Au weia. Da ich zurzeit auf Pump arbeite, werde ich noch zur Partyschmarotzerin. Ich arbeite ja durchaus an bezahlten Aufträgen, aber die werden erst im Herbst 2013 oder sogar Anfang 2014 honoriert. Sogar Fahrtkosten muss ich auslegen, juhu.
Aber zum Glück gibt es ganz viel für kostenlos in dieser Welt, wenn man dafür die Augen offen hält. Vorigen Freitag war ich an einer Uni als Dozentin zum Sommerfest eingeladen und es gab kostenlos gegrillte Tierleichen mit Salat. Und auch Bespaßung in Form von Fachvorträgen. Samstag gab die Musikhochschule ein kostenloses Konzert. Sonntag besichtigte ich bei meiner Fotosafari den Zoo von außen, um mir den Eintritt zu sparen. Montag musste ich leider meine Pizza im Restaurant selbst bezahlen. Dienstag blieb ich zu Hause, was sowieso am kostengünstigsten ist. Mittwochabend veranstaltete die Partei einen Kinoabend, wo ich kostenlos einen - leider nicht sehr erquicklichen - Film ansehen konnte und zum Lohn danach kostenlose Hörnchen bekam. Donnerstagabend war ich auf einer kostenlosen Literaturlesung, bei der auch Brezeln gereicht wurden. Wenn ich mich weiter perfektioniere, brauche ich vielleicht nie wieder Lebensmittel einzukaufen? *grins*
Gerade komme ich zurück von einer Fotosafari in den Park. Ich habe geknipst als würde morgen die Welt untergehen und als müsse ich zuvor noch all ihre Schönheit dokumentieren!Da gab es: riesige zottelige Esel, wiederkäuende Lamas, einen drohenden Strauß, überwucherte Ruinen, einen sonnigen Leseplatz mit Aussicht, blühende Brombeeren und Linden, Gänse und Tauben, Sperlinge und Eichhörnchen, Champignons im Rasen. Fotografiert habe ich vor allem Bäume und natürlich die Ruinen, wegen denen ich ausgezogen bin.
Sowohl Lew Nikolajewitsch Tolstoj als Sonja Tolstaja haben einen Roman über eine Dreiecksgeschichte geschrieben: "Anna Karenina" (er) und "Lied ohne Worte" (sie). Zufall? Die Gerüchteküche bezeichnet zumindest Sonjas Version als autobiographisch. Dass die Ehe der beiden nicht harmonisch verlief, ist sowieso kein Geheimnis. Spannend finde ich es nun, die beiden Romane miteinander zu vergleichen, weil sie auf so schmerzhafte Weise zeigen, wie Eheleute einander das Leben zur Hölle machen und auch warum sie es tun. Auch wenn die äußere Handlung und die Umstände der beiden Romane sich unterscheiden, möchte ich davon ausgehen, dass doch die Gefühle der Handelnden authentisch den Ehekrieg zwischen Lew und Sonja wiedergeben.
Wie es sich für gehört, wenn man eine wahre Geschichte in Literatur umwandelt, konzentrieren beide sich auf die aus ihrer Sicht wesentlichen Aspekte.
Sonja betont in ihrer Geschichte immer wieder die Grobheit und Gefühllosigkeit des tapsigen Gatten, der ihr das heiß geliebte Klavierspielen verbietet und dafür lieber mit bloßen Händen draußen in der Erde wühlt. Kein Wunder, wenn die Romanheldin Sascha sich in den sensibleren Pianisten verliebt, mit dem sie ihre große Leidenschaft teilt. Und doch muss sie leider herausfinden, dass auch diese Liebe schal wird, sobald man einander zu nahe kommt. Vor lauter Scham versucht die Heldin zu sterben, überlebt jedoch und begibt sich in eine Irrenanstalt. War dieses Ende eine Bitte an Lew "So nimm mich doch zurück"? Oder eben das Gegenteil, nämlich der Ausdruck hoffnungsloser Ausweglosigkeit?
Lew lässt Anna Karenina als eine Frau da stehen, die von zwei Männern abgöttisch und bis zur Selbstaufgabe geliebt wird. Sie brauchte sich nur zu entscheiden und könnte für immer glücklich leben. Und doch entscheidet sie sich grausamerweise nicht, gibt den Gatten nicht frei und terrorisiert den Geliebten mit Unterstellungen, er würde sie nicht lieben. Damit treibt sie beide in den emotionalen und gesellschaftlichen Ruin. Am Ende begeht Anna erfolgreich Selbstmord und es bleibt der bittere Geschmack im Mund, dass Lew seiner Frau den Tod wünschte.
Wer beide Romane gelesen hat, der weiß, dass beide - Sonja und Lew - nicht nur emotionale Menschen sind, sondern eben auch sensibel genug, um die Gefühle anderer zu verstehen. Warum haben sie jeder den anderen zu einem gefühllosen Dämon hochstilisiert? Wohl weil sie leider von ihren Jahren des Zusammenlebens und Unverständnis zermürbt und der Umgangston schon längst vor die Hunde gegangen war. Bei aller Sensibilität konnten sie die Wünsche des anderen nicht erfüllen, ohne sich selbst aufzugeben.
Sonja als Kind der Stadt und froh, einen Grafen geheiratet zu haben, muss miterleben, wie er während der Ehe die Spielregeln ändert. Sie ziehen aufs Land, Lew verlangt von sich und seiner
Umwelt immer mehr Askese, Armut, Verzicht, Veganismus. Sonja befürchtet nicht nur selbst zu verarmen, sondern fürchtet vor allem auch für die Zukunft ihrer dreizehn Kinder. Aber Lew ist wie gefangen in seinem Wahn, lebt wie ein Heiliger, mit der zugehörigen Weltabgewandtheit und Verantwortungslosigkeit.
Sonja, die deutlich Jüngere, hatte den berühmten Autor verehrt, doch diese Verehrung hat er selbst zerstört, als er ihr bereits wenige Tage nach der Hochzeit seine unanständigen Tagebücher zum Lesen gab. Von diesem Schock hat sie sich nie erholt, das Vertrauen war zerstört. Vielleicht versuchte Lew durch seine totale Wandlung ihre Achtung zurück zu erlangen, doch es war der falsche Weg und vielleicht auch zu spät.
Nach meiner Erfahrung ist es eines der tödlichsten Verbrechen, die man einer zwischenmenschlichen Beziehung antun kann, die Regeln zu ändern. Man ist nicht mehr derselbe Mensch wie zu Beginn, erwartet aber vom anderen, dass er dies akzeptiert und sich mit einem in dieselbe Richtung ändert. Normale Freundschaften zerbrechen daran, doch welche Wahl hat ein Ehepaar? Insbesondere damals mussten sie bis zum Irrsinn und Todeswunsch miteinander ausharren. Aua! Ich wünschte, sie hätten einen konstruktiveren Weg gefunden, einen vernünftigen Kompromiss. Dafür hätte ich sogar auf diese beiden wundervollen Romane verzichtet!
"Warum gehöre ich als Frau grundsätzlich niemals dazu? Ich mache doch gut Arbeit, oder nicht? Ich mache sogar einen wichtigen Job, von dem unser aller Überleben abhängt!"
"Was haben die bösen Jungs denn gemacht?"
"Das Übliche!"
"Sie in den Hintern gezwickt?"
"Das soll mal einer wagen!" knurrte Luisa. "Dann kann ich ihn wenigstens erstens vermöbeln und zweitens beim Käptn melden."
"Sie dürfen leider nur entweder das eine oder das andere. Prügel bei sexueller Belästigung ist leider übertriebene Notwehr, die sollten sie im eigenen Interesse nicht melden."
"Puh, Landwehr, müssen Sie immer so verdammt korrekt und penibel sein, selbst wenn ich mich aufrege?"
"Gerade dann macht es doch Spaß."
"Sie sind genauso ein Sadist wie die anderen!"
"Wussten Sie doch schon!"
"Und wie kann man Machos wie Sie stoppen?"
"Gar nicht. Dazu macht es viel zu viel Spaß."
"So."
"Nein, mir nicht. Ihnen gegenüber jedenfalls nicht. Aber wenn da eine wirklich dumme Nuss..."
"Ach, Landwehr, Sie geben doch jedem Blondlöckchen mit pinkfarbenem Nagellack noch eine Chance und warten die erste schriftliche Prüfung ab!"
"Und die werten Kollegen auf dem Schrottschiff?"
"Natürlich nicht, wie immer!"
"Ich möchte betonen, dass Sie in Sachen Weltraummikroben durch die Prüfung gerasselt sind!"
Luisa ächzte. "Das hat sich doch längst geklärt! Das Gerät war defekt! Wäre es nach dem Gerät gegangen, wäre das ganze Schiff schon vorher verseucht gewesen!"
"Glück für Sie, aber nur ein günstiger Zufall. Haben Sie übrigens auch ein funktionierendes Gerät an Bord? Damit Sie prüfen können, ob nicht doch..."
"Landwehr, machen Sie mich nicht wuschig! Wären dort Mikroben eingedrungen, dann hätte ich schon längst Fieber!"
"Vielleicht sind Sie bereits immun oder chronisch verseucht?"
"Darum geht es doch gar nicht. Ich wollte mich über die Besprechung gestern aufregen!"
"Aber Ihnen ist schon klar, dass so ein Versehen für immer an Ihnen hängen bleiben wird?"
"Ja, ich weiß!" brüllte Luisa. "Da reißt man sich ein halbes Jahr lang den Arsch auf, um dieses Schiff zu retten und dann passt man ein Mal nicht auf, auf ein Risiko mit der Wahrscheinlichkeit von 1 zu 1 Million, und schon gilt man als fahrlässig! Aber darum geht es gar nicht. Um Fakten geht es nie. Die haben sich von Anfang an so seltsam mir gegenüber benommen. Genauso wie auf Ihrem Schiff. Und auf der Erde. Und im Rest des Universums wird es auch nie anders sein. Wenn ich die Erde lebend erreiche, schule ich um zur Grundschullehrerin oder serviere in einem Restaurant. Es bringt ja nichts, sich gegen die Klischees der Mitmenschen aufzulehnen!"
"Nun sind Sie es, die ablenkt. Was also war gestern Ihrer Meinung nach los?"
"Also, ich kam rein, da waren die Herren gemütlich stehend am Kaffeetrinken. Ich schnappte mir auch ein Tässchen und stellte mich dazu. Sie drehten sich weg und gingen woanders hin, um sich ohne mich zu unterhalten."
"Das Thema war nicht für Sie bestimmt."
"Das ist es doch nie. Außerdem ging es um das Kantinenessen. Essen betrifft mich auch."
"Ja, aber Sie wissen, dass es bei einem Gespräch ums Essen nie ums Essen geht. Vermutlich sprachen sie in verschlüsselter Weise über ihre Familien und ihr Heimweh, und das teilt man nicht mit jeder daher gelaufenen Sicherheitsingenieurin."
Luisa schnaubte. "Und so ging es weiter. Der Kapitän kam als letzter, wie sich das gehört, und sofort setzten wir uns alle brav an unsere Plätze. Sie wissen schon, der Hierarchie entsprechend."
"Und wo saßen Sie?"
"Ich versuchte natürlich, einen Platz möglichst nahe beim Käptn zu erwischen. Schließlich stehe ich im Organigramm nun auf einer Stabsstelle. Aber der Funker drängte mich mit dem Ellenbogen zur Seite. Ich hielt natürlich dagegen, aber ohne Prügelei hätte ich nicht siegen können, und das wollte ich nun auch nicht. Ich meine, mich mit dem Kerl auf dem Boden wälzen und einander die Fresse einzuschlagen während der Besprechungszeit. Das müssen wir mal in der Freizeit nachholen! Ich passe ihn bei Gelegenheit im Trainungsraum ab, den Arsch."
"Gut, das wäre also geklärt", schmunzelte Landwehr ironisch. "Ihnen ist schon klar, dass Männer untereinander etwas subtiler vorgehen? Haben Sie ihm wenigstens schonmal während der Besprechung den Apfelsaft weg getrunken und den Kugelschreiber gestohlen?"
"Jawohl, bin ja nicht von gestern. Strafe muss immer sofort erfolgen. Es ist mir auch gelungen, einen Kronkorken - hoppla - in sein Glas fallen zu lassen. Keine Ahnung, wie das passieren konnte!"
"Dann hat sich doch die Prügelei im Trainingsraum erledigt."
"Sie wissen ja, wie das mit Männern ist. Mit denen muss man Klartext sprechen."
"Nein, also, mir scheint, Sie waren bereits klar genug."
"Warum kapiert sowas dann keiner?"
"Weil er nicht will. Das nächste Mal drängt er Sie wieder mit dem Ellenbogen und vielleicht stolpern Sie dann sogar unelegant über seinen Fuß? Das ist doch wie beim Sport, da will ein Mann auf keinen Fall einer Frau unterlegen, weil ja wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, dass Frauen unsportlicher sind als Männer. Weniger Muskelmasse. Und daraus schließt der normale Macho, dass keine Frau besser sein darf als er. Sie wissen ja, unser Gehirn arbeitet nicht nur im Kopf, darum kapieren wir das mit der Statistik nicht so recht."
"Sie wissen ja prima Bescheid!"
"Hab ich von Ihnen gelernt."
"Na, jedenfalls ging es dann so weiter. Wir begannen mit dem Statusbericht, jeder reihum ein paar Sätze. Während ich dran war, ging das Wühlen in den Unterlagen los, das Einschenken von Mineralwasser und das Aufstehen und Nachschenken von Kaffee. Was ich erzähle, ist grundsätzlich mal unwichtig, weil Frauenblabla. Sogar der Kapitän hörte nicht wirklich zu, sondern machte Scherze mit dem Funker. Oder umgekehrt der Funker mit ihm. Dabei ging es um die Explosion!"
"Na, den Bericht wird er ja bereits gelesen haben."
"Stellen Sie sich nicht dümmer als Sie sind. Mit seinem Verhalten signalisierte er, das Thema sei nicht wichtig."
"Der Vorteil ist, dass er keine Fragen stellte."
"Aber hallo, hat der Fragen gestellt! Im vorwurfsvollsten Ton, so als habe ich das Ganze ausgelöst."
"Haben Sie doch auch."
"Nicht offiziell, also nicht tatsächlich. Mist, Landwehr, fallen Sie mir nicht auch noch in den Rücken! Jedenfalls habe ich das nicht auf mir sitzen lassen können."
"Sie haben sich also verteidigt?" fragte Landwehr. "Und womöglich den Kapitän beschuldigt?"
"Was sollte ich denn anderes machen??? Ich konnte das doch nicht so stehen lassen!"
"Hätten Sie mal besser getan. Spätestens jetzt wissen alle, dass sie sich von Ihnen fern halten müssen, weil der Kapitän Sie auf dem Kieker hat. Er wird Sie abschießen, und da will keiner in der Nähe sein, damit es ihn nicht auch trifft."
"Er kann mich nicht abschießen, und das weiß er auch."
"Das wird ihn vermutlich zu Tode ärgern und ihm Magengeschwüre machen. Die blöde Tussi hat es geschafft, sich unentbehrlich zu machen! Vielleicht findet er noch einen Weg, um Sie zu ersetzen. Notfalls muss er nachweisen, dass Sie fahrlässig sind. Mit den Mikroben hat er schonmal erfolgreich einen schweren Verdacht auf Sie gelenkt, Ihren winzigen Fehler zu einer tödlichen Bedrohung hoch stilisiert."
"Sie meinen, er hat das Messgerät vielleicht manipuliert?"
"Warum nicht? Sie untergraben mit Ihrem ständigen Genörgel seine Autorität."
"Aber er bringt das Schiff in Gefahr!"
"Laut Organigramm trägt er allein die Verantwortung dafür und Sie hat das nicht weiter zu kümmern. Sie mischen sich in seine Angelegenheiten ein."
"Sie meinen, ich hätte besser mit ihm Eis essen gehen sollen und ihn zum Verbündeten machen? Davon überzeugen, wie wichtig Sicherheit ist, damit er es als seine Idee ausgeben kann?"
"So ungefähr. Sie haben einen Krieg begonnen, den Sie nicht gewinnen können."
"Aber er hat mich doch von Anfang an nicht ernst genommen. Niemand hier hat mich ernst genommen! Niemand im Universum nimmt mich ernst!"
"Und wenn Sie schon so ein unwichtiger Krümel sind, warum greifen Sie dann Giganten an?"
"Weil verdammt nochmal mein Überleben davon abhängt, dass defekte Bullaugen repariert werden, bevor uns zu viel Sauerstoff unwiderbringlich verloren geht! Wir müssen noch weitere anderthalb Jahre auf diesem Schiff zubringen!"
"So ist das nunmal. Sie sind auf Gedeih und Verderb dem Kapitän ausgeliefert. Er allein trägt die Verantwortung. Sie haben das mit den Hierarchien immer noch nicht kapiert."
"Sie treiben mich in den Wahnsinn!"
"Sie hätten sich Ihr Schiff eben besser aussuchen müssen."
"Hätte, hätte...!"
"Ja, OK, nun ist es schon passiert. Es gibt nur noch eine Möglichkeit, wie Sie da raus kommen. Außer über die Haftzelle oder Gummizelle."
"Ich muss dem Kapitän den Schwanz lutschen?"
"Sinngemäß. Hören Sie, wenn die Kerle da in dieser Runde Ihnen nicht zuhören, Sie unterbrechen, attackieren und unhöflich behandeln, das passiert denen nicht aus Versehen. Die wissen genau, was sie tun. Das sind Profis. Sie haben verspielt und werden nun behandelt wie jemand, der ganz unten ist."
"Aber das war ich von Anfang an auch!"
"Sie hätten sich den Aufstieg erkämpfen müssen."
"Also doch die Prügelei im Trainingsraum?"
"Nein, subtiler! Frühzeitig anderen die Apfelsaftflasche wegnehmen oder hinschieben, je nach Ihrer Strategie. Die haben Sie ganz genau beobachtet und ihre Schlüsse aus allem gezogen, was Sie taten."
"Ich bin hier aber ganz ungerechterweise mit dem falschen Fuß aufgekommen und bin ohne eigene Schuld von einigen Alphatieren angegriffen worden."
"Schuld? Sie existieren, Sie gehen aufrecht und Sie sind hoch gebildet. Und Sie strahlen es aus, dass Sie sich nicht mit der Position der Putze zufrieden geben. Die Wortführer haben Sie sofort als Konkurrentin wahrgenommen, die haben dafür ein deutliches Gespür."
"Aber hat man denn überhaupt eine Chance, wenn man ganz neu und verletzlich ist?"
"Nee, die nutzen ihren Wissensvorsprung natürlich aus. Entweder der Kapitän setzt Sie auf eine hohe Position und unterstützt Sie beim leisesten Hauch eines Angriffs, oder Sie müssen sich von unten hoch dienen. Ganz unten anfangen, so lautet das eiserne Gesetz."
"Das liegt mir aber gar nicht!"
"Dann sind Sie falsch gepolt. Was glauben Sie denn, warum die meisten Leute nie das Schiff wechseln? Die bisher errungene Position geht sofort verloren und man beginnt wieder bei null. Hier bei uns, da waren Sie jemand. Auf diesem Zivilistendampfer sind Sie erstmal nur die Neue. Sie können Ihren Status nicht mitnehmen."
"Tja, danke, aber ich hätte das nie gekonnt. So halb wusste ich das ja, aber ich konnte doch Finja nicht erlauben, dass sie mich öffentlich demütigt."
"Zu diesem Zeitpunkt war schon alles zu spät."
"Ich war freundlich und höflich zu ihr, ganz normal, vielleicht sogar mehr als normal."
"Sie haben dabei vermutlich gewirkt wie der Wolf, der Kreide gefressen hat. Zicklein können Sie damit täuschen, aber keinen erwachsenen Wolf."
"Sie sind lustig. Klingt nicht so als hätte ich jemals eine Chance gehabt. Ich werde auf den ersten Blick als Konkurrenz identifiziert, aber meine Versuche freundlich zu sein und mich von unten hoch zu dienen bezeichnen Sie als Täuschung. Ich kann aber auch keinen Zweikampf kaum gewinnen, wenn ich neu bin und nicht gerade Kapitäns Liebling."
"Demut, Schätzchen, Demut. Sie hätten nicht gleich von Anfang an nach der Herrschaft über das Schiff greifen dürfen."
"Hab ich nicht!"
"Haben Sie wohl! Ich kenn Sie doch!"
"Und als Frau unter Männern darf ich das nicht?"
"Auch als Mann dürften Sie das nicht. Was glauben Sie denn, warum die anderen so verdammt devot sind und dem Kapitän nach dem Mund schwafeln? Warum die sich überhaupt alle so seltsam verhalten."
"Außer Ihnen. Sie verhalten sich normal."
"Schätzchen, mich dürfen Sie nicht zum Maßstab nehmen. Ich bin ein verdammt verrückter Kauz, ein Außenseiter, der nur darum geduldet wird, weil der Kapitän weiß, was er an mir hat. Was hat Ihr Kapitän denn an Ihnen?"
"Der will doch gar nichts von mir!"
"Natürlich will der was von Ihnen! Er braucht Sie! Jeder Schlag auf den Hinterkopf ist ein Schrei um Hilfe! Darum ist er ja so aggressiv. Hören Sie ihm mal genau zu. Dass er so resigniert wirkt, liegt nur daran, dass es ihn überfordert, die Verantwortung für das Schiff allein zu tragen! Wenn er eine kompetente Person wie Sie an seiner Seite weiß, wird er sich besser fühlen. Und Sie unterstützen."
"Meinen Sie, dafür ist es zu spät?"
"Wohl eher nicht. Er braucht Sie, wenn er die nächsten anderthalb Jahre schaffen will."
"Ich muss also vor ihm auf die Knie fallen und doch noch seinen... Sie wissen schon..."
"Nein, das geht alles viel subtiler. Wie oft muss ich Ihnen das noch sagen? Füllen Sie sein Wasserglas auf, holen Sie ihm einen Kaffee und wenn ihm in der Besprechung eine Kopie fehlt, springen Sie auf und rennen zum Kopierer."
"Aber wird er mich dann nicht als blöde Sekretärin sehen und erst recht auf mir herum trampeln?"
"Probieren Sie´s aus. Dann sehen Sie, ob er bereit ist, anständig mit Ihnen zusammen zu arbeiten oder ob es schon zu spät ist."
"Männer kommunizieren über Kaffeetassen?"
"Und über Autoschlüssel, Trainingszeiten, Penislängen, Sie wissen schon. So wie Frauen über Lippenstiftfarben, Haarlängen und Höhe der Stöckelschuhe."
"Ja, klar."
"Die Make-up-Sprache kennen Sie?"
"Ich trage kein Make-up."
"Das sagt ja schon alles. Auch den Männern übrigens. Sie wollen beim Sex oben liegen."
"Haha, sehr witzig."
"Stimmt´s etwa nicht?"
"Das müssen Sie nicht wissen!"
"Nein, muss ich nicht. Aber Sie müssen wissen, dass ich es weiß."
"Ja, schon klar. Dann werde ich also demnächst dem Kapitän die Stiefel wischen?"
"In angemessener Demut. Nicht zu viel und nicht zu wenig davon. Sie wissen ja, wer Sie sind."
"Ich hab´s in den Nachrichten gehört", lobte Landwehr. "Prima Öffentlichkeitsarbeit, Luisa. Spätestens wenn die Reporter des Star Express anrufen, muss der Kapitän zum Nachdenken kommen."
Luisa lachte. "Nee, der war erstmal damit beschäftigt, sich als Helden aufzuspielen. Aber ganz von vorne... Der Lagerverwalter machte also Inventur in der Abteilung 'Socken und Schuhe'. Räumte alles in den Nachbarlagerraum. Bei meinem abendlichen Kontrollgang prüfte ich alle Zwischentüren und das Bullauge. Schrieb in meinen Bericht, dass die Fissur im Gummi sich erweitert hat und weiterhin Gas nach außen entweicht. Die Genehmigung zum Austausch der Dichtung fehlt mir leider immer noch. Ich bräuchte Personal dafür, die Sicherheitsvorschriften, Sie wissen ja. Ich konnte daher erstmal nichts machen als das Problem zu dokumentieren. Ich verließ den leeren Lagerraum um 21:13 Uhr. Morgens um 5:27 ging der Alarm los, wie ich später aus den Logfiles erfuhr. Zunächst mal ignorierte man ihn auf der Brücke und diagnostizierte einen Fehlalarm."
"Wurde niemand zum Lagerraum geschickt?"
"Nein und war vielleicht besser so. Diese bescheuerten Zivilisten hätten sonst womöglich erstmal die Tür geöffnet, um nachzusehen, und wären dann direkt zum Bullauge gesaugt worden, bevor sie was melden können. Mich informierte leider niemand. Um 6:30 Uhr mache ich sowieso meinen Kontrollgang. Zu diesem Zeitpunkt zog es schon unter der Tür des Lagerraums den Sauerstoff des Flurs nach draußen. Das hätte das Gerät auf dem Flur anzeigen müssen, aber ich fand, dass jemand es von Hand ausgeschaltet hatte, wohl weil ihn das Tuten störte. Bisher hat sich der Idiot aber noch nicht gemeldet, der das verbockt hat."
"Und was haben Sie getan?"
"Telefonat auf Brücke. Dort war jedoch Kaffeepause. Man brüllte mir ins Ohr, bei diesem Lärm könne sowieso keiner arbeiten. - Welcher Lärm? - Alarm in Lagerraum S. - Ja, da steh ich gerade. Zwei Mann her, aber dalli! - Hä?"
"Ist doch schön, so zu sterben. Bis zuletzt trinkt man in Ruhe seinen Kaffee und sieht es gar nicht kommen."
"Scheiße, wir hätten sterben können! Das bescheuerte Bullauge wurde komplett abgerissen und schrammte dabei einen der Treibstofftanks."
"Aufregend."
"Sie haben Nerven!"
"Na, die Tatsache, dass Sie telefonieren können, spricht dafür, dass das Schiff und Sie sich bester Gesundheit erfreuen."
"Das Gruselige ist, dass das Bullauge genau die Stelle traf, die ich neulich bei einer Reparatur verstärkt hatte."
"Was für eine beeindruckende Treffergenauigkeit."
"Verstehen Sie nicht? Ich hätte uns beinahe alle umgebracht!"
"Sie?? Das Bullauge war reif, das wäre sowieso rausgefallen."
"Ich hätte aber Klebstoff in den Riss spritzen können, solange ich auf Genehmigung zum Austausch warte! Mensch Landwehr, ich fühle mich total scheiße!"
"Und was ist mit den Nasen, die in Ruhe ihren Kaffee trinken, während die Leuchtorgel im Cockpit den Weltuntergangstango spielt?"
"Das sind Zivilisten, von denen kann man nicht erwarten..."
"Tun Sie nicht so als seien Sie die einzige Erwachsene in einem Kindergarten. Sie haben übrigens Ihre Geschichte nicht zu Ende erzählt. Was geschah, nachdem Sie auf der Brücke angerufen hatten?"
"Na, der Rest ist aus dem Lehrbuch. Zwei Leute gehen rein, einer bleibt draußen. Durch das Bullauge in der Tür hatten wir ja schon gesehen, welche Ersatzteile wir brauchten und die setzten wir dann ein, fertig. Ohne Erlaubnis zum Austauschen."
"Und wie kam die Presse an die Geschichte?"
"Muss einer der Passagiere gewesen sein, dem an seinem Leben was liegt. Bis wir raus kamen, hatten sich schon einige Reisende draußen versammelt. Ich sag doch, die haben ein Gespür entwickelt. Obwohl ich ihnen einschärfte, es sei nur eine Routinereparatur gewesen, bemerkte doch einer, dass das Alarmgerät an der Wand ausgeschaltet war und wir uns für eine Routinereparatur reichlich hektisch benommen hatten."
"Sie und hektisch?"
"Ich nicht, aber der Typ, der draußen im Flur Schmiere stand, betete wohl die ganze Zeit: 'Jesus, Maria, alle Heiligen, bitte lasst mich überleben, bitte lasst mich überleben...' Und wieder von vorne."
"Das ist tatsächlich eine ungewöhnliche Kommentierung einer Routinereparatur, haha. Und wie machte nun der Kapitän sich hier zum Helden? Er taucht in Ihrer Erzählung gar nirgends auf."
"Er war ja auch gar nicht dabei. Morgens vor 10 hat den noch keiner auf der Brücke gesehen. Um 7:30 Uhr saß das Bullauge wieder, das neue. Danach begab ich mich nach draußen, um mir eventuelle Schäden anzusehen. Daher weiß ich so genau, wo das Bullauge die Außenhaut gestreift hat. Um 8:30 Uhr war ich zurück. Da es sich bei dem leergepumpten Raum nur um ein Lager handelte, hatte ich eine kleine Athmosphärenflasche reingestellt, die sich allmählich entleerte. Um 8:30 holte ich sie wieder raus und ließ die Tür des Lagerraums offen, damit er sich der Athmosphäre des Flurs anpasste."
"Ja, und wo gibt es nun hier die Heldentat?"
"Es ist zu lächerlich. Der Käptn tauchte irgendwann nach 10 auf, als alles schon vorbei war und alle Werkzeuge längst wieder im Schrank hingen, alle Protokolle geschrieben. Und dieser Kerl, der weder Tod noch Teufel fürchtet, fing an zu phantasieren von Mikroben aus dem Weltall. Ich lachte erst, was er mir übel nahm. Er wollte mir weiß machen, es könnten Mikroben ins Schiff eingedrungen sein, die uns nun töten würden. Um ihn zu beruhigen, verwies ich ihn auf ein Testgerät, das ich irgendwo bei der Inventur gefunden hatte. Ich musste es ihm sofort holen, und zwar im Laufschritt. Dann zog er sich einen Raumanzug an - wusste natürlich nicht, wie man sowas anlegt, ist klar - und stürzte in den Lagerraum, um ihn auf Weltraummikroben zu prüfen. Sagen Sie mal, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem explodierenden Raum, der komplett leer gesaugt wurde, weit entfernt von jeglichem Planeten Weltraummikroben..."
"Durchaus möglich."
"Blöder Scherz!"
"Kann sein, alles kann sein."
"Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit?"
"Sehr gering. Eins zu einer Million. Es gibt sogar Experten, die behaupten, es gäbe keine Weltraummikroben, sondern einfach nur giftigen Staub."
"Auch nicht besser."
"Und? Hat das Gerät angesprochen?"
"Ja, das hat es!" brüllte Luisa. "Verdammte Scheiße, das blöde olle Gerät, dessen Garantiezeit seit zwanzig Jahren abgelaufen war, verursachte einen Alarm! Können Sie sich das vorstellen? Ich konnte doch jetzt dem Kapitän nichts von einem Fehlalarm sagen und wie ungenau diese Messgeräte seien. Ich will doch in Zukunft vielleicht irgendwann noch ernst genommen werden von ihm!"
"Kann mir Ihren Zwiespalt gut vorstellen."
"Wir mussten also den gesamten scheiß Raum und den angrenzenden Flur desinfizieren. In den angrenzenden Räumen und Fluren schlug das Gerät zum Glück nicht an. Aber ich musste mir eine lange Standpauke anhören über meinen Leichtsinn. Ich habe Weltraummikroben ins Lager reingelassen und dann auch noch in den Rest des Schiffs. Dabei hätte ich als Sicherheitsingenieurin doch wissen müssen... blablabla. Kurz und gut, ich wurde wegen Gefährdung des Schiffes abgemahnt. Noch so n Ding und ich verliere meinen Job."
"Und über die defekte Dichtung haben Sie gar nicht gesprochen?"
"Ich fürchte, der Versuch hätte zu einer zweiten Abmahnung geführt. Ich hielt es für diplomatischer, nichts mehr zu sagen, sondern die Hacken zusammen zu schlagen, den Blick zu senken und wie ein geprügelter Hund davon zu schleichen."
"Ja, sowas mögen solche Chefs."
"Aber aus seiner Sicht hat er ja Recht. Ich hätte durchaus das Lager prüfen müssen, bevor ich die Tür offen stehen lasse."
"Und warum haben Sie es vergessen?"
"Warum, warum? Hängt denn hier alles nur an mir?"
"Nee, der Kapitän hat ja für Sie mitgedacht."
"Glauben Sie nicht, dass mir das egal ist. Ich mache sehr ungern Fehler."
"Weltraummikroben, hm. Das Fenster zum All stand eine Stunde lang offen. Möglich wär´s. Kann aber auch sein, dass er etwas anderes gemessen hat. Etwas, das an den Schuhkartons geklebt hatte. Haben Sie die Waren geprüft?"
"Landwehr, Sie sind ein Schatz! Natürlich, das ist die viel wahrscheinlichere Erklärung! Ich gehe gleich los. Falls da was ist, muss der Lagerverwalter dringend in Quarantäne."
"Und Sie wären fein raus, weil die Mikroben nicht Ihre Errungenschaft sind."
"Fahrlässig war ich trotzdem."
"Selbstkritik ist vorbildlich, aber ungesund. Messen Sie mal schön."
"Blöd ist nur, dass das Messgerät noch beim Kapitän ist. Er trägt es Tag und Nacht bei sich, sein neues Spielzeug."
"Sie machen das schon!"
Neulich erst habe ich über den Daumen gepeilt, dass man als Autor im Selbstverlag Marketingkosten von 20€ pro verkauftem Buch hat. Bei einem Verkaufspreis von 12-20€ ist das nicht effizient, einzelne Bücher vertreiben zu wollen.
Nun bin ich aber darauf aufmerksam geworden, dass sich in den USA die "Indie authors" für ihr Marketing zusammen schließen. Indie-Autoren sind selbstverlegende Autoren. Und gemeinsam können sie natürlich viel besser ihre Bücher verkaufen. Ich habe ein paar URLs zu diesem Thema recherchiert:
http://www.indieauthorland.com/
http://www.indieauthornetwork.com/
http://www.indieauthornews.com/
Blogs für Indie-Autoren
Buchempfehlungen erfolgreicher Indie-Bücher
Haben wir so etwas in Deutschland auch schon? Wenn nein: Warum nicht?!
"Lange nicht gehört, Luisa."
"Hm, ja, wir haben alle Hände voll zu tun, um dem allmählichen Zerfall des Schiffes hinterher zu hetzen."
"'Wir'? Heißt das, Sie haben inzwischen ein Reparaturteam?"
"Ha, von wegen! Ich habe mir nur angewöhnt, von mir im Plural zu sprechen, um die Passagiere zu beruhigen. Irgendwie hat sich herumgesprochen, dass das Schiff morsch ist und ich seine Sicherheit verantworte."
"Der Zustand des Schiffes sollte eigentlich top secret sein, insbesondere wenn er schlecht ist. Meinen Sie, da hat jemand geplaudert oder haben die Passagiere ein gutes Gespür?"
"Gespür. Der Großtteil der Besatzung weiß nicht, wie es um uns steht, und sie wollen es vermutlich auch nicht wissen."
"Und Ihr Käptn?"
"Bekommt wöchentlich einen Bericht mit Status rot."
"Und?"
"Reagiert nicht drauf."
"Sie wissen ja..."
"... dass Berichte oft nicht gelesen werden. Ich weiß. Darum ersuche ich regelmäßig um einen Termin, bei dem ich die dringendsten Punkte ansprechen und Budget für Reparaturen beantragen kann. Ich allein kann nur das tun, was ich mit meinen zwei Händen innerhalb der Arbeitszeit schaffen kann. Also, ich meine die 80 Stunden, die mir zur Verfügung stehen."
"Und was machen Sie mit dem Rest des Tages?"
"Verplempern, Chef. Warum soll ich die einzige sein, die ihre letzten Lebenstage rein mit Arbeit verbringt?"
"Auch wieder wahr. Und was meint der Kapitän? Immer noch lebensmüde?"
"Alle drei Wochen geruht er mich zu empfangen, ansonsten ist er 'zu beschäftigt'. Ich darf mir dann anhören, dass mein Genörgel ihn langweilt und er mir den Status rot sowieso nicht mehr glaubt. Schließlich berichte das schon seit Monaten und es ist immer noch nichts passiert. Natürlich sagte ich ihm, dass wenn erstmal etwas passiert, uns nicht mal mehr die Zeit bleiben wird, um 'Hoppla!' zu rufen geschweige denn Reparaturen durchzuführen."
"Und was sagen lebensmüde Zivilisten in einem solchen Fall?"
"Solche Wörter gehören nicht zu meinem Wortschatz."
"Und die wären?"
"'Alte Jungfer' ist noch einer der harmloseren Begriffe. Also persönliche Beleidigungen."
"Führen Sie Buch darüber?"
"Hm, also wenn ich das täte, würde ich es nicht in einem aufgezeichneten Telefongespräch aufgezeichnet wissen."
"Vielleicht gerade doch? Es macht Druck."
"Echt? Noch jemandem außer mir?"
"Vielleicht sollte mal etwas passieren. Nur ein kleiner Unfall, der aber spektakulär ausfällt und zum Nachdenken anregt. Oder Sie provozieren einen Aufstand er Passagiere."
"Wird genauso geahndet wie eine Meuterei der Besatzung anzustiften. Ich habe schon im Gesetzbuch nachgelesen."
"Seltsam, wie der Mensch sich an alles gewöhnen kann, einschließlich hochgradiger Lebensgefahr."
"Einige Bullaugen sind undicht. Der ständige Verlust an Sauerstoff ist irreversibel und unsere Reise lang. Wenn nun einer der Lagerräume plötzlich einen Unfall hätte, die brüchige Dichtung plötzlich reißen würde... Sie ist mindestens hundert Jahre alt, hätte schon vor Jahrzehnten erneuert werden müssen. Es wäre ein glücklicher Zufall, wenn zu diesem Zeitpunkt der Lagerraum leer wäre wegen Großputz oder Inventur, damit wir keine Lebensmittel oder Werkzeuge verlieren. Aber wenn dann so ein Bullauge raus ins Weltall geschleudert wird, die Zwischentür zum Gang sich nach außen biegt, die Warnlampen blinken und Sirenen los heulen, dann wird das mehr Aufmerksamkeit erregen als mein dreiwöchentliches Gejammere und Geheule beim Käptn. Ich denke, die Lagerraumtüren würden stand halten, sind genau dafür ja ausgelegt. Und frisch von mir gewartet."
"Riskant aber vermutlich wirkungsvoll."
"Der Lagerverwalter erwähnte neulich eine Inventur. Er glaubt, dass in der Socken- und Schuhe-Abteilung eventuell bisher falsch abgerechnet wurde. Ist nur ein recht kleiner Lagerraum mit einer stabilen Tür und einem der miesesten Bullaugen von allen. Falls es eines rausschlägt, dann vermutlich dieses."
"Ganz schön tollkühn, aber ich traue es Ihnen zu."
"Wir haben an Bord einen Oberst im Ruhestand. Mit dem bin ich nicht nur auf gleicher Wellenlänge, sondern er speist auch am Kapitänstisch. Ich denke, ich sollte mit ihm reden, bevor es hier einen Unfall gibt."
"Vielleicht kann er ihnen verhindern."
"Eher nicht, aber... naja, Taktik... Echt, Landwehr, ich weiß nicht mehr, was ich sonst noch tun kann. Fakten interessieren diese Suffnase von Kapitän nicht."
"Sie wissen doch, dass die Forschung herausgefunden hat: Fakten sind den Menschen zu abstrakt, sie sagen ihnen gar nichts. Außer sie gingen bei mir in die Lehre."
"Ich habe dem Kapitän genug von Unfällen erzählt und Präzenzfällen, aber leider ist ihm alles egal. Die meiste Zeit ist er nicht mal ansprechbar."
"Wenn ein Kapitän sein Amt nicht erfüllt, kann man ihn absetzen. Genau dafür gibt es eine kompetente Führungsriege."
Luisa lachte. "Landwehr, das ist hier ein ziviles Schiff. Hier gibt es nur einen, der die Kompetenz als Kapitän hat."
"Gibt´s dafür nicht auch Fernkurse? Und was ist mit dem Oberst?"
"Beides positiv. Aber mir das zu heiß. Bin hier eine Außenseiterin und das ist noch gelinde formuliert."
"Feige Sau!"
"Ich hab die Wahl zwischen zwei Todesarten."
"Tod durch Feigheit..."
"Lassen Sie´s gut sein. Ich versuche es erstmal noch auf die diplomatische Tour."
Nun war es Landwehr der lachte. "Eine Explosion nennen Sie eine sanfte Tour?"
"Vergleichsweise."
"Na, ist Ihr Leben. Wollen Sie noch was Wichtiges sagen? Dies könnte unser letztes Telefonat sein."
"Das kann es immer. Ich wünsche Ihnen weiterhin nen guten Fluch."
"Haha, der alte Witz. Hatte ich schon fast vergessen. Dann mal auch nen guten Fluch! Und passen Sie gut auf sich auf!"
Momentan habe ich eine Jan Weiler Phase. Die meisten Komödianten und Satiriker toben sich ja unterhalb der Gürtellinie aus, aber Jan Weiler vertritt den feinsinnigen Humor, bei dem es um Menschen und deren Beziehungen geht.
Ich kenne schon "Maria, ihm schmeckt´s nicht!", "Mein neues Leben als Mensch" sowie die Trilogie über Uwe Hellstig. Habe eben den letzten Teil als Hörspiel gehört.
Uwe Hellstig ruft seine Ex-Freundin Sabine an. Er sitzt nämlich nach seinem Schiffsbruch "voll weit weg" auf einer Insel fest. Er weiß nur zwei Telefonnummern auswendig, nämlich die vom Büro und die von Sabine. Im Büro haben sie ihm mitgeteilt, er sei doch tot, und legten schnell wieder auf. Aber Sabine lässt ihn nicht hängen.
Sie findet auf der Insel einen geläuterten, neuen Uwe vor, der verstanden hat, dass wenn man nur ein Fischernetz bzw. Leben hat, man dieses nicht ungeduldig zerstören darf, sondern geduldig flicken muss. Das möchte er nun auch tun.
Allerdings explodieren seine guten Vorsätze bereits im Flugzeug, wo er den Passagier in der Reihe vor ihm in einem fort beleidigt, weil dieser ihm auf den Keks geht. "Wie soll ich mich ändern, wenn die Welt sich nicht ändern?" brüllt er. Und Sabine lässt sich einen anderen Sitzplatz geben.
Als nächstes höre ich "Gibt es einen Fußballgott?" Passend zur aktuellen Lage der Nation. :-)
Der Lacher des Tages ist dieser: In einem LinkedIn-Autoren-Forum fragte jemand, wie man mit schlechten Kritiken zum eigenen Buch umgehen solle. Adrian Vance empfahl zynisch, dann sofort Selbstmord zu begehen. Auf diese Weise würden durch Selektion nur die wirklich guten Autoren übrig bleiben und der Markt übersichtlicher. *lol*
Ja, genau. Nur ein Buch, das alle gut finden, ist ein gutes Buch. Schließlich sind alle Leser/innen gleich.
Diese Diskussion passt zu einer anderen, die neulich eben nicht stattfand. Jemand, dessen Name ich nicht nennen werde, schrieb einen launigen Blogartikel über etwas, das "im Lehrbuch steht". Ich war da anderer Meinung und sagte das auch. Daraufhin wurde ich gleich gesetzt mit Spinnern, die glauben, die Ufos seien schon längst auf der Erde gelandet. Es hieß, dass Querulanten wie ich jegliche Diskussion unmöglich machen und mann verließ daraufhin unter Protest diese LinkedIn-Gruppe. Hups??
Mir wurde dadurch mal wieder bewusst, dass wir Wissenschaftler durch unseren Job doch sehr gut lernen, mit Kritik umzugehen. Kritik ist Teil des Wahrheitsfindungsprozesses und Teil der Qualitätssicherung. Das gesamte wissenschaftliche System funktioniert so, dass jeder Forscher die Ergebnisse der anderen kritisch bewertet. Natürlich spielt Konkurrenz hier auch eine motivierende Rolle. Aber das Ergebnis ist doch, dass diese gegenseitige Kontrolle dazu führt, dass sich die meisten ungültigen Forschungsergebnisse gar nicht erst verbreiten können, dass Forscher durch strenge Rückmeldungen das nachvollziehbare, transparente und richtige Arbeiten lernen und so die Wahrheit gefunden wird, soweit es menschenmöglich ist.
Wenn man Kritik in diesem Sinne auffasst, dann kann man sie für die eigene Weiterentwicklung nutzen. Selbst wenn sie gelegentlich destruktiv und persönlich beleidigend formuliert ist. Man muss dazu bereit sein, sich ständig selbst kritisch zu hinterfragen, zu seinen Schwächen zu stehen und sich ständig verbessern zu wollen. Wenn Perfektion das Ziel ist, ist jede Kritik hilfreich. Diese Größe muss man sich allerdings bereits als Jungforscher aneignen. Ich bilde mir auch ein, dass noch niemand ein großer Forscher wurde, der diese Stärke nicht besaß. Man wird ja schließlich nicht als perfekter Wissenschaftler oder perfekter Schriftsteller geboren, sondernn muss die nötigen Fähigkeiten erlernen.
Ich empfinde es auch als leichter und harmonischer, von den Vorbildern zu lernen und sich ständig zu verbessern, als ständig irgendwelche Rechtfertigungen und Rückangriffe an den Haaren herbei zu zerren. Forscher (und Schriftsteller!), die letzteres tun, wirken ständig erschöpft und hektisch.
Verschwörungstheorien und Verletzlichkeit schädigen die eigene Arbeit und verhindern die Integration in die Scientific Community. Manchem mag ja die Rolle als missverstandenem Genie gut gefallen, aber Erfolg funktioniert anders. Und so viele missverstandene Genies gibt es gar nicht. Ich setze immer noch auf ordentliche Arbeit, die auch dem Genie gut zu Gesichte steht. Eine saubere Form ist ein wunderbares Gefäß und die richtige Präsentationsform für geniale Inhalte.
Guten Morgen Welt! Hier der tägliche Stuhlgangbericht: Nichts Außergewöhnliches entdeckt. (Gut, ich habe nicht sehr gründlich gesucht, reine Sichtprüfung musste genügen.) Die Verstopfung der letzten Tage hat sich natürlich aufgelöst.
Heute gehe ich wandern. Ich erwarte positiven Effekt auf eventuell noch vorhandene Seilreste im Sinne von Stimulation der Abwärts- und Auswärtsbewegung. Bin aber nicht mehr so sicher, ob ich noch etwas erwarte. Ich erinnere mich dunkel, vor zwei Wochen schonmal eine Anomalität wahrgenommen zu haben. Dachte damalsohne weitere Prüfung, ich hätte ein Haar verschluckt, was bei langhaarigen Amazonen durchaus passieren kann. Kürzere Kordelstücke sind sicher ausscheidbar, ohne dass sie im Protokoll auftauchen.
Memo an die Abteilung Materialprüfung: Es dauert so ziemlich genau 35 Jahre, bis sich eine Kunststoffkordel im Darm in ausscheidbare Einzelteile auflöst. Wir können den Langzeittest (des Darms/ der Kordel?) nun beenden.
Ansonsten: Man darf dieses Leben nicht zu ernst nehmen, sonst lebt man ständig in Gefahr, wahnsinnig zu werden. Zynismus ist die Lösung.
Ich bin dann mal weg... Schalten Sie auch morgen wieder den täglichen Stuhlgangbericht ein und erwarten Sie aufregende Neuigkeiten!
Oh, mein Gott, ich werde verrückt! Eben war in meinem Kot... eine lange weiße Schnur! Nein, kein Bandwurm. Eher so wie die Fransen meines Teppichs, nur dass die kurz und dünn sind, dieses Ding aber hatte etwa 15 Zentimeter Länge und war mehrfach umeinander gewunden. Ich habe sogar daran gezogen, um sicher zu stellen, dass ich nicht halluziniere. Völlig robust, das Seil. Hilfe, wo kann so etwas her kommen? Was habe ich die letzten Tage gegessen? Ich koche ja meistens selbst und es kann doch im Essen nur drin sein, was ich hinein getan habe. Bei mir wird das Essen auf dem Teller in handliche Bissen zerlegt. Da kann einem so ein Seil doch nicht entgehen!Die letzten Male als ich im Restaurant aß, da war es ein Salat und das andere Mal Bratkartoffeln, Fleisch und Gemüse. In was für einer Art von Mahlzeit kann sich so etwas überhaupt verstecken??? Eintopf aus der Konserve? Tiefkühllasagne? Aber auch die schluckt man nicht in großen Stücken. Mir sieht diese Kordel eher wie etwas aus, das sich ein Kleinkind gedankenloren in den Mund steckt und nachher nicht mehr heraus bekommt. Und dann vor lauter Ratlosigkeit einfach herunter schluckt. Oder eine Grundschulwette, an die ich mich nicht mehr erinnere? Steckte dieses Gerümpel seit über 30 Jahren in mir? Ich las mal irgendwo, dass unser Darm Falten und Ausbuchtungen hat, in denen man noch beim Erwachsenen Reste von Muttermilch finden kann. Da wird also wohl nie richtig aufgeräumt, vor lauter Dauerbetrieb. Kann eine Kunstfaserkordel in einem Darm Jahrzehnte überdauern? Vermutlich schon. Hilfe, und was kommt als nächstes? Ein Schlumpf? Ein Radiergummi? Eine Handvoll Nägel? Ich glaube, ich muss jetzt was für meine Verdauung trinken...
PS: Ich glaube immer mehr an Feng Shui. Momentan bin ich nämlich hier mitten im Großputz und reinige alles ganz gründlich durch. Scheint so als würde mein Körper dies nun imitieren. Mein Geist ja sowieso. Ich schreibe gerade im anderen Fenster ein Buch über Opfer und Täter. Ich glaub, dabei reißt auch die eine oder andere Fessel...
PSS (mehrere Stunden später): Oh, ich erinnere mich dunkel daran, dass meine Mutter mal eine Kordel suchte. Unsere Sofakissen hatten diese hellgrünen flauschigen Kordeln rundherum. Und ein Kissen war plötzlich ohne. Ich glaube, ich amüsierte mich sehr, dass ich die Schnur so gut versteckt hatte, dass meine Mutter sie nicht finden konnte. Mir schwant Schlimmes. Wenn es das ist was ich glaube, dann fehlen noch ein paar Zentimeter zum halben Meter. Puh! Die Kordel ist inzwischen natürlich nicht mehr flauschig und auch nicht mehr grün, aber im Prinzip könnte es dieselbe sein. Ich warte also darauf, dass der Rest sein Versteck auch noch verlässt... Habe heute fast nichts mehr gegessen, aber jetzt treibt mich doch der Hunger in die Küche.
noch ein Nachtrag: Ja, natürlich merkt man, wenn man ein Seil im Darm trägt. Ich war auch immer wieder beim Arzt, bei mehreren Ärzten, aber sie haben mich alle als Hypochonderin wieder heim geschickt und sich geweigert, mich zu untersuchen. Die Beschwerden waren ja auch tatsächlich ziemlich unspezifisch: leichte Krämpfe, Schmerzen, leichte Entzündungen, Stuhlgang von der Dicke eines Beistifts, Blähungen, naja, sowas halt. Ich dachte, ich habe vielleicht einen Darmtumor. Gemessen daran ist eine Kordel doch recht harmlos. Wächst nicht und bildet keine Metastasen. Ich werde aber auch jetzt nicht zum Arzt gehen. Ich habe das Corpus Delicti leider runtergespült. Und wenn ich zum Arzt ginge, würde der mir was von Pflanzenfasern erzählen, die der Darm eben nicht vollständig verdaut. Oder ähnlichen Mist. Die sind um eine blöde Erklärung nie verlegen. Aber ich weiß, was ich da in Händen gehalten habe!!Ich bin auch recht sicher, dass da noch etwas drin steckt. Habe so verräterische Krämpfe, die Symptome sind noch nicht weg.
Das Leben schreibt die besten Parodien. Eben fischte ich aus meinem Briefkasten eine Werbung des freundlichen Abschleppdienstes von nebenan. Sie bieten rund um die Uhr den kostenlosen Service, alle störenden Fahrzeuge von meinem Grundstück zu entfernen. Die Kosten trägt der Falschparker. Sie schleppen - völlig legal - den Übeltäter ab und übernehmen alle Verwaltungsaufgaben, die damit verbunden sind.
Das Witzige ist, dass sie damit ja tatsächlich ihren Umsatz steigern werden. Wir sind hier nun alle richtig informiert und wissen, an wen wir uns zu wenden haben.
Von den Herren Abschleppdienst kann ich noch einiges lernen, was Marketing angeht. Ich werde mal überlegen, wie ich das auf mein Geschäft übertragen kann... Und auf wen ich mein Honorar abwälzen kann, um meine Auftraggeber zu entlasten.
Ich bin zur Spammerin geworden. Ich halte tatsächlich ein recht hohes Tempo durch und sende wirklich JEDEN Tag irgendetwas in die Welt hinaus: eine Kurzgeschichte an eine Zeitschrift, einen Artikel an eine Zeitung, ein Romanexposé an einen Verlag, eine Bewerbung für ein Projekt oder ein Kursangebot an einen Multiplikator. Was ich morgen rausschicke, weiß ich auch schon (noch ne Kursidee). Und nächste Woche gibt es einen Projektantrag. Für heute ist aber Schluss. Ich musste früh raus, was ja Frau Home Office gar nicht mehr gewohnt ist. *gähn*
Auch wenn ich es mir gerade gar nicht leisten kann, plane ich un voyage à Paris. Die Nomadin fühlt den Drang, alle Orte, an denen sie früher schonmal ihre Zelte aufgeschlagen hatte, regelmäßig wieder aufzusuchen. Heimweh à la nomade. Paris war schon länger nicht mehr dran.
Überhaupt muss ich reisen, wenn ich es mir gerade finanziell nicht leisten kann, denn dann kann ich es mir zeitlich leisten. Zu den Vielverdiener-Zeiten bleibt vor lauter 70-Stunden-Wochen keine Luft für Urlaube oder auch nur einzelne freie Tage.
Mich traf ein wenig der Schlag, als ich eben Zugverbindungen heraussuchte. Im positiven Sinne. Mit dem ICE oder TGV nach Paris zu fahren ist fast so schnell wie Fliegen, die vielen Flughafenwartezeiten eingerechnet, ist es genauso schnell. Insbesondere der TGV (sorry, Deutsche Bahn), der beschleunigt wie ein Flugzeug und in dem genauso bei Höchstgeschwindigkeit Unterdruck herrscht, so dass man sich wie in einem Flugzeug FÜHLT. Naja, für mich eher nicht so erstrebenswert, aber spacig. Ah, der technische Fortschritt! Alles geht heutzutage plus vite! Da kann ich nachts noch zu Hause schlafen und zum Frühstück (petit déjeuner) in Paris mes amis treffen. Und abends nach der Shoppingtour nach Hause zurückkehren. Ohne Scherz. Die Fahrt ist kaum teurer als die Hotelübernachtung. Ich müsste nur auf "Paris bei Nacht" verzichten. Mais non!