Freitag, 11. Mai 2012

endlich schwindelfrei

"Gut, dass ich Sie noch treffe, Luisa", sagte Landwehr. "Ich wollte Ihnen noch alles Gute wünschen."
Er reichte ihr die Hand und drückte herzhaft zu. "Schade, dass Sie uns verlassen. Sie haben sich prima geschlagen - für ein Mädchen."
Luisa strich sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. "Eben, das ist es ja. Obwohl mir dieser ganze Umgangston nicht liegt, habe ich mich trotzdem tapfer geschlagen - auf eure Weise. Ich habe sogar jemanden verletzt, ich habe intrigiert und gelogen. Aber ich habe es ohne Überzeugung getan, es ist nicht meine Art. Ihr müsst ohne mich weiterfliegen und euch bekriegen, Jungs."
Landwehr nickte. "Aber du hast zumindest gezeigt, dass du es drauf hast. Du wirst also nie bereuen müssen, dass du uns verlassen hast."
"Genau." Sie lächelte und hauchte Landwehr ein Küsschen auf die stoppelige Wange. "Danke, dass Sie mir immer Ihre ungeschminkte Wahrheit gesagt haben. Ich weiß, die anderen ticken nicht anders als Sie. Und ich wusste, woran ich bin. Das hat mir bei meiner Entscheidung sehr geholfen!"
"Viel Glück als Künstlerin!"
Luisa schulterte ihren Seesack und stieg die Metalltreppe hinab auf den Mars. Dabei klammerte sie sich mit einer Hand am Geländer fest, da sie nicht schwindelfrei war. Ihre Lunge fühlte sich als würde sie zusammengepresst. Dabei herrschte hier im Raumhafen normaler Luftdruck und Sauerstoffgehalt wie auf der Erde.
Luisa blieb auf halber Höhe stehen. Sie hörte die Stimme ihrer Mutter: "Lass das sein, steig nicht da hoch, du wirst herunterfallen!" Und sie wusste, dass sie diese Stimme zum letzten Mal in ihrem Leben hörte. Nie wieder würde jemand neben ihr stehen und ihr solchen Unsinn ins Ohr flüstern. Sie ging jetzt nämlich ihren eigenen Weg!
Es rauschte in ihrem Kopf, die verschwommene Treppe wurde scharf sichtbar. Luisa fühlte den stabilen Stahl unter ihren Füßen, verlässlich und geduldig. Sie spürte bewusst ihre festen Stiefel, ihren trainierten Rücken und eine Hand, die sich unnötig festklammerte. Sie ließ los. Sie atmete tief ein. Es gab nichts, wovor sie sich jetzt noch fürchtete. Gab es irgendeinen Grund aus dem sie auf einer Treppe stürzen sollte? Wie hatte sie das jemals glauben können! Plötzlich war sie schwindelfrei.

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