Gebet
Ich bitte nicht
um Wunder und Visionen, Herr,
sondern um die Kraft für den Alltag.
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.
Bewahre mich vor dem naiven Glauben, es
müßte im Leben immer alles glatt gehen.
Schenke mir die nüchterne Erkenntnis,
daß Schwierigkeiten, Niederlagen,
Mißerfolge und Rückschläge
eine selbstverständliche Zugabe zum
Leben sind, durch die wir wachsen
und reifen.
Erinnere mich daran, daß das Herz
oft gegen den Verstand streikt.
Schick' mir im rechten Augenblick
jemanden, der den Mut hat,
mir die Wahrheit in Liebe zu sagen.
Bewahre mich vor der Angst,
ich könnte das Leben versäumen.
Gib mir nicht, was ich mir wünsche,
sondern was ich brauche.
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte!
Antoine de Saint-Exupéry
Diese Weihnachten musste ich nicht unbedingt arbeiten.
Ich konnte aber. Daher setzte ich mich genau an diejenigen Aufgaben, auf die ich Lust hatte. Zwischen den diversen Festivitäten und unzähligen Mahlzeiten. Hinzu kam, dass ich an den dringenden Aufgaben unterwegs gar nicht oder wenig arbeiten konnte. Daher griff ich zwei Projekte auf, die schon sehr lange liegen: die Fantasy-Trilogie und ein Konzept für einen Schreibkurs.
Weihnachten begann damit, dass wir rein feierten. Mit einer Salsaparty. Fünf Stunden tanzen, jippie!
Am 24. war ich zum Frühstück verabredet und machte mich dann auf die übliche Besuchsreise zur Familie. Ich möchte an dieser Stelle meiner Mutter für die vorzügliche Verpflegung danken, welche die untigen Erfolgsmeldungen erst möglich gemacht hat.
Immer wieder fand ich Zeit, mich an den Laptop zu setzen. Und hatte sehr spannenden Lesestoff, nämlich den zweiten Band meiner Fantasy-Trilogie. Es gab einige inhaltliche Anpassungen zu machen, damit der zweite zum ersten und dritten Band passt, außerdem die üblichen Tippfehler und Wortwiederholungen auszumerzen. Nachdem die Trilogie nun zwei Jahre alt ist, fühlt es sich seltsam an, sie endlich überarbeitet zu haben. Als wäre eine alte, schon gewohnte Last endlich abgefallen. Dabei weiß ich genau, warum ich nie dazu gekommen bin. Ich hatte dringendere Bücher zu schreiben und finde nur so selten Zeit, mich mehrere Stunden am Stück an ein Projekt zu setzen. Und gerade das muss man beim Überarbeiten eines Buchs, um die Konsistenz zwischen den Kapiteln sicher stellen zu können. Wunden dürfen nicht vom linken zum rechten Arm wandern, der Mondzyklus soll genau vier Wochen haben. Drei Tage habe ich für die 176 vollen Din A4
Seiten gebraucht, also die übliche Stunde pro 10 Seiten.
Ich glaube, so lange diese Trilogie nicht überarbeitet ist, fühle ich mich etwas blockiert, Neues anzufangen. Mir wurde beim Lesen auch noch etwas klar: Bei Baba Yaga fehlt mir die Leidenschaft, die sonst meine Romane antreibt. Diane ist plötzlich Baba Yaga, aber die will sie nicht sein. Und so kommt die Geschichte nur sehr schwer in Gang. Aber: Problem erkannt, Problem gebannt. Ideen für mehr Leidenschaft habe ich.
Zusätzlich habe ich noch das Konzept für einen Kurs konkretisiert und herausgearbeitet, welches Material mir noch fehlt. Seit August hatte ich nicht mehr an dem Kurs gebastelt.
Für 2009 habe ich also noch viel vor. Vor allem habe ich die Hoffnung, dass einige langfristige Projekte erfolgreich fertig werden. Langweilig wird mir nie.
Ich bin stolz auf mich. Das letzte halbe Jahr zerstörte ein Orkan, was ich mir aufgebaut hatte und wehte fort, was ich in Händen hielt. Jeder Schritt gegen den Sturm kostete unglaubliche Kraft und schien vollkommen umsonst zu sein, weil die ganze Welt in die entgegen gesetzte Richtung trieb und mich mitzureißen oder zu erschlagen drohte. Gut gemeinte Ratschläge schlug ich in den Wind und verfolgte eine Strategie, die keiner verstand. Dem Treibgut wich ich aus, überließ manches dem Sturm und hielt anderes fest, das verloren schien. Inzwischen flaut der Orkan zum zivilisierten Gegenwind ab und meine Strategie erweist sich als richtig. Was ich fest hielt, scheint gewonnen, was ich los ließ, stellte sich als hoffnungslos heraus. Instinktiv habe ich richtig entschieden. Vor allem bin ich beeindruckt von meiner eigenen Stärke. Ich habe auch am dunkelsten Tag nicht aufgehört zu hoffen und zu vertrauen.
Ich hoffe, dass ich die nächsten Wochen inmitten meiner chaotischen Nach-Sturm-Baustelle mit Baba Yaga voran komme. Früher habe ich auch schon im Biwak geschrieben.
Frohe Weihnachten Euch allen!
Muna Germann
Nur ein kurzes Lebenszeichen: Ja, ich lebe noch! Insgesamt hat der Stress nachgelassen, abgesehen davon, dass in vier Tagen Einreichungsschluss für den Literatur-Wettbewerb ist und Anfang Januar ja auch die neue Ausgabe des "Veilchens" fällig wird, an der ich schon eifrig arbeite. Immerhin hat in der Zwischenzeit eine Veranstaltung stattgefunden, die ich organisiert habe, wodurch ich jetzt schätzungsweise 20 E-Mails pro Tag weniger bekomme. :-) Außerdem habe ich einen wichtigen Vortrag gehalten, gestern einen Tagungsbeitrag eingereicht, einige Projekte ruhen. Kurze Verschnaufpause also. Diese nutze ich zum Leben. Also: In Kneipen rumhängen und bis morgens um eins über die Liebe philosophieren, Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt trinken, halbe Nächte mit Freunden telefonieren, Spieleabende, Familie besuchen, Shoppen. Oha, hab ich viel gekauft in letzter Zeit! Da ich so selten dazu komme, gab es einige Notfälle wie z.B. an der Sohle durchgebrochene Winterstiefel, ein verlorener Fahrradhandschuh, fadenscheinige Socken. Aktuell ist eine Phase, wo vieles kaputt geht oder einfach verschwindet und ersetzt werden muss. Faszinerend, wie im Leben so Vieles phasenweise passiert. Weihnachtsgeschenke habe ich übrigens auch erst zu einem Drittel besorgt, aber immerhin gestern Abend noch die letzten Karten gebastelt. Ich liebe den Advent!
Allmählich begreife ich, was Baba Yaga uns sagen will. Ich habe eine ganze Seite geschrieben darüber, wie Baba Yaga sich fühlt und wie sie sich im Verlauf des Romans verändert. Die äußere Handlung liegt schon seit Monaten vor, aber die ist bei Märchen ja unwichtig. Darum genügte sie nicht zum Loslegen. Es kommt auf die innere Handlung an, dass die Symbole passen, dass wir etwas daraus lernen. Die innere Handlung habe ich jetzt also, auch die Botschaft steht. Die wird aber noch nicht verraten, die ist so geheim wie beim Krimi der Täter! Der Leser muss selbst drauf kommen. Nun werde ich mir auch leichter tun, die Symbole auszuwählen. Hier nur eine Kostprobe aus Baba Yagas Monolog:
Ich bin alt, ich bin hässlich und schmutzig und krank. Niemand mag mich und ich mag niemanden. Dabei segne ich sie. Undankbares Volk! Sie sollten mich lieben, weil ich ihre Wohltäterin bin. Weil ich mächtig bin. Weil ich für Gerechtigkeit sorge. Ich strafe und belohne. Den Unschuldigen tue ich nichts, aber wer von denen ist schon unschuldig?
Schreibblockade oder nicht?
Am Wochenende habe ich also den Grundriss von Baba Yagas Hütte endgültig festgelegt und auch die ersten Kapitel entsprechend angepasst. Leider muss sie ihr Wasser jetzt doch draußen holen. Den Plan werde ich sicher öfter zur Hand nehmen müssen, um nicht alles durcheinander zu bringen. Unklar ist mir noch die tiefere Bedeutung der sich drehenden Hütte. Ich weiß jetzt, wie sie sich dreht, aber offen bleibt noch warum! Geschrieben habe ich keine neuen Kapitel. Aber wie ich mich kenne, liegt das Problem nicht daran, dass ich so viel anderes zu tun hatte. Wenn mich eine Geschichte erstmal gepackt hat, hält mich gar nichts vom Schreiben ab. Ich denke, ich bin noch nicht so weit. Der Roman ist noch im Keimstadium. Sobald ich so weit bin, wird alles herausdrängen.
Ansonsten war ich am Wochenende damit beschäftigt, die Beiträge für den Literaturwettbewerb zu sichten, abzulegen und Eingangsbestätigungen zu versenden. Da der Mailserver offensichtlich Schluckauf hatte, kamen die Einsendungen von zwei Wochen gemeinsam herein.
Außerdem habe ich den gesamten Sonntag am Computer verbracht, hauptsächlich damit, Fachliteratur zu lesen für eine meiner wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Irgendwie hört das nie auf. Geschrieben habe ich auch vier Seiten für ein Fachbuchprojekt.
Ach, ich hatte ja noch gar nicht erzählt: Neulich war ich also auf Dienstreise; auf dem Heimweg ging mir das Lied "Heute hier, morgen dort..." nicht aus dem Kopf und nicht von den Lippen. Zu Hause angekommen rief ich E-Mails ab und stellte fest, dass mein Gedicht "Nomads" für das englische Buchprojekt "Generation X" ausgewählt wurde. Das ist der Beginn meiner internationalen Schriftstellerkarriere. :-) So viel also von der Nomadin. Diese Woche werde ich noch extrem viel auf Reisen sein! Unterwegs im Zug komme ich dann dazu, Bücher zu rezensieren und Weihnachtskarten zu schreiben.
Was für ein Wochenende... So müde war ich schon lange nicht mehr. Und gefroren habe ich wie ein Schneider. Vermutlich brüte ich eine Erkältung aus. Nachdem ich das halbe Wochenende geschlafen habe, fühle ich mich heute wieder fitter.
Am Wochenende habe ich endlich den Grundriss von Baba Yagas Hütte gezeichnet. Gar nicht einfach bei einem Gebäude, die sich um sich selbst dreht, haha. Einige praktisch-logische Probleme muss ich noch lösen. Beispielsweise hätte ich Baba Yaga gerne eine Wasserpumpe im Haus gegönnt, damit sie nicht für jede Tasse Tee nach draußen in die Kälte humpeln muss. Aber was passiert mit dem Brunnenschacht, während die Hütte sich dreht? Oder rotiert nur die Fassade und das Innere bleibt am Ort? Wenn man das alles mal richtig durchdenkt, wird es doch komplizierter. Den Rest der Woche werde ich also sich drehende Holzhütten entwerfen. Den Romananfang habe ich auch überarbeitet und endlich die sprechenden Wölfe herausgenommen.
Aus gegebenem Anlass noch ein paar Worte zur Teamarbeit. Schon seit Jahren drohe ich damit, ein Buch zu schreiben mit dem Titel: "Warum ich Teamarbeit hasse und wo möglich zu vermeiden suche".
Als abschreckendes und als selten gutes Beispiel für Teamarbeit kann ich gerade zwei meiner dringenden Veröffentlichungen nennen.
Bei der einen Veröffentlichung sind wir drei AutorInnen. Leider haben meine lieben KoautorInnen bisher nicht viel gemacht, obwohl sie mir jede Woche versprechen, dass sie "nächste Woche"
mehr Zeit dafür haben werden. In dieser "mehr Zeit" schaffen sie aber nicht mehr als einen oberflächlichen Blick auf die Veröffentlichung zu werfen und mir mitzuteilen, was ihnen daran nicht gefällt und was ich besser machen soll. Danke!!! Das ist jetzt
schon das dritte Wochenende in Folge, an dem ich je mehrere Stunden in das blöde Ding stecke. Der eine oder andere Teil der Veröffentlichung würde den anderen leichter fallen zu schreiben, denn sie haben schließlich die Fallstudie durchgeführt und die
relevanten Entscheidungen getroffen, ich kenne sie nur vom Hörensagen und vom Lesen der Masterarbeit. Es war auch bis Freitagmorgen von meiner Seite aus überhaupt nicht vorgesehen, dass dieses Wochenende schon wieder ich dran bin! Ich habe jetzt beschlossen, dass ich für meinen Teil so weit fertig bin. Alles was ich weiß und was ich recherchieren konnte, steht da drin. Mehr hab ich nicht. Jetzt sind aber sie dran! Allerdings weiß ich schon jetzt, dass ich nochmal zwei Wochenenden reinstecken würde, wenn sie nichts tun. Denn da ich schon so viel Vorleistung erbracht habe - im Gegensatz zu ihnen - wäre es nur für mich schlimm, wenn wir die Deadline nicht einhalten können. Für sie wäre es einfach nur ein schulterzuckendes Schade.
Darum halte ich wenig davon, gemeinsam einen Text zu schreiben: Es läuft immer so, dass die Engagiertere den Löwenanteil der Arbeit leistet. Außerdem ist das Zusammenbringen verschiedener Vorstellungen vom Endergebnis eine Quelle endloser, zermürbender Diskussionen, die mehr Zeit kosten als die eigentliche konstruktive Arbeit.
Zwei andere Veröffentlichungen schreibe ich mit meiner Lieblings-Co-Autorin. Leider steht die eine - die dringende - noch ganz am Anfang, d.h. ich musste erstmal mit Literaturrecherche und solchen Basics anfangen, und das wenige Wochen vor Einreichung. Hektik! Andererseits können wir uns das erlauben, weil wir super zusammen arbeiten. Statt mich über nichtfunktionierende Teamarbeit aufzuregen, möchte ich hier mal kurz andeuten, wie gute Teamarbeit aussehen soll, insbesondere beim gemeinsamen Erstellen von Texten. Grundsätzlich sollte man nur mit Leuten zusammen arbeiten, die gleich engagiert sind wie man selbst und dieselben Vorstellungen von einem Text haben. Und mit denen man sich trotzdem gut ergänzt. Beispielsweise kann M. sehr viel besser Englisch als ich. :-) Aber auch ansonsten bringen wir gemeinsam Ergebnisse zustande, die jede von uns alleine nicht hin bekommen hätte. Es ist wirklich magisch, was da passiert! Wir ziehen zwar den Schlitten in dieselbe Richtung, aber immer wenn die eine hängen bleibt oder irgendetwas schleifen lässt, ruckt die andere am Schlitten und bringt alles wieder in Fahrt oder rollt das Schleifengelassene sauber auf. So stacheln wir uns gegenseitig zu Hochleistungen an. Spezialisiert sind wir auf benachbarten, aber unterschiedlichen Gebieten. Dadurch können wir immer sehr gut die Unterkapitel eines Textes aufteilen. Die eine schreibt, die andere stellt kritische aber konstruktive Fragen dazu, wie sie jemand stellt, der zwar alles versteht, aber selbst kein Experte auf diesem Gebiet ist. Glücklicherweise haben wir auch dieselbe Vorstellung vom richtigen Mittelweg zwischen Qualität und Effizienz. Und wir sind wahnsinnig engagiert. Durcharbeiten bis zwei Uhr morgens, das gehört zu der Endphase immer dazu, also dieses Mal Ende November. Und genau wegen dem allem haben wir neulich auf einer hochrangigen Tagung einen super Erfolg gelandet. Als nächstes fassen wir noch eine hochrangige Tagung ins Auge und für DIE große Zeitschrift auf unserem Gebiet haben wir auch schon etwas in Vorbereitung. Ich sagte doch: Die Magie der Teamarbeit. Leider ändert das nichts daran, dass hinter einer fulminanten Veröffentlichung auch viel Arbeit stecken muss. Die Kollegen, die unser Ergebnis durchwinken, wissen sehr wohl zu
beurteilen, ob wir hart und sauber gearbeitet oder einfach nur etwas hingeschmotzt haben. Und daher die Tränen. Schweiß, Blut und Tränen. Es gibt nichts geschenkt, besonders wenn das wissenschaftliche Arbeiten nur mein Hobby ist. Im Job bin ich zur Zeit ausschließlich Beraterin.
Gestern Abend um 20 Uhr ist mir fast der Stift aus der Hand gefallen und der Kopf aufs Briefpapier. Also tat ich nichts Intellektuelleres mehr als ein Vollbad zu nehmen und "Klonk" von Terry Prachett zu lesen. Ausgeschlafen sieht die Welt irgendwie anders aus. Bunter. Schärfere Konturen. :-)
Das Wochenende war schrecklich. Dabei fing es Wochenende gut an, nämlich damit, dass ich am Freitagabend schon um 19 Uhr Feierabend machte. Ich war dazu gezwungen, weil mir beinahe
der Kopf auf die Tastatur fiel. Zu Hause habe ich dann nur noch die Wettbewerbsbeiträge der letzten zwei Wochen sortiert, Empfangsbestätigungen versendet usw. Das war so das, was ich intellektuell gerade noch hin bekam, während mein Auflauf im Ofen brutzelte und die Waschmaschine sich um die Wäsche kümmerte. Währenddessen hörte ich Salsamusik und gewöhnte mir das Gehen ab. Man kann auch durch die Wohnung tanzen, besonders wenn die Filzpantoffeln keinen Lärm veranstalten dabei. :-)
Als ich am Samstagmorgen um 7:00 aufstand, war ich sogar einigermaßen wach. Na, OK, jedenfalls NACH der Dusche. Ich war dann auch pünktlich um 8:00 am Bahnhof, stellte allerdings fest, dass erstens das Kundenzentrum um diese Zeit noch schläft und zweitens man Zugtickets ins Ausland wirklich, wirklich nicht am Automaten kaufen kann. Zum Glück kam die S-Bahn zehn Minuten früher, so dass ich mich dort schonmal breit machen konnte. Leider klappte es mit dem Arbeiten gar nicht. In der S-Bahn teilte ich den Gepäckwagen mit einer Gruppe jung gebliebener Männer,
die frühstückten, Bier tranken und sich über ihren Ausflug nach München freuten. Pläne wurden geschmiedet, laut genug, damit die ganze Gruppe und der halbe Zug es mit bekamen. Ich gönne ihnen den Spaß ja. Nach dem Umsteigen hörte ich ein halbes Bilderbuch, das eine Mutter ihrer Tochter vorlas. Sehr süß, finde ich schön, wenn Kinder und Bücher zusammen kommen. Aber mit meiner Konzentration war es schlecht bestellt. Als ich mich dann endlich hochkonzentriert in meine Arbeit vertieft hatte, war es auch wieder nicht recht, weil ich nicht mit bekam, dass irgendwelches Spielzeug zwischen meinen Füßen landete. Ich glaube, ein Dutzend Mitreisende war wütend auf mich, weil ich das Spielzeug nicht rausrückte. Aber ich habe wirklich nichts mitbekommen in dieser einzigen halben Stunde der Zugfahrt, in der ich konzentriert war. :-(
Immerhin habe ich am Samstagabend eine Stunde Zeit gefunden, um an einem Roman zu schreiben. Diese Zeit ging allerdings auch wieder vom Schlaf ab.
Zum Wochenende werfe ich mal die Frage in den Raum: Kann mal zur Abwechslung *nicht* alles schief gehen??? Gerade organisiere ich eine Veranstaltung, und es ist nun wirklich genug daneben gegangen. Selbst die Wirtschaftskrise zieht hier ihre Kreise. Und eben stelle ich fest, dass unsere Mutterorganisation ihre Webseite umstrukturiert hat. Dabei ging dann leider unsere Veranstaltungsseite verloren. Drei Wochen vor Veranstaltung guckt da sowieso keiner drauf, oder was??? Ich würde etwas darauf wetten, dass jetzt am Freitagnachmittag kein Mensch mehr meine Hilfe-Hilfe-Mail wahrnimmt!
Ansonsten bin ich gerade einfach nur müde. Weil diese Woche noch viel mehr schief ging. Spielende Gleise und andere Widrigkeiten. Deshalb habe ich die gesamte Woche keine einzige Nacht genug geschlafen. Natürlich auch nichts an irgendeinem Roman gemacht. Wie denn, wenn man nie zu Hause ist??? Noch nicht mal einen Roman gelesen. Nach zehn Seiten fallen mir erschöpft die Augen zu. Immerhin habe ich gestern Abend noch eine Rechnung und eine Abokündigung hinbekommen. Natürlich um Mitternacht. Und morgen früh um 8:30 fährt mein Zug. Da ich vorher noch ein Ticket nach Brüssel kaufen wollte, muss ich früh los. Uarg, ich brauche dringend Urlaub! Nächste Woche habe ich übrigens einen Tag frei. Um mit einer Freundin ihre Wohnung zu streichen. Und abends habe ich meine erste Vorstandssitzung. Ich bin gestern Abend, als ich zu müde war, um mich zu wehren, in ein hohes Amt gewählt worden. Supi.
Eigentlich mag ich das Leben so bunt und spannend. Aber es ist doch etwas zu viel für eine Schriftstellerin. Ich hoffe, dass ich am Wochenende genug Schreibzeit finde, dass ich nicht nur die drei Veröffentlichungen überarbeiten kann, die gerade dringend sind, sondern außerdem noch einen Roman. Oder zwei.
Den vorigen Sonntag habe ich mir rot im Kalender markiert. Da war ich doch tatsächlich um 15 Uhr mit allen dringenden Arbeiten für diese Woche fertig! So etwas hatte ich mir schon seit Monaten erträumt! Dann habe ich mich allerdings nicht sofort an die Romane gemacht. Irgendwann muss man auch mal vom Adrenalin wieder runter kommen! Daher gönnte ich mir einen Spielenachmittag mit einer Freundin und anschließendes frühes Ins-Bett-Gehen mit gemütlichem Leseabend. Wenn man schon den gesamten Sommer über keinen Urlaub hatte, sollte man wenigstens mal halbtageweise frei nehmen.
Dienstagnachmittag hatte ich im Zug noch eine Dreiviertelstunde, um an einem neuen Fantasy-Roman zu tippen. Leider war es nicht Baba Yaga. Für diese Geschichte hat es mich noch nicht gepackt. Ich sollte vermutlich einfach mal anfangen. Wenn ich drin bin, kommt der Rest des Romans von alleine.
Ich möchte hier noch einige Gedanken erwähnen, die ich aus Paul Tourniers "Zuhören können" mitgenommen habe. Es geht darin um christliche Psychotherapie und Medizin sowie allgemein um christliches Leben und Kommunizieren. Sehr bereichernd fand ich die folgenden beiden Stellen:
"Überall in der Welt begegnet man Menschen, die auf die gleiche Weise angespornt worden sind. Jeder von ihnen hat seinen eigenen Weg gefunden, aber sie haben alle die gleiche Entwicklung durchgemacht. Man erkennt sie sofort an ihrem persönlichen Ton. Sie sprechen von der Realität des Lebens, anstatt über Theorien zu diskutieren."
Schöner kann man Reife und Weisheit nicht beschreiben. Und für mich ist es das auch, was die Belletristik ausmacht: Sie erzählt von Realitäten, von persönlichen Schicksalen. Das ist ein anderer, womöglich sogar reiferer Ansatz, über das Leben zu sprechen als wissenschaftliche Artikel, die viel mehr Wert darauf legen, allgemeine Regeln aufzudecken. Ich habe - nebenbei bemerkt - in den letzten Monaten in Internet-Foren bemerkt, dass zwar die Menschen immer wieder an ähnlichen Problemen leiden, doch die beste Lösung hängen von so Vielem ab. Dafür gibt es keine Regeln, man könnte keinen Hilfeschrei mit einer Pauschalantwort erledigen.
In der zweiten Tournier-Textstelle ging es um selektive Wahrnehmung und wie sie sich auf Gespräche auswirkt: "Er nahm einen Korb, und im Spazierengehen bückte er sich immer wieder und sammelte ein. Er war der Sohn eines Pilizkontrolleurs und kannte sich aus. Ich war sprachlos: In zehn Minuten war der Korb voll. Ich schaute und suchte, aber ich sah nur das Gras. Da verstand ich, daß man nur das sieht, was man zu sehen bereit ist. Es gab überall Pilze, aber ich sah sie nicht." Tournier betont, dass die wissenschaftliche Art, Medizin zu betreiben, nur die sichtbare, objektive Hälfte des Mondes zeigt. Es gibt jedoch noch eine andere Hälfte, und auch wenn viele Mediziner erahnen, dass viele Krankheiten Ausdruck eines inneren Dramas sind, so wissen sie doch nicht, wie damit umgehen. (Der Text stammt von 1982.) Und deshalb betrachten sie diese Hälfte nicht.
"Wie hilft man also den Leuten? Sicher nicht mit Ratschlägen. Denn entweder werden sie gehorsam befolgt, wie von Kindern, oder sie werden nicht befolgt. Also nützen Ratschläge nichts. Was den Leuten hilft, ist das, was auch mir geholfen hat, das heißt, die Begegnung mit Personen, die wirklich von ihren Leiden, ihren Schwierigkeiten, ihren Hindernissen, ihren Weigerungen, ihren Ausflüchten sprechen. [...]
Ich war ein Bezirksarzt, ein Hausarzt. Meine Patienten glaubte ich von Grund auf zu kennen, und da plötzlich begannen sie, bei ihren Gesprächen mehr in die Tiefe zu gehen. Die Gesprächsebene hängt von unserer eigenen Bereitschaft ab zuzuhören. Was mir sofort aufgefallen ist, war die Tatsache, daß viele dieser Probleme im Zusammenhang stehen mit der Gegensätzlichkeit von Auflehnung - Annnahme. Das Leiden ruft immer Auflehnung hervor, und die Lösung liegt immer in einer Annahme. Aber man verhilft niemandem zu einer Annnahme, indem man sagt: 'Man muss annehmen.' Es müßte gelingen, den Ärtzen diesen Zusammenhang verständlich zu machen, der nicht ein Zusammenhang der Kausalität ist, sondern ein geistiger. Die Annahme kommt im Kontakt mit Menschen zustande, die selbst angenommen haben, also erfolgt die Annahme bei unseren Patienten, wenn wir selbst unsere persönlichen Schwierigkeiten angenommen haben."
Ich denke, dies gilt nicht nur für Ärzte und Therapeuten, sondern auch für Freunde und für Schriftsteller, die alle auf ihre Art versuchen, Anderen zu helfen. Eine Sache ist mir durch dieses Buch nochmal klarer geworden als es ohnehin schon war: Warum mir oft fremde Menschen ihre Lebensgeschichte erzählen, einschließlich sehr persönlicher und mit Tabu beladenen Geheimnisse. Mein Schreiben entspringt einer bestimmten Einstellung gegenüber den Menschen und dem Leben, die dazu führt, dass mir Geschichten zufliegen. Echte, wahre Geschichten. Und ich beobachte auch, dass viele Leser den geheimen Zauber wahrnehmen, den diese Einstellung in meine Texte webt. Der persönliche Ton, das Angenommenhaben des Lebens einschließlich seiner dunkelsten Schatten und wärmstem Licht.
Es ist seltsam, wie es im Leben oft läuft. Mal geht alles auf ein Mal den Berg runter, alles kommt nur ächzend voran, obwohl man hart strampelt, aber dann wieder kommen alle eingerosteten Züge gleichzeitig wieder in Fahrt.
Eigentlich bin ich jetzt in der Phase nach dem Stress, wo ich durchhänge und mit gar nichts voran komme, weil ich dringend Erholung brauche. Aber jetzt hat es einen Ruck getan in allen Bereichen. Demnächst geht es wieder bergauf! Dadurch habe ich jetzt wieder zu tun, allerdings nicht zu viel Dringendes. Für das Wochenende fasse ich tatsächlich ins Auge, mindestens den zweiten Band der Fantasy-Trilogie zu überarbeiten. Vielleicht fliege ich sogar hoch genug, um endlich Baba Yagas Geschichte zu schreiben.
So, ich war etwas ungetaucht. Freitag vor einer Woche hatte ich also das Buch eingereicht. Und kam dann endlich zu all den vielen Aufgaben, die ich im Abgabestress hatte liegen lassen. Manches davon war inzwischen auch dringend geworden. Damit war ich eine weitere Woche beschäftigt, genau genommen bis gestern Abend. Zusätzlich fielen mir tausend Kleinigkeiten auf, die nicht dringend sind und die ich daher seit Monaten vernachlässigt hatte: Badvorleger waschen, überflüssige Lampe im Keller verstauen, Holzbrett abschleifen, all solche Dinge. Allmählich wird mein Leben ordentlicher, ich bin auf dem Laufenden mit allem. Jetzt kann ich mich endlich frei genug fühlen, um ein neues Buch zu beginnen. Die beiden nächsten Projekte sind dann wohl die Märchenparodie über Baba Yaga und mein Fachbuch über Zeitmanagement. Und die Fantasy-Trilogie sollte auch noch überarbeitet werden. Langeweile kenne ich nicht!
So, das war´s. Ich war gestern Abend wieder ziemlich spät dran, weil in meinem Brotjob viel zu tun war und anschließend musste ich noch zwei Stunden dran hängen, weil ich einen Workshop organisiere, was auch nicht zu meiner Arbeit gehört. Ich war dann um 21 Uhr zu Hause und habe leider tatsächlich drei volle Stunden gebraucht, um sieben Seiten Literaturteil in einheitliches Format zu bringen. Ich war also erst um 1 Uhr morgens um Bett. Aber es hat sich gelohnt! Da ich heute Abend tanzen gehe, wäre ich erst am Mittwochabend wieder dazu gekommen. Mittwochabend will ich aber frei haben.
Hurra, Freiheit, ich komme!!! Als Erstes muss ich natürlich Schlaf nachholen. Mich halten nur noch Schwarztee, Cola und Arbeitsstress auf den Beinen. Auf Samstag bin ich schon zu einer Shopping Tour verabredet. Vor Sonntag schreibe ich also definitiv keinen Roman!
Worauf ich auch stolz bin: Für das Fachbuch hatte ich ursprünglich mal geschätzt, dass ich 160 Stunden dafür brauche. Heute Morgen um eins war ich bei 154. Es bleibt also noch etwas Budget übrig für Änderungen, die der Verlag noch möchte. Wow, was für eine Punktlandung!
Meistens kommt es anders als man denkt, manchmal besser. Als ich am Donnerstagabend um 23 Uhr von der Arbeit nach Hause kam, war ich noch so fit, dass ich mich voller Elan an die Oktober-Ausgabe des Veilchens machte und so war sie dann morgens um 2 Uhr eingetütet, gewogen, frankiert und zum Abschicken bereit. Freitagmorgen konnte ich sie auf dem Weg zum Bahnhof einwerfen. Die ersten Exemplare waren Samstag schon am Ziel. Faszinierend.
Das lange Wochenende habe ich gut genutzt. Das Fachbuch ist jetzt fast fertig bis auf ein paar Kleinigkeiten, die ich heute Abend noch hinbiegen werde. Beispielsweise das Literaturverzeichnis in ein einheitliches Format zu bringen. Dafür brauche ich zwei oder drei Stunden gute Musik!
Wenn dann diese beiden großen Dinge erledigt sind, habe ich wieder mehr Luft. Will ich dann zuerst mal wieder genug schlafen oder lieber an den Romanen weiter schreiben? Man wird sehen.