Sonntag, 11. Oktober 2015

Wilhelm Busch: Jesus, unser Schicksal

Neulich las ich "Jesus unser Schicksal" von Wilhelm Busch. Nein, nicht von dem Vater von Max und Moritz, sondern von einem Pfarrer. Darin habe ich vier sehr gute Gedanken gefunden. (Bei den meisten Büchern muss man schon froh sein, wenn man einen einzigen findet.) Diese vier lauten (in Fettschrift):
  • Gottes Schweigen ist sein Gericht: Viele Menschen, gerade auch Atheisten fragen, wie Gott so viel Grausamkeit zulassen kann. "Warum tut er nichts dagegen? Warum bestraft er keinen?" Aber vielleicht ist gerade dieses Abwenden und dieses Geschehenlassen seine Antwort auf all das Böse, das geschieht? Ich weiß, das klingt erstmal unlogisch, weil man ja möchte, dass Gott etwas gegen die Täter tut, um die Opfer zu schützen. Aber wenn man sieht, wie selbstverständlich die Menschen es nehmen, selbst in Alltäglichem zu lügen und zu betrügen, sind wir da nicht wieder auf dem Stand von Sodom und Gomorrah? Damals hat er die Städte komplett vernichtet, nun lässt er Menschen das Strafgericht ausüben. Ich persönlich glaube, dass wir mit jeder noch so kleinen Tat, die wir tun, oder winzigen Betrügerei, die wir unterlassen, die Welt ein wenig besser machen. Wenn das moralische Niveau so unterirdisch ist, macht eigentlich alles einen Unterschied, was wir tun oder nicht tun. Würden wir alle uns kollektiv anders verhalten, würde sich viel ändern. Ich glaube nicht, dass dann Gott plötzlich am Himmel erscheinen und zur Bevölkerung sprechen würde, aber es wäre einfach auch nicht mehr möglich, dass Böses geschieht und alle wegsehen und es geschehen lassen. Unser Gefühl für Gerechtigkeit wäre dann wieder stark und die Gemeinschaft der Menschen würde sich selbst schützen. Wenn wir das Böse als selbstverständlich akzeptieren und immer nur froh sind, wenn es einen anderen trifft, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn es immer wieder passiert. Oder wenn man jemandem, der bestohlen oder von einem Menschen enttäuscht wurde, sagt, er solle nicht so wehleidig sein, was für moralischen Werte unterstützt man damit denn? Wenn man den Opfern von Verbrechen das Recht traurig zu sein verweigert, auf wessen Seite steht man denn dann?
  • Ein Verbrechen ist eine Lektion für den Täter, nicht für das Opfer. In unserer Gesellschaft werden die Opfer von Verbrechen dazu gezwungen, sich in einer Therapie den Schmerz wegoperieren zu lassen. Sie sollen aus dem Verbrechen ihre Lektion lernen und sich verändern. Sie sollen die Verantwortung für die Tat übernehmen, denn wenn sie wie alle anderen alles richtig machen würden, wäre es ja nicht passiert. Diese Lektion lautet dann oft, dass die Menschen nunmal schlecht sind und wer Fremden vertraut, der macht sich schuldig. Wer liebt und vertraut, der hat falsch gehandelt und trägt die Verantwortung dafür, Opfer geworden zu sein. Nochmal: Welche moralischen Werte unterstützt man denn mit solchem Scheiß? Warum ist niemand moralisch empört, wenn das Vertrauen eines Menschen missbraucht wird? Wenn jemandem Unrecht getan wird?
  • Wenn wir Gott nicht hören, sind wir zu weit von ihm entfernt. Das ist natürlich nicht geografisch gemeint. Gott ist überall, und jeder kann ihn hören. Wer klopft, dem wir aufgetan. Aber eine Bereitschaft zum Zuhören muss vorhanden sein.
  • "Religion" ist das ewige Suchen nach Gott. Glaube ist also kein Ziel, sondern ein Weg.

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