Donnerstag, 17.07.2008
Ich vergaß das Selbstverständliche zu erwähnen:
Bei Frost und Dürre, bei Sturm und Erdbeben... Ich schreibe.
Leider komme ich nicht dazu, meine Fantasy-Trilogie zu überarbeiten, weil immer noch das Überarbeiten wissenschaftlicher Veröffentlichungen meine diesbezüglichen Ressourcen erschöpft. (A propos erschöpft: Krank war ich ja auch noch.) Aber wie jemand so schön schrieb: Ein Autor ist jemand, der nicht anders kann als zu schreiben.
Tatsächlich nutze ich gerade die Tatsache, dass der Stress nachlässt, dazu, wie in den guten alten Zeiten wieder an jede Mittagspause eine halbe Stunde dranzuhängen, in der ich meinen neusten Roman weiterspinne. Das ist so unglaublich (ent)spannend! Keine falschen Gerüchte: Natürlich arbeite ich diese halbe Stunde abends rein.
Ein wenig unglücklich ist, dass ich gerade zwei neue Romane begonnen habe. Einen psychologischen Märchenroman und einen Fantasy-Roman über meine Berufserfahrungen. Vor Jahren meinte jemand zu mir: "Ich verstehe nicht, warum Du Fantasy schreibst.
Das kann doch jeder. Berichte doch über Deine Berufserfahrungen. Nicht viele Schriftsteller können über dieses Thema erzählen." Meine spontane Antwort war: "Aber das tue ich doch!" Kam zurück: "Nein, tust Du nicht. Du schreibst Fantasy." Zunächst dachte ich, dass ich ja meine Geschichten genauso gut auch in einem realistischen Umfeld spielen lassen kann. Wenn es die Leute interessiert. Ich will ja schließlich Leser glücklich machen. Ich habe auch schon mindestens ein Dutzend
Romanhandlungen entworfen oder erste Kapitel getippt, aber weit bin ich nie gekommen. Gedacht waren diese Geschichten ja als Milieustudien. Aber jedes Mal, wenn ich sie mit den Augen anderer ansah, schnürte es mir den Hals zu vor Panik. Erstens weiß ich ja, dass die Leser grundsätzlich denken, alles worüber mein schreibt, könne wortwörtlich so stattgefunden haben. Und danach suchen sie ja direkt, insbesondere auch, um (meist falsche) Schlussfolgerungen über meine Persönlichkeit und innersten Komplexe/ Probleme/ Perversitäten/ Sonstiges ziehen zu können. Die Welt ist voller Hobbypsychologen. Ich bin oft entsetzt, was für Schlussfolgerungen andere ziehen. Nur ein triviales Beispiel: Ich schrieb eine Science Fiction Kurzgeschichte,
in der ich die Heldin meiner Meinung nach sehr gut dadurch charakterisiert hatte, dass sie jeden Tag zwei Mal eine ganze Stunde in ihrem weiß gekachelten Bad verbringt und dass sie dieses Bad über alles liebt. Ein Bekannter kommentierte diese Kurzgeschichte nicht etwa mit: "Ich finde Deine Message genial", sondern mit: "Ich wusste gar nicht, dass Du so lange im Bad herumtrödelst. Und von weißen Kacheln rate ich Dir ab, die sind auch nur schön, so lange man keine hat." Ähäm. Ich HASSE weiße Fliesen! Die sehen aus wie Krankenhaus. Die Hauptperson meiner Geschichte hat einen Knacks, das wollte ich mit ihrem Badfimmel sagen. Zu spät. Jemand meinte, mal wieder etwas über mich gelernt zu haben. Natürlich passiert das auch bei Fantasy- und Märchenromanen. Da können die wildesten, haarsträubendsten Dinge passieren. Irgendjemand will bestimmt wissen, ob ich das genau so erlebt habe. Natürlich habe ich schon Drachen gejagt, wenn auch nur im übertragenen Sinne. Aber welche Rolle spielt das eigentlich? Lehnt euch doch einfach zurück und genießt die Show!
Aber zweitens würde es mich nicht wundern, dass wenn ich einen Roman schreibe, der tatsächlich in dem Milieu spielt, in dem ich arbeite, gleich mehrere meiner Ex-Chefs und Ex-Chefinnen sich den Schuh anziehen und mich verklagen. Es ist mir leider nie gelungen, irgendetwas zu erfinden, das von der Wirklichkeit weit genug weg ist, dass es überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit real existierenden Geschehnissen hat. Das funktioniert nur in Fantasy, falls überhaupt. Für alle späteren Eventualitäten möchte ich hier auf jeden Fall schon anmerken, dass ich meine Inspirationen
natürlich nicht nur aus meiner persönlichen Erfahrung ziehe, sondern auch aus den Erzählungen von Bekannten und denen, die in Büchern öffentlich zugänglich sind. DeMarco und Lister finde ich zum Beispiel genial, habe aber auch andere Bücher über Mitarbeiter(de)motivation und Management gelesen. Die stecken voller Anekdoten, die mir belegen, dass dieselben Dinge im Berufsleben immer wieder passieren, nur die Namen und die Details ändern sich. Beispielsweise die Farbe des Teppichbodens oder die Währungen. Und diese sich ständig wiederholenden Mechanismen, denen niemand entrinnen kann, die Archetypen, das ist doch der Stoff, aus dem Märchen sind. Einmalige Ausrutscher besonders skurriler Zeitgenossen sind das Thema der Klatschpresse, aber mir geht es die unentrinnbaren Gesetze, die die Welt bewegen. Warum passiert denn derselbe Mist immer wieder? Warum lassen sich manche Katastrophen scheinbar nicht verhindern? Und da die Menschen so gestrickt sind wie sie sind, funktionieren diese Mechanismen natürlich genauso auch in der Fantasy. Und dort ganz besonders, weil in dieser schonungslosen Welt jede Feindschaft und jeder Fehler notwenigerweise tödlich ist und auch ansonsten alles übertrieben deutlich eskaliert. Da kann man in unserer Realität eher unterschwellig ablaufende Mechanismen schön klar diskutieren.
Bei Frost und Dürre, bei Sturm und Erdbeben... Ich schreibe.
Leider komme ich nicht dazu, meine Fantasy-Trilogie zu überarbeiten, weil immer noch das Überarbeiten wissenschaftlicher Veröffentlichungen meine diesbezüglichen Ressourcen erschöpft. (A propos erschöpft: Krank war ich ja auch noch.) Aber wie jemand so schön schrieb: Ein Autor ist jemand, der nicht anders kann als zu schreiben.
Tatsächlich nutze ich gerade die Tatsache, dass der Stress nachlässt, dazu, wie in den guten alten Zeiten wieder an jede Mittagspause eine halbe Stunde dranzuhängen, in der ich meinen neusten Roman weiterspinne. Das ist so unglaublich (ent)spannend! Keine falschen Gerüchte: Natürlich arbeite ich diese halbe Stunde abends rein.
Ein wenig unglücklich ist, dass ich gerade zwei neue Romane begonnen habe. Einen psychologischen Märchenroman und einen Fantasy-Roman über meine Berufserfahrungen. Vor Jahren meinte jemand zu mir: "Ich verstehe nicht, warum Du Fantasy schreibst.
Das kann doch jeder. Berichte doch über Deine Berufserfahrungen. Nicht viele Schriftsteller können über dieses Thema erzählen." Meine spontane Antwort war: "Aber das tue ich doch!" Kam zurück: "Nein, tust Du nicht. Du schreibst Fantasy." Zunächst dachte ich, dass ich ja meine Geschichten genauso gut auch in einem realistischen Umfeld spielen lassen kann. Wenn es die Leute interessiert. Ich will ja schließlich Leser glücklich machen. Ich habe auch schon mindestens ein Dutzend
Romanhandlungen entworfen oder erste Kapitel getippt, aber weit bin ich nie gekommen. Gedacht waren diese Geschichten ja als Milieustudien. Aber jedes Mal, wenn ich sie mit den Augen anderer ansah, schnürte es mir den Hals zu vor Panik. Erstens weiß ich ja, dass die Leser grundsätzlich denken, alles worüber mein schreibt, könne wortwörtlich so stattgefunden haben. Und danach suchen sie ja direkt, insbesondere auch, um (meist falsche) Schlussfolgerungen über meine Persönlichkeit und innersten Komplexe/ Probleme/ Perversitäten/ Sonstiges ziehen zu können. Die Welt ist voller Hobbypsychologen. Ich bin oft entsetzt, was für Schlussfolgerungen andere ziehen. Nur ein triviales Beispiel: Ich schrieb eine Science Fiction Kurzgeschichte,
in der ich die Heldin meiner Meinung nach sehr gut dadurch charakterisiert hatte, dass sie jeden Tag zwei Mal eine ganze Stunde in ihrem weiß gekachelten Bad verbringt und dass sie dieses Bad über alles liebt. Ein Bekannter kommentierte diese Kurzgeschichte nicht etwa mit: "Ich finde Deine Message genial", sondern mit: "Ich wusste gar nicht, dass Du so lange im Bad herumtrödelst. Und von weißen Kacheln rate ich Dir ab, die sind auch nur schön, so lange man keine hat." Ähäm. Ich HASSE weiße Fliesen! Die sehen aus wie Krankenhaus. Die Hauptperson meiner Geschichte hat einen Knacks, das wollte ich mit ihrem Badfimmel sagen. Zu spät. Jemand meinte, mal wieder etwas über mich gelernt zu haben. Natürlich passiert das auch bei Fantasy- und Märchenromanen. Da können die wildesten, haarsträubendsten Dinge passieren. Irgendjemand will bestimmt wissen, ob ich das genau so erlebt habe. Natürlich habe ich schon Drachen gejagt, wenn auch nur im übertragenen Sinne. Aber welche Rolle spielt das eigentlich? Lehnt euch doch einfach zurück und genießt die Show!
Aber zweitens würde es mich nicht wundern, dass wenn ich einen Roman schreibe, der tatsächlich in dem Milieu spielt, in dem ich arbeite, gleich mehrere meiner Ex-Chefs und Ex-Chefinnen sich den Schuh anziehen und mich verklagen. Es ist mir leider nie gelungen, irgendetwas zu erfinden, das von der Wirklichkeit weit genug weg ist, dass es überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit real existierenden Geschehnissen hat. Das funktioniert nur in Fantasy, falls überhaupt. Für alle späteren Eventualitäten möchte ich hier auf jeden Fall schon anmerken, dass ich meine Inspirationen
natürlich nicht nur aus meiner persönlichen Erfahrung ziehe, sondern auch aus den Erzählungen von Bekannten und denen, die in Büchern öffentlich zugänglich sind. DeMarco und Lister finde ich zum Beispiel genial, habe aber auch andere Bücher über Mitarbeiter(de)motivation und Management gelesen. Die stecken voller Anekdoten, die mir belegen, dass dieselben Dinge im Berufsleben immer wieder passieren, nur die Namen und die Details ändern sich. Beispielsweise die Farbe des Teppichbodens oder die Währungen. Und diese sich ständig wiederholenden Mechanismen, denen niemand entrinnen kann, die Archetypen, das ist doch der Stoff, aus dem Märchen sind. Einmalige Ausrutscher besonders skurriler Zeitgenossen sind das Thema der Klatschpresse, aber mir geht es die unentrinnbaren Gesetze, die die Welt bewegen. Warum passiert denn derselbe Mist immer wieder? Warum lassen sich manche Katastrophen scheinbar nicht verhindern? Und da die Menschen so gestrickt sind wie sie sind, funktionieren diese Mechanismen natürlich genauso auch in der Fantasy. Und dort ganz besonders, weil in dieser schonungslosen Welt jede Feindschaft und jeder Fehler notwenigerweise tödlich ist und auch ansonsten alles übertrieben deutlich eskaliert. Da kann man in unserer Realität eher unterschwellig ablaufende Mechanismen schön klar diskutieren.
Geschichten-Manufaktur - 17. Jul, 10:37