" was den Klempner irritierte.
Daher konkretisierte der Kapitän seine Frage: "Haben Sie denn schon den Meister gemacht?"
"Bin dabei, bin dabei."
"Also nicht", knurrte der Kapitän.
"Wo bitte soll ich schrauben?" fragte der junge Mann eifrig.
Im Maschinenraum war inzwischen aufgeräumt, d.h. die Wäscheleinen hingen noch zwischen den Kesseln, aber die Wäsche hatte der Maschinist abgehängt, damit niemand mit dem Kopf darin stecken blieb.
Der Maschinist stand bereits neben der Druckanzeige, bereit, dem Handwerker von der Raumstation über die Schulter zu sehen und alles von ihm zu lernen, damit er es draußen im weiten Weltall auch selbst hinbekommen würde.
Er hatte schon mit dem üblichen Handwerker-Einstiegsspruch gerechnet, der lautet: "Da haben Sie ja ein ganz spezielles Modell!" Aber nichts dergleichen. Der Klempner krempelte die Ärmel hoch, schraubte den Schlauch an einen Wasserhahn, kniete sich auf den Boden und fand dort sofort, was für andere Handwerker stundenlang verborgen geblieben wäre: das andere Ventil. Es gab keine Probleme in Form von Spezialventilen, man müsse erst noch ein Ersatzteil aus der Raumfähre holen oder "Da hat aber ein früherer Handwerker was verpfuscht." Nein, alles ging glatt, und das Wasser floss.
Die Druckanzeige an der Armatur reagierte mit zufriedenem Druckanstieg bis hinein in den grünen Bereich. Innerhalb von 10 Minuten war alles repariert.
Der Maschinist meldete: "Kapitän, Druck normal. Heizung und Warmwasser Marsch!"
Der Kapitän eilte zum Handwaschbecken und ließ mit prüfendem Gesicht heißes Wasser laufen. Sein Gesicht hellte sich auf. "Wir sind gerettet!" verkündete er, eilte auf den jungen Handwerker zu und drückte ihm herzlich beide Hände. Beinahe hätte er ihn im Überschwang noch umarmt, konnte sich aber noch rechzeitig zurück halten.

Nachrichten verbreiten sich ja bekanntlich schneller als ein Bote laufen kann. Als im Lautsprecher die Durchsage kam: "Das Problem im Maschinenraum ist behoben. Ab sofort wird wieder geheizt." hörte das in den Mannschaftsräumen schon keiner mehr. Alles was gerade nicht Dienst hatte, stand im dampfenden Duschraum und jubelte - nackt und eingeseift. Über die kindischen Gemetzel mit gesprühtem Rasierschaum und geworfenen Seifenstücken decken wir das Handtuch des Schweigens. :-)

Dienstag, 11. Januar 2011

akute Sauerstoffvergiftung

Ähm, doch, ich HABE Drogen genommen: akute Sauerstoffvergiftung am Sonntag. Wandern erweitert den Geist... Sollte ich wohl besser nicht zu oft machen! Und dabei war schon die nächste geplant, wieder 10km nur bergauf. Ich liiiebe Muskelkater. Das gibt Sprungkraft. *hops*

Aber im Ernst...

dieses Leben macht einen entweder verbittert, depressiv, zynisch oder richtig verrückt. Man kann es sich zum Glück aussuchen. Ich habe den Zynismus gewählt. Das Leben ist so irre, dass es schon wieder lustig ist. Besonders freut mich, dass ich noch lebe. Toitoitoi. *klopft auf.. ähm... den Vorlagenhalter... polter* Mir fiel heute Morgen siedend heiß ein, dass ich für dieses Jahr noch kein memento mori hatte. So nenne ich das, wenn ich mal wieder dem Tod von der Mistgabel hüpfe.

PS: Nein, ich habe nix eingenommen. Abgesehen von Müsliriegeln und einem Apfel.
PSS: Leute, ich WEISS, dass der Kapitän und sein Willi Dussel sind. Das Pulloverproblem wurde nicht wirklich gelöst. Und die Wasseruhr misst nur das Wasser, das in den Spülkasten reinläuft und nicht das, was unten raus sickert.
Ich berichte trotzdem weiter...

Der Pulloverbeauftragte

Ich konnte es mir jetzt nicht verkneifen...

Als der Käpt´n am Abend seinen onkelhaften Rundgang durch die Passagier- und Mannschaftsaufenthaltsräume macht, findet er im Spielzimmer der Mannschaft ein junges Mädchen im Halbarmunterhemd sitzend und sich zitternd an eine Kaffeetasse klammernd. Ihre eine Wange ist wie von einem Fingernagel verkratzt, das andere Auge blau geschlagen. Sie starrt die Wand an und scheint nicht zu bemerken, dass sie zittert, dass sie an Bord eines Raumschiffs ist und dass der Kapitän seit einer Minute vor ihr steht und sie prüfend ansieht. Ihre Unterarme sind blau angelaufen und mit einer sehr scharf gezeichneten Gänsehaut überzogen. Die Gänsehaut virbiert gleichmäßig und im Takt mit den blassen Lippen.
"Püppi", fragt er gönnerhaft, "wo ist denn dein Pullover?"
Sie schaut ihn an mit der Resignation eines verwundeten Tierchens und sagt: "Hab ich verlegt."
Der Kapitän will gerade losblaffen, man könne doch nicht Eigentum der Luftflotte... da kapiert er noch rechtzeitig. "In Ordnung", zischt er und wird knallrot im Gesicht. "Jetzt haben sie es zu weit getrieben." Er stapft wütend los in Richtung Mannschaftsunterkunft, reißt die Luke auf und brüllt: "Alle antreten. Sofort!"
Eins, zwei, drei, haben sich vier Dutzend trappelnde Füße auf dem Gang zwischen den Betten aneinander gereiht. Der Kapitän schaut auf seine Uhr, sagt: "25 Sekunden", ist aber nicht zufrieden. Er geht schweigend die Reihe entlang und schaut den Jungs und Mädels heute nicht in die Gesichter, nicht hinter die Ohren und nicht auf die Schuhe oder Knöpfe.
"Liebe Freunde der Raumfahrt", donnert er, zeusgewaltig, "Ich habe gehört es habe hier im Verlauf des Tages eine Umverteilung der Pullover gegeben."
Betretenes Schweigen.
"Manche", fährt der Kapitän fort, "gingen dabei leer aus."
Man hätte einen Strohhalm fallen hören können. Wenn es in dieser blitzeblanken Welt einen gegeben hätte.
"Eure Kindereien gehen mich nichts an", sagt er. "Und normalerweise mische ich mich nicht ein, wenn ihr für die Dauer der Fahrt ein wenig umverteilt, so lange am Ende die Flotte ihr Eigentum gut sortiert und gepflegt wieder zurück erhält."
Er macht eine Pause und blickt streng in ausdruckslose bleiche Gesichter.
"ABER", tobt er nun noch eine Spur lauter. "Ihr seid eine Mannschaft. Hier unten ist es arschkalt, wisst ihr das?"
Niemandem ist es nach Witzereißen, denn sie wissen, das große Donnerwetter kommt noch. Irgendwas will der Alte, wenn er so lange Vorworte macht. Irgendetwas Schmerzhaftes.
"Drei Grad über null", meldet eifrig ein Fähnrich.
"Drei Grad", bestätigt der Kapitän zufrieden. "Jeder und jede von euch hat beim Anheuern zwei Pullover erhalten. Ich gebe Befehl, dass während die Raumtemperatur hier unten weniger als 15 Grad hat, jeder mindestens einen Pullover tragen muss. Ich friert euch sonst den Arsch ab und das dulde ich nicht! Kapiert?" Man nickt. Jemand hustet.
Der Kapitän wendet sich an einen Fähnrich: "Sie werden Pulloverbeauftragter. Melden Sie mir, wenn jemand ohne rumrennt, klar?"
"Jawoll!" Die Hacken knallen.
Der Kapitän ist schon an der Luke, die Jungs und Mädels beginnen, eifrig durcheinander zu rennen, da dreht er sich nochmal auf der Treppe um und sagt: "Wer wem welchen Pullover zurück gibt, das macht unter euch aus. Möge der Beste gewinnen."
Damit schlägt hinter ihm die Luke zu. Der Pulloverbeauftragte ruft: "Ich gebe euch eine halbe Stunde. Danach wird aufgeschrieben und gemeldet."
Wilde Blicke rollen über die Gänge hin und her, dann beginnt die Massenkeilerei...

Die Wasserspülung

So, jetzt aber mal richtig erzählt... Das Leben steckt voller Klamauk. Zum Glück, so richtig zum Freu-Lachen gibt´s ja selten was.

Käpt´n hat heute seinen tyrannischen Tag. Er drückt in seiner Kabine den Knopf der Sprechanlage für die Haustechnik. "Klempner? Die Clospülung ist leck. Ich sag euch tausend Mal, ihr sollt kein Wasser verschwenden!"
"Käpt´n, wo denn?"
"Auf dem ganzen Raumschiff, sag ich!"
"Tschuldigung, Käpt´n, aber von welcher Spülung reden Sie?"
"In meiner Kabine. Glaubst du, ich guck in alle Toiletten aufm Schiff?"
"Alles kloar, Käpt´n, komme sofort!"
Klack und aufgelegt. Käpt´n denkt sich, das kann dauern, und geht erstmal Zähneputzen. Frisch eingeschäumt, es klopft. Da von außen niemand die Kabinentür öffnen kann, legt der Käpt´n die Zahnbürste in das Waschbecken und geht öffnen.
"Huch!" schreit Willi, der Raumschiff-Installationsmeister (auch "Clo, Wasser, Scheiße" genannt), und springt draußen auf dem Gang einen Schritt zurück. In seiner Werkzeugkiste scheppert es irritiert.
"Käpt´n", stammelt er ratlos, "Sie ham ja Schaum vorm Mund!"
Der Angesprochene dreht sich um, murmelt was von "Zähneputzen" und tappt ins Bad zurück. Vorsichtig folgt ihm Willi. Als der Kapitän die Bürste wieder in die Hand nimmt und weiter schrubbt, stimmt das Bild wieder. Willi atmet erleichtert aus und wendet sich der Toilette zu.

"Hm, hm", macht er fachmännisch. "Da läuft was. Aber nich viel."
"Geh näher ran", befiehlt der Käpt´n, während er ausspuckt.
Willi kann sich nicht weigern, bleibt aber auf Abstand. Seine Augen sind noch gut. Seine Nase auch.
"Also", macht Willi, öffnet mit einem "plopp" den Spülkasten und guckt rein. Er spült und beobachtet. Guckt in die Schüssel, guckt in den Kasten. Spült wieder.
Der Kapitän hat inzwischen seinen Mund ausgespült, die Lippen mit seinem flauschigen Handtuch abgetupft und eingecremt. Er mault: "Das war nun schon eine Tagesration Wasser. Oder sogar zwei."
Willi befürchtet, dass er nun selbst auf halbe Wasserration gesetzt werden könnte und stoppt seine Untersuchungen. "Dat is so...", beginnt er zu erklären, "dass die Dichtung nicht richtig dichtet, wenn die Wassersparspülung gedrückt wurde. Bei der anderen is alles in Ordnung."
"Tolle Wassersparspülung", murrt der Kapitän. "Und was lässt sich da machen?"
"Immer volle Kanne drücken", erklärt Willi. "Die Wassersparspülung is für Sie tabu, nicht anfassen."
"Aber da läuft doch was raus, der Kasten ist leck."
"Ich klebt Ihnen hier mal einen Zettel ran und lasse auch einen Filzstift da. Darauf notieren Sie jeden Morgen, wenn Sie zum Dienst gehen, den Wasserstand von der Wasseruhr hier. Wenn der abends noch genauso ist, dann is alles okee. Nix kaputt. Olles kloar, Käpt´n?"
"Hm, hm."
"Und in drei Tagen komme ich wieder und hol den Zettel ab."

Beim Mittagessen in der Mannschaftskantine ist Willi der Held. Er hat dem Käpt´n Anweisungen gegeben. Das traut sich sonst keiner. Und das Beste ist: Der Käpt´n hält sich vermutlich sogar dran.

Ich lebe wie im Raumschiff

Maschinenraum an Brücke: "Maschinenraum an Brücke, plötzlicher Druckabfall im Gasboiler. Schalte Heißwasser und Heizung sicherheitshalber ab."
Brücke an Maschinenraum: "Beantrage Ausnahme für Heißduschen Montagmorgen. Käpt´n macht sich schön für Gala-Diner."
Maschinenraum an Brücke: "Melde Sicherheitsbedenken an."
Brücke: "Sicherheitsbedenken zur Kenntnis genommen, danke. Duschen um 5:45 Uhr, bitte bestätigen."
Maschinenraum an Brücke: "Bestätige: Duschen Montagmorgen 5:45 bis 5:50 Uhr, keine Minute länger, sonst Explosionsgefahr."

Tags darauf, Telefonat mit Raumstation "Sanitär und Heizung".
Raumstation: "Haben Ihren Notruf empfangen. Haben Sie eine Kombimurmelmurmel?"
Brücke: "Hä?? Kombidingsbums? Steht da nicht."
Raumstation: "Egal. Wir schicken morgen um 10 Uhr jemanden vorbei."
Brücke an Raumstation: "Herzlichen Dank. Können Sie einen Kostenvoranschlag machen?"
Raumstation: "Leider nein. Haben ja keine Ahnung, was bei Ihnen kaputt ist und was zu tun ist."
Brücke: "Einfach nur Waserschlauch anschließen und Wasser pumpen, bis der Druck wieder im grünen Bereich ist?"
Raumstation: "Wir werden sehen."
Käpt´n hängt den Telefonierrüssel auf. "Na, dann können wir ja gespannt sein. Der Maschinenraum verweigert inzwischen komplett das Heißwasser zum Duschen. Ordonanz, bitte morgen früh Waschbecken mit heißem Wasser aus Wasserkocher füllen für Katzenwäsche."
Laufburschi schlägt die Hacken zusammen: "Katzenwäsche, jawohl."
Käpt´n: "Und für die Mannschaft nur kalte Duschen. Wer jammert, läuft drei Mal rund um den Mars! Warum ham se denn so eine rote Nase, Junge?"
"Mannschaftsraum inzwischen auf 5 Grad über null abgekühlt. Habe heute Morgen die Schlacht um den zweiten Pullover verloren."
Käpt´n knurrt. "Hol´n se mir nen Kaffee. Dann wird uns beiden warm."

Wir berichten weiter vom Raumschiff der Pannen...

Nee, aber echt. In dieser Wohnung tut alles gerade mal so. Und manchmal dann halt auch nicht. Was da schon alles explodiert ist, uarg! Neulich habe ich in einem Anfall von "Die Clospülung ist leck" den Wasserstand morgens beim Rausgehen notiert. Aber alles unter Kontrolle. Falls sie leckt, dann so subtil, dass der Zähler es nicht mitkriegt. Naja, wir kriegen den Winter auch noch rum und im Sommer werden alle Elektrogeräte abgeschaltet. Dann gibt es Heizen durch Solar und Grillen im Wintergarten. Ich werde dann das mit Pattex Extrastark zugeklebte Fenster mit einem Messer aufschneiden. Ich hoffe, das liest meine Vermieterin nicht, hihi...

Montag, 10. Januar 2011

Wanderung

Neulich habe ich alleine eine mehrstündige Wanderung gemacht. Ich hatte gehofft, unterwegs tiefsinnige philosophische Erleuchtungen zu erleben. Die Ausbeute war etwas mager. Eventuell muss ich das Experiment wiederholen, um warm zu werden? Manche Eingebung war im Stil von: "Warum liegen hier Kleiderbügel im Gebüsch?", "Es ist 12:10 Uhr und plötzlich habe ich Appetit auf Apfelpfannkuchen mit Zimt und Zucker" oder "Ich glaube, seit der Euroumstellung ist der Kilometer auch weniger wert". Ähäm!

Ansonsten war es spannend, einen Weg, den ich sonst nur fahre, zu Fuß zu erleben. Man sieht umso mehr, je langsamer man unterwegs ist.

Worüber ich immer noch grüble ist Folgendes, das ich früher schon öfter erlebt habe. Üblicherweise wohne ich ja im Flusstal. So lange man sich nur dort unten bewegt, ist das Flusstal Normalnull, umgeben von Gebirgen. Steigt aber mal hoch, stellt man fest, dass die Topographie genau umgekehrt ist. Normalnull ist dieses endlose "Hochplateau", auf dem ich schon seit Stunden unterwegs bin. Und der Fluss liegt ganz tief drunten in einem schmalen Spalt in der Landschaft. Man könnte geradezu Platzangst bekommen bei dieser Erkenntnis!

Und das Hochplateau, das vermutlich Normalnull ist, fühlt sich vollständig anders an als das Flusstal. Plötzlich verstummten alle Geräusche, als ich die Kante übertrat. Selbst die viel befahrene Landstraße verursachte keinen Lärm. Die Luft war kalt und trocken, ein ständiger Wind zog und ein Pullover mehr als im Tal war angebracht. Ein bizarres Gefühl der Einsamkeit, Langsamkeit, Weite überkam mich. Leben darum die Menschen so gerne im kuscheligen Tal?

Mittwoch, 5. Januar 2011

häppchenweise Kommunikation

"Die Möglichkeiten zu kommunizieren haben sich extrem vereinfacht und verbessert. Aber die Kommunikation ist nicht besser geworden. Beim Schreiben eines Briefes war man lange mit einer Sache beschäftigt. Lesen und Schreiben sind auch eine Frage der Konzentrationsfähigkeit. Heute haben wir eine Häppchenkommunikation, unabhängig von orthografischer und semantischer Richtigkeit. Die Kultur der Schriftlichkeit ist in Gefahr."
Roland Wöller, Kultusminister des Freistaates Sachsen, zitiert nach "Die Welt" vom 7. Dezember 2010

Dienstag, 4. Januar 2011

Eclipse

Erstaunlich, wie wenige Menschen sich für eine Sonnenfinsternis interessieren. Also, ich hatte heute Morgen, nachdem ich in den Nachrichten davon hörte, sofort die Sofi-Brille von anno dazumal in der Hand. Na gut, nachdem mir erst eine Sonnenbrille auf die Füße gefallen war. Erinnern Sie sich noch an die totale Sonnenfinsternis? Ich hatte mir damals extra einen Tag Urlaub genommen, um das Getümmel life mitzubekommen. Ich finde es immer noch faszinierend, dass der Mond sich einfach so zwischen Erde und Sonne schieben kann. Alles was ich in der Astronomie-AG gelernt habe, ist also wirklich wahr. (Als Wissenschaftlerin habe ich gelernt, misstrauisch zu sein und Dinge erst zu glauben, nachdem ich sie überprüft habe.) Und wie wenig diese teilweise Sonnenfinsternis an der Helligkeit ausmachte, obwohl die Sonne fast vollständig abgedeckt war. Wow! Was für eine Strahlkraft. Wo wären wir ohne unsere Sonne? Im Kalten, Finsteren, in einem Umfeld, für das unsere Körper und Seelen nicht erschaffen sind. Ich mag gar nicht an den Tag denken, an dem die Sonne für uns Menschen für immer erlischt. Zum Glück werde ich das voraussichtlich nicht mehr miterleben und falls doch, so habe ich schon genug Sonnentage erlebt.

Samstag, 1. Januar 2011

Fantasy-Trilogie fertig!!!

Kaum zu glauben, es ist vollbracht! 2006/2007 habe ich eine Fantasy-Trilogie innerhalb von weniger als einem Jahr geschrieben, wie im Fieber. Umfang über 1000 Seiten. Zum Überarbeiten brauchte ich allerdings immer mal wieder einen ganzen Tag am Stück. Und wann hat man den mal? Weihnachten 2007 überarbeitete ich den ersten Band, Weihnachten 2008 den zweiten, Weihnachten 2009 die erste Hälfte des dritten und heute an Neujahr 2011 den Rest. 6 Stunden für 100 Din A4 Seiten. Fertig zu sein fühlt sich sehr, sehr seltsam an. Als sei eine alte Schuld abgetragen. So als hätte ich jahrelang nur Nebensächliches gemacht, um mich vor dem Wesentlichen zu drücken.

Montag werde ich im Buchladen schmökern und heraussuchen, welcher Verlag aktuell solche Fantasy herausbringt. Mein eigener Verleger hat mir schon vor Jahren abgesagt für dieses Werk.

Dann bringe ich das Exposé in Form und ab die Post!

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