Freitag, 29. Juni 2012

Selbstfindung auf dem Mars

"Und?" fragte Landwehr über Phon. "Was treiben Sie so auf dem Mars?"
"Selbstfindung", antwortete Luisa. "Selbstfindung mit Beschäftigungstherapie."
"Sie sind also arbeitslos?"
Luisa lachte. "Nein, ich habe den einen oder anderen Auftrag, für 8 Stunden am Tag, und es wird sogar ganz gut bezahlt. Aber es bleiben ja - anders als beim Militär - noch 16 Stunden vom Tag zur freien Verfügung übrig. In dieser Zeit kann ich die Füße auf den Tisch legen, nackt in einer Bar tanzen oder Tagebuch schreiben."
"Und was davon tun Sie nun wirklich?"
"Ich bleibe in der Bar immer angezogen."
"Sie haben also in diesen vier Wochen schon sehr viel über sich herausgefunden? Indem Sie einfach nichts Besonderes tun?"
"Genau."
"Vielleicht sollte ich das auch mal versuchen. Ich dachte immer, man müsse raus ins All, an seine eigenen Grenzen, um sich selbst kennen zu lernen. Darf ich so indiskret sein und fragen, was Sie herausgefunden haben über sich selbst?"
"Eigentlich ist es undramatisch. Ich bin ein nettes Mädchen."
"Das haben wir alle doch schon längst gewusst!"
"Ja, aber ich wusste es nicht. Ich glaubte, es sei ein General in mir verborgen."
"Und nun werden Sie heiraten und eine Familie gründen?"
"Manchmal arbeite ich in der Telefonseelsorge für Raumfahrer. Sie freuen sich wie verrückt, wenn sie erfahren, dass ich ihre Probleme aus eigener Erfahrung kenne."
"Und langfristige Ziele?"
"Ich lebe in den Tag hinein, wäge verschiedene Visionen gegeneinander ab. Noch steht mir das ganze Universum offen. Diese Aussicht genieße ich noch ein paar Wochen, bevor ich mich festlege."
"Dann kann man ja gespannt sein. Krasowski hat übrigens nach Ihnen gefragt. Darf ich ihm nette Grüße ausrichten?"
"Hey, Sie wollen mich wohl verkuppeln? Und das mit einem Kerl, der sich mit Überlichtgeschwindigkeit von mir entfernt, in Richtung irgendeiner gammeligen alten Galaxie."
"Dort ist der Bauplatz billig, Schätzchen!"
"Tut mir leid, so ein nettes Mädchen bin ich nicht, dass ich auf die Rückkehr des Matrosen warte."
"Aber grüßen lassen könnten Sie ihn doch. Er würde sich freuen."
"Geben Sie ihm doch die Telefonnummer der Seelsorge."
"Sie sind überhaupt kein nettes Mädchen, Luisa!"
Sie lachte. "Und Sie sind ein schrecklicher Kuppler. Sagen Sie ihm ruhig einen netten Gruß. Aber ohne Zwinkern und Kichern und so! Glauben Sie mir, bei einem Frauenanteil von unter 5% hier auf dem Mars habe ich viele Verehrer. Ich brauche mir nur einen auszusuchen."
"Irgendetwas Brauchbares dabei?"
Sie schnaubte. "Will ich mir etwa gleich die neu gefundene Freiheit wieder vermasseln?"
"Geben nicht wir Männer auch unsere Freiheit auf, wenn wir uns für eine einzige Frau entscheiden?"
"Meistens nicht."
"Na, Sie machen das schon richtig, nettes Mädchen!"

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