Neulich sah ich, dass jemand sich im Internet "das Quarkbrötchen" nennt. Das erinnert mich an meine Frühzeiten in der virtuellen Welt, als ich mich beliebig transformierte und alle möglichen Formen annahm. Das war eine bunte Zeit, anno 1998. Zügellos, da das Gesetz uns noch nicht entdeckt hatte, aber zivilisiert, da sich jede Comunity ihre Netiquette gab und deren Nichteinhaltung selbst sanktionierte. Notfalls durch virtuellen Lynchmord. Aber jeder Bösewicht bekam die Chance, als eine geläuterte Person neu geboren zu werden. Damals als nur diejenigen online waren, die entweder über die Uni-Flatrate surften oder so süchtig waren, dass ihnen ihre sich anhäufenden Schulden egal waren.
Ich frage mich, welche Identitäten ich heute in einem Fantasy-Chat annehmen würde. Bestimmt weder Quarkbrötchen noch Sahneschnitte. Wer aber könnte ich sein oder sein wollen, wenn ich es mir ganz frei auswählen könnte?
Gib einem Menschen Macht und Du erkennst seinen Charakter!
Puh, manchmal will man es gar nicht so genau wissen! Aber der ehrlichste Psychotest ist es durchaus.
Mona
Gestern stellte Tanja Kinkel hier ihren neuen Roman "Im Schatten der Königin" vor. Ein historischer Krimi über einen echten Todesfall unter der Regentschaft von Königin Elizabeth. Ausgerechnet die Ehefrau des Mannes (Dudley), den Elizabeth liebt, stürzt sich auf einer Treppe zu Tode. Zeugen gibt es keine. Tanja Kinkel hat nach anderthalb Jahren Recherche ihre eigene Vermutung darüber, was sich damals zugetragen hat. Leider hat sie uns diese nicht verraten - um sie zu erfahren, muss man wohl das Buch selbst lesen. Sie las uns Passagen vom Anfang des Romans vor, in denen die beiden Ich-Erzähler vorgestellt werden - Sir Blount, der den Mordfall untersucht, und die Zofe Kat, Elizabeths engste Vertraute. Und das tat sie wundervoll professionell, so dass sie ein ganzes Hörspiel entfaltet.
Neulich kam eine Anthologie heraus, in der auch ich einen Beitrag untergebracht habe, nämlich mein englisches Gedicht "Nomads".
"In Our Own Words", Herausgeber Marlow Peerse Weaver, 2010, 18,95 US$, ISBN 978-0-9654136-8-8
aus der Reihe "A Generation Defining Itself", Vol. 8
Es handelt sich hierbei um eine Reihe, in der die 30- bis 40-Jährigen ihr Lebensgefühl wiedergeben und damit eine ganze Generation dokumentieren. Die Anthologie enthält Lyrik- und Kurzprosa-Beiträge aus der gesamten Welt, genau so verschieden wie die Autoren. Es geht um Alltägliches, aber auch um Traumata wie um die ermordete Schwester. Beim Lesen fühle ich mich als seien das alles Briefe von neuen Freunden, die sich selbst und ihre Kultur vorstellen. Und aus diesen Mosaiksteinchen setzt sich für mich ein klares Bild zusammen. Die Dankbarkeit für den Wohlstand, in dem wir leben, wird übertönt von etwas Dunklem, Schwermütigen. Von einem emotionalen Hunger, von unverarbeiteten Verletzungen. Aber auch von unserer Zähigkeit, trotzdem unseren Weg zu machen und an einer besseren Welt zu arbeiten.
Ein Umzug in eine andere Stadt bedeutet eine Wiedergeburt. Man kann mit neuen Menschen in einem neuen Umfeld neu anfangen. Alte Gewohnheiten und kleben gebliebene Vorurteile kann man abstreifen. Und jedes Mal wirkt man anders, IST dadurch ein anderer Mensch. Es ist geradezu bizarr in wie viele widersprüchliche Schubladen ich schon gesteckt wurde - je nach Stadt. Vielleicht liegt es an der Mentalität der Region, vielleicht daran, dass ich mich weiter entwickle und auch die Fehler des vorigen Neuanfangs vermeide.
Der Preis für die Wiedergeburt allerdings ist der Tod. Man muss loslassen, Abschied nehmen, Projekte abschließen, die man nicht weiterführen kann, Übergaben machen (sowas wie ein Testament). Aber immerhin kann man manches auch mitnehmen. Immerhin.
Ach, wenn ihr wüsstet, was die letzten Wochen alles passiert ist!
Hier nur das, was für mein Schreiben relevant ist: Ich überarbeite zur Zeit ernsthaft die letzten hundert Seiten der Fantasy-Trilogie und ich habe ab Herbst eine Teilzeitstelle. Einen Tag pro Woche schreibe ich. Romane und Fachbücher. Ich muss bei Gelegenheit die angefangenen und angedachten Buchprojekte auflisten und priorisieren. :-)
Muna
Wo wäre ich
Ohne
die trocknen Halme,
die rissen?
Ohne
egoistische Küsse?
Ohne gebrochene Eide
Und verlogene Freunde?
Worauf sonst
hätte ich gebaut?
Woraus Hoffnung und Kraft
geschöpft?
Muna Germann
Disclaimer: Dieses Gedicht muss natürlich noch überarbeitet werden. Keine Panik! *grins*
Die Kunst, den Traumprinzen zu finden, besteht darin, tausend Frösche von der Bettkante zu stoßen. Oder an die Wand zu werfen. Auf keinen Fall küssen, da wird doch kein Prinz mehr draus!
Muna
PS: Diese Behauptung gibt nur meinen aktuellen Erkenntnisstand wider. Für alle Folgen, welche die Veröffentlichung dieses Satzes verursacht, lehne ich sämtliche Haftung ab. Anwendung auf eigene Gefahr. Nicht-Anwendung ebenso.
Ich hab da eine neue Theorie: Leute, die kompetent und gut organisiert sind, die setzen sich einfach auf ihren Hosenboden, machen ihre Arbeit und fühlen sich wohl dabei. Und wer das nicht hinkriegt, braucht andere Überlebensstrategien: Machtspielchen, Manipulation, Rufmord oder auch Harmoniesucht. Ich weiß da so viele Beispiele!! Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele. Wo das Arbeitsklima nicht stimmt, wird auch der Experte zur Diva und konkurriert mit den anderen Experten, statt mit ihnen konstruktiv zusammen zu arbeiten. Aber ansonsten gilt doch der Spruch von neulich: Wer seine Arbeit nicht hinkriegt, der fühlt sich automatisch zu Höherem berufen.
Die Menschen sind so verschieden. Einerseits verraten mich diejenigen, denen ich geholfen habe. Und dann wieder helfen mir Fremde selbstlos ohne dafür etwas zu erwarten. Danke, ihr seid die wahren Engel!
Nicht lachen: Es könnte schlimmer sein. Viel schlimmer. Ohren steif halten oder Ohren anlegen, je nach Windrichtung und -stärke!
Muna
Ist das Leben eine POSDKORB-Übung? Und wo bitteschön kann ich die Musterlösung downloaden?
Jedes Jahr verliebe ich mich ein Mal und sterbe ein Mal beinahe. Für dieses Jahr 2010 habe ich also das Schlimmste schon hinter mir. :-/
Gestern Abend kam ich während des Gewitters nach Hause und steckte die Stehlampe ein. Eine Fontäne orangefarbener Funken schoss nach oben, dann war alles dunkel. Im Wohnzimmer war die Sicherung herausgesprungen, was sich zum Glück schnell beheben ließ. Ich verzichtete allerdings darauf, den Computer einzuschalten oder irgendein anderes Elektrogerät, das ich nicht verlieren möchte. Die Lampe funktioniert noch, die Birne war natürlich hinüber.
Allerdings waren meine Finger nun so seltsam klebrig. Ein wenig taub auch. Ich hielt sie unter kaltes Wasser, das half. Zeigefinger und Daumen, mit denen ich den Stecker gehalten hatte, sind wohl von Strom durchflossen worden, sie schmerzen auch jetzt beim Tippen noch ein wenig. Tja, das hätte auch anders ausgehen können! Zum Glück hat die Sicherung schnell reagiert, sonst säße ich jetzt nicht hier, sondern irgendwann um 10:30 würde man mich hier im Büro vermissen, weil ich die Besprechung versäumt habe.
Memento mori...
Auf andere nicht wütend sein zu dürfen, bedeutet, sich selbst nicht lieben zu dürfen.
Sorry, habe gerade eine philosophische Phase.
Muna
Disclaimer: Wütend zu sein und anderen seine Wut zu zeigen, sind zweierlei. Wut braucht man nicht zu zeigen - die anderen wittern sie. Für Unbeherrschtheit gibt es meiner Meinung nach keine sinnvolle Entschuldigung. Nur für taktische Wutanfälle. *grins*
Ich bin ganz ruhig. Das letzte Jahr ist so vieles kaputt gegangen. Alle meine Ängste wurden wahr. Ich habe sehr vieles verloren. Meine Zukunft bietet keine offensichtliche Perspektiven, ich werde wieder Schleichwege auftun müssen. Wovor soll ich mich jetzt noch fürchten?
Ich lebe zur Zeit einfach in den Tag hinein, arbeite meine 80 Stunden pro Woche und genieße das Wenige, das ich habe.
So hat dann alles Schlechte immerhin noch etwas Gutes an sich.
Muna