Donnerstag, 27. Oktober 2011

Luisas erster Fehler

Luisa stand vor dem Käpt´n und hoffte, der Fußboden würde sich auftun und das Vakuum des Alls würde sie nach draußen saugen.
Der Käpt´n sagte lange nichts, sondern sah sie nur an mit seinen etwas geröteten kleinen Augen.
"Junge Frau", begann er ruhig. "Ich habe Ihnen vertraut. Ich habe Sie für zuverlässig gehalten. Sonst hätte ich Sie nicht für diese Position ausgewählt."
Luisa schlug die Augen nieder und fragte sich, wann das Linoleum der Brückenhalle sich endlich unter ihr auftun würde. Alle Augen waren auf sie gerichtet, denn es handelte sich um das, was Landwehr mit "öffentlichem Auspeitschen" bezeichnete.
"Wie viel Uhr haben wir?" fragte der Käpt´n.
Luisa blickte auf ihre Armbanduhr und antwortete: "8 Uhr und 2 Minuten, Sir."
"Und wann wäre Ihr Dienstbeginn gewesen?"
"8 Uhr, dachte ich", antwortete Luisa kleinlaut. Sie wusste nun, dass das nicht stimmte. Um 7:50 Uhr hatte die Uhr sie geweckt, und da stand schon auf dem Ziffernblatt ihr erster Termin für heute: "Dienstbeginn um 00:00:00 Uhr - überfällig seit 07:50:00".
Zwei Minuten vor 8 hatte sie abgehetzt die Brücke betreten und war sofort dem Kapitän in die Arme gelaufen. Am Funkertisch saß grinsend Erwin. Er hatte heimlich den Schichtplan umgestellt, der Arsch!
"Major Müller", fragte der Kapitän, "wann hätte dieses Fräulein seinen Dienstbeginn gehabt?"
"Um Mitternacht exakt, Sir", kam die triumphierende Antwort. "Um sie zu ersetzen habe ich eine Doppelschicht gefahren, Sir."
"Herzlichen Dank, für Ihren Einsatz, Müller", sagte der Kapitän. "Wenn wir lauter solche Leute hätten wie die junge Dame hier, dann wären wir schon längst in der Weite des Alls verloren gegangen!"
Was sollte sie sagen? Sollte sie Erwin anschmieren? Aber war es nicht ihre Pflicht, regelmäßig den Dienstplan zu prüfen? Hatte nicht ihre Uhr sie informiert? Nur dass sie gestern nach hartem Training bereits um 23 Uhr ins Bett gegangen war und geschlafen hatte wie ein Stein. Darum hatte sie auch die Benachrichtigung um 23:30 Uhr nicht mehr wahrgenommen. Nach militärischen Maßstäben war sie schuld, nicht Erwin.
"Tut mir leid, Sir, ich kann das erklären", sagte sie, noch immer den Fußboden betrachtend.
"Sicher", erwiderte der Kapitän, "das können sie alle. Aber ist es auch eine gute Erklärung? Ist es eine, von der Sie glauben, dass ich sie akzeptieren werde?"
Luisa schüttelte den Kopf. "Der Dienstplan hat sich kurzfristig geändert und ich habe es nicht mitbekommen, Sir. Ich erkenne, dass ich einen Fehler gemacht habe."
"Das ist ja schonmal etwas. Sie werden sich nun bei Müller entschuldigen für Ihre Säumigkeit und ich überlasse es ihm, von Ihnen zu fordern, was er für richtig hält."
"Bitte!" rief sie ängstlich. "Bitte bestrafen Sie mich!"
Der Kapitän blickte verwundert zu Müller hinüber, nahm aber seine Anweisung nicht zurück, sondern scheuchte Luisa winkend fort: "Wegtreten, halten Sie uns nicht von der Arbeit ab. Und dass mir das nicht wieder vorkommt!"

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