Donnerstag, 2. Januar 2014

Feng Shui und Zeitmanagement

Momentan mache ich ein Feng Shui Experiment.
Viel wichtiger als die richtigen Wohnungsecken mit den richtigen Holzenten und Seidenblumen zu dekorieren, finde ich es, das grundlegende Prinzip des Feng Shui anzuwenden: Das Äußere spiegelt das Innere, aber es beeinflusst es auch. Ich habe schon geniale Erfolge damit erzielt, in meiner physischen Umwelt, die ich ganz allein kontrolliere, schlichte Änderungen durchzuführen, die sich tatsächlich dann auf das Innere auswirkten. Besser als jede mühsame Therapie, in der man erst die Kindheit aufwühlen muss bis hin zum Geburtstrauma, alles rationalisieren und sich überlegen, auf welche Weise und mit welchen brutalen Mitteln man das eigene Denken umprogrammieren könnte mit Belohnung und Strafe. Das ist nicht nur umständlich und schmerzhaft, sich selbst als Deppen zu sehen, der sein Leben lang falsch geticket hat. Es funktioniert ja auch nie. Gerade diejenigen, die so großspurig behaupten, sie hätten irgendetwas Bestimmtes gelernt, können ihre erlernte Rolle ja doch nur unter Idealbedingungen spielen. Sobald ein wenig Druck aufkommt, fallen sie in ihr altes, gewohntes Muster zurück, das eben nach wie vor ihrem Denken entspricht.

Feng Shui ist viel griffiger und kann buchstäblich Wunder erreichen. Und wenn ich in alte Muster zurück verfalle, sehe ich das sofort an irgendeiner Tasche, die ich mal wieder mitten in eine Türöffnung gestellt habe. Weg damit, Problem gelöst!

Mein neuestes Experiment geht so: Ich habe die schreckliche Angewohnheit, immer zu viel parallel zu machen. Die letzte Zählung ergab wieder mehr als 30 Projekte. Bezahlte Projekte, Schulungen, Ehrenämter. Neulich habe ich nach sechs Jahren Amtszeit (vorübergehend, haha) abtreten müssen. Aber natürlich hatte ich schon anderthalb Jahre vorher ein neues Amt als Ersatz angenommen. Plötzlich beobachtete ich, dass sich bei meiner Voratshaltung in der Küche ein ähnliches Muster abspielt: Noch bevor der Käse leergegessen ist, kaufe ich schon einen neuen. Oft esse ich am Wochenende eben nicht die Lebensmittel, die ich diesen Samstag beim Wocheneinkauf gekauft habe, sondern die vom vorigen Samstag! Ich habe ständig ein wenig Stress in der Küche, um das alte Zeug aufzuessen, das schon lange herum liegt und demnächst schlecht wird. Dieser Stress fühlt sich ähnlich an wie der, den ich bei der Arbeit habe: Projekte liegen lange herum, weil ich ständig den Abgabeterminen (=Verfallsdaten) der Aufgaben nachhetze. Ich fange immer schon Neues an, bevor das Alte abgeschlossen ist, vor lauter Furcht, mir könne die Arbeit ausgehen.

Ich dachte mir, es müsse leichter sein, in meiner Küche diese schlechte Angewohnheit bleiben zu lassen als bei der Arbeit. Denn die meisten meiner Projekte laufen über Monate oder sind Dauerverpflichtungen. Die breche ich nicht einfach ab, das Problem braucht Monate für seine allmähliche Lösung. In der Zwischenzeit könnte ich schonmal in der Küche üben, Lebensmittel ausgehen zu lassen und erst nachzukaufen, nachdem der Vorgänger leer ist. Das müsste doch einfach sein, zumal der nächste Supermarkt gleich gegenüber liegt. Kein Risiko!

Seit ein paar Wochen übe ich also, in meiner Vorratshaltung das Prinzip "Erst leer essen, dann nachkaufen" umzusetzen. Ha! Es ist gruselig. Es gelingt nicht. Irgendwelche inneren Widerstände sträuben sich, jahrzehntelange falsche Angewohnheit mag nicht weichen. Wie in einem inneren Zwang schreibe ich auf meine Einkaufsliste Dinge, die noch nicht leer sind. Gute Gründe finden sich immer: "Ich habe nur noch zwei Eier. Wenn ich am Wochenende backe, dann muss ich von Montag bis Freitag ohne Eier leben." (Ich esse fast keine Eier! Und der Supermarkt liegt wie gesagt gerade gegenüber, hat von 7 bis 22 Uhr geöffnet. Jederzeit verkaufen die mir frische Eier!). Selbst wenn es mir gelingt, gegen allen inneren Widerstand beim Schreiben der Liste brav zu sein, packt mich im Supermarkt irgendein Dämon und zwingt mich dazu, Lebensmittel in den Wagen zu werfen, die ich zu Hause noch habe. Uarg!! Also, solange ich es nicht schaffe, Käse und Eier ausgehen zu lassen und mich panisch davor fürchte, ich könne mal eine Nacht ohne auskommen müssen, solange brauche ich mich nicht zu wundern, wenn sich derselbe Hamsterzwang genauso im Zeitmanagement auswirkt. Ich bin also auf dem richtigen Weg. Beim Vorratsmanagement handelt es sich um kurze Zeitspannen von einigen Tagen und es gibt so gut wie kein Risiko. Ist der Käse aus, öffne ich stattdessen eine meiner eingebunkerten Wurstdosen. Habe ich keine Nudeln mehr, koche ich stattdessen Kartoffeln. Das sollte doch wohl nicht so schwer sein! Auf diesem Feld werde ich also üben. Einerseits werde ich handeln, also anders einkaufen. Und andererseits sollte ich dringend herausfinden, wann und warum diese Hamsterei angefangen hat. Warum und wozu mache ich das überhaupt? Irgendwo muss in meinem Leben etwas schief gelaufen sein. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich während meines Studiums immer genau so viel eingekauft, wie ich in einer Woche esse. Bis zum nächsten Wocheneinkauf war alles leer. Damals funktionierte es also noch! Irgendwann zwischendrin habe ich wohl das Gefühl dafür verloren, was ich brauche, oder auch das Vertrauen, mich selbst genügend versorgen zu können...

Meine Hamsterei verursacht zwar keinen echten Schaden außer ein wenig Hektik im Küchenplan. Aber genau genommen stimmt die Einstellung zum Essen nicht. Meine Vorräte empfinde ich nicht als Schätze, sondern eher als etwas, das ich vernichten, abarbeiten muss. Weil es zu viel ist. Und ähnlich ist es oft auch mit der Arbeit. Wenn ein Projekt erstmal lange genug unverarbeitet herumgammelt, ist es alter, trockener Käse und schmeckt nicht mehr so gut wie frischer Käse. Der Appettit, der mich zum Einkaufen/ Beginnen verlockte, ist inzwischen verflogen. Daher glaube ich, mein Leben würde sich ganz anders anfühlen, wenn ich hier in einen anderen Trott komme. Ich werde dann nicht weniger oder mehr essen, auch nicht mehr oder weniger arbeiten. Aber Dinge würden nicht so lange liegen und ich wäre glücklicher damit, frische Lebensmittel zu essen statt vergammelte.

Überhaupt besteht jedes Problem immer aus zwei Komponenten:
1.) einem konkreten, meist dämlichen Irrtum, dem das Unterbewusstsein unterliegt. Macht man ihn bewusst, verfliegt er meist ziemlich schnell.
2.) einer schlechten Angewohnheit, die sich aus dem Irrtum logisch ergibt. Ist der Irrtum aufgeklärt, kann die schlechte Angewohnheit verliegen, muss sie aber nicht. Gleichzeitig hilft die Arbeit an der Angewohnheit, Widerstände und eben auch den zugrunde liegenden Irrtum aufzudecken.
Wenn ich z.B. in Bezug auf mein Essen glaube, ich könne mich nicht selbst versorgen, dann gilt dies eventuell auch in Bezug auf meine Arbeit und den ganzen Rest des Lebens? Und wenn ich mir beweise, dass ich jederzeit genug Essen herbei schaffen kann, werde ich auch in anderen Bereichen lockerer. Nur weil ich (fast) jederzeit über die Straße gehen und einkaufen kann, bedeutet das natürlich nicht, dass ich auch jederzeit beliebig viele Projekte und beliebig viel Geld herbei schaffen kann. Aber darum geht es gar nicht. Unser Unterbewusstsein ist nicht so schlau, das schert gerne alle Aspekte des Lebens über denselben Kamm.

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