Verdächtige
"Hallo? Hören Sie mich?"
"Landwehr hier. Haben Sie noch nie ein Telefon bedient?"
"Tut mir leid. Mein Name ist Marcus Tabor. Ich rufe privat an."
"Ah, der berühmte Marcus. Luisa hat mir von Ihnen erzählt. Wie geht es ihr?"
"Sie kann schon wieder selbständig trinken. Der Arzt sagt, sie wird ihr Augenlicht behalten."
"Prima. Dieses Schiff braucht dringend einen Sicherheitsingenieur, der etwas taugt, sonst sehe ich schwarz für Ihre 2000 Passagiere."
"Deshalb rufe ich an. Wie Sie vielleicht wissen, arbeite ich bei der Bordpolizei. Wir untersuchen den Unfall. Ich bin sicher, dass sie nicht selbst die Flüssigkeiten verwechselt hat. Leider wurde der ganze Laborschrank bei der Explosion zerstört und es lassen sich kaum noch Spuren finden. Ich würde aber meinen Kopf darauf verwetten, dass jemand die falsche Flüssigkeit in die richtige Flasche gefüllt hat."
"Kurze Frage: Darf ich das alles wissen? Sie sagten, Sie rufen privat an."
"Sie wissen von nichts. Die Ermittlungen laufen noch. Ich vertraue Ihnen, weil Luisa Ihnen vertraut."
"Und was sagt Luisa?"
"Leider spricht sie nicht. Sie weint die ganze Zeit."
"Scheiße. Und ich hatte ihr auch noch dazu geraten! Sie können auf meine Unterstützung zählen, so weit das aus zwei Lichtjahren Entfernung möglich ist."
"Danke. Aber wozu hatten Sie ihr geraten?"
"Sich beim Käptn einzuschleimen. Es schien bombastisch gewirkt zu haben, sie hat wohl in letzter Zeit gutes Budget erhalten."
"Das woanders abgezogen wurde."
"Sie hören mich nicken. Haben Sie eine Liste der Verdächtigen?"
"Zwei Listen sogar. Die offizielle und meine eigene. Luisa hatte mir selbst noch erzählt, bei wem das Budget abgezogen worden war, von dem sie profitierte. Ihr eigener Erfolg machte ihr Sorgen."
"Und wer von diesen Führungskräften schreckt vor keinem Mord zurück? Antworten Sie aus dem Bauch heraus."
"Das möchte ich nicht sagen."
"Ist OK. Aber Sie haben einen Verdächtigen?"
"Ja. Ich habe seinen Namen in meinem Tagebuch vermerkt für den Fall, dass auch mir ein Unfall passiert."
"Sehr gut. Ich sehe, Sie sind ein Profi. Und wie kann ich Ihnen helfen?"
"Ohne Details zu verraten: Der Täter oder sein Gehilfe hatte tiefgehende chemische Kenntnisse. Er hat eine Flüssigkeit mit einer gleichfarbigen ausgetauscht und zwar in einer Konzentration, dass die Explosion genau das Labor sprengte, aber nicht das ganze Schiff. Und das ist, wie ich inzwischen recherchiert habe, sehr kitzelig bei diesen Chemikalien. Leicht hätte er zu viel nehmen können. Er muss daher gewusst haben, welche Mischung Luisa herzustellen beabsichtigt. Wer an Bord eines Schiffes hat solche Kenntnisse während seiner Ausbildung erhalten? Sie sind doch Ausbilder."
"Sie müssten auch diejenigen berücksichtigen, die früher mal in einem relevanten Bereich gearbeitet haben oder diejenigen, die schlau genug sind, um zu recherchieren."
"Sie meinen jemanden, der selbst gerne der Sicherheitsingenieur geworden wäre?"
"Zum Beispiel. Es könnte jemand sein, der eine entsprechende Ausbildung hat ohne Abschluss. Oder den Trottel des Käptns. Jeder Chef hat seinen Trottel, der zwar hoch qualifziert ist und jede noch so schwierige Aufgabe kurzfristig erledigt, jede Kastanie mit bloßen Händen aus dem Feuer holt und jede Kuh vom Eis, aber trotzdem vom Chef mit Füßen getreten und öffentlich beleidigt wird. Luisa wird wissen, wen ich meine."
"Aber das ist doch Luisas Rolle!"
"Mancher Chef hat mehrere Trottel. Und jeder Trottel vom Dienst glaubt in seinem Selbstmitleid, den anderen Trotteln erginge es ein wenig besser. Ein wenig zu gut."
"Ich denke bei meinen Verdächtigungen eher an den Kronprinzen, den Typen, der Kapitän würde, wenn unserem Käptn etwas zustößt. Dieser hat nämlich von seinem üppigen Budget abgeben müssen für Luisa."
"Verfolgen Sie alle Spuren. So ein Raumschiff ist ja überschaubar. Zu viele Verdächtige können es nicht sein."
"Haben Sie eine Ahnung, wie es hier zugeht! Wenn der Käptn etwas versteht, dann Unruhe und Neid zu erzeugen durch seine Wankelmütigkeit."
"Und ist der Kronprinz ein Chemiker?"
"Der tut so als könne er alles."
"Prüfen Sie das. Glauben Sie, er könne sich die Hände selbst schmutzig gemacht haben?"
"Schon möglich. Er ist ein fähiger Mann. Nur übersteigen seine Eitelkeit und sein Ehrgeiz immer ein kleines Bisschen seine Fähigkeiten."
"Beobachten Sie auch die Reaktion der Leute auf Luisas Gesundheitszustand. Kaum einen normalen Mörder lässt es kalt, was er angerichtet hat. Oder haben Sie auch Psychopathen an Bord?"
"Doch, sicher. Sie wissen ja, dass 5% der Bevölkerung empathielose Psychopathen sind. Genauso auch auf jedem Raumschiff. Aber da hat der Käptn ein Händchen, die sind hier nicht auf hohen Posten."
"Ha, noch ein Hinweis auf Verdächtige!"
"Die Liste ist lang. Aber wie gesagt wurden alle Spuren bei der Explosion vernichtet. Wir können nicht mal prüfen, ob wirklich die falsche Flüssigkeit in der Flasche war, die Luisa verwendete. Man munkelt, Luisa sei überarbeitet gewesen und habe darum zur falschen Flasche gegriffen."
"Verfolgen Sie die Spur dieses Gerüchts!"
"Bin schon dabei. Die Spur führt in die Küche zu Luisas spezieller Freundin Finja. Nicht sehr hilfreich."
"Putzfrauen", warf Landwehr ein. "Wir dürfen nicht nur die Karrieretypen verdächtigen. Vielleicht steckt ganz normaler Zickenterror dahinter, der eskaliert ist? Putzfrauen kennen sich mit Chemikalien auch aus. Die Qualifikation einer Bord-Putzfrau ist höher als auf der Erde, das müssen Sie bedenken."
"Wow, da sagen Sie zum ersten Mal etwas, auf das ich selbst nicht gekommen bin. Die Liste der Verdächtigen wird immer länger."
"Putzfrauen haben auch Schlüssel zum Labor."
"Nicht zu diesem. Das hat Luisa sichergestellt. Dort wird nur unter ihrer Aufsicht geputzt."
"Aber bevor sie aufs Schiff kam, hatten eben doch Putzfrauen einen Schlüssel für diesen Raum. Und der Vorgänger. Prüfen Sie die Schlüsselverwaltung! Achten Sie auch auf verlorene und gestohlene Schlüssel."
"Werde ich! Ich kippe das in die offiziellen Ermittlungen ein, dann habe ich in wenigen Stunden nähere Informationen."
"Tun Sie das. Und richten Sie Luisa von mir Grüße aus. Sie soll sich schnell erholen und ihrem Mörder die Eier abreißen!"
"Ich werde es ausrichten."
"Landwehr hier. Haben Sie noch nie ein Telefon bedient?"
"Tut mir leid. Mein Name ist Marcus Tabor. Ich rufe privat an."
"Ah, der berühmte Marcus. Luisa hat mir von Ihnen erzählt. Wie geht es ihr?"
"Sie kann schon wieder selbständig trinken. Der Arzt sagt, sie wird ihr Augenlicht behalten."
"Prima. Dieses Schiff braucht dringend einen Sicherheitsingenieur, der etwas taugt, sonst sehe ich schwarz für Ihre 2000 Passagiere."
"Deshalb rufe ich an. Wie Sie vielleicht wissen, arbeite ich bei der Bordpolizei. Wir untersuchen den Unfall. Ich bin sicher, dass sie nicht selbst die Flüssigkeiten verwechselt hat. Leider wurde der ganze Laborschrank bei der Explosion zerstört und es lassen sich kaum noch Spuren finden. Ich würde aber meinen Kopf darauf verwetten, dass jemand die falsche Flüssigkeit in die richtige Flasche gefüllt hat."
"Kurze Frage: Darf ich das alles wissen? Sie sagten, Sie rufen privat an."
"Sie wissen von nichts. Die Ermittlungen laufen noch. Ich vertraue Ihnen, weil Luisa Ihnen vertraut."
"Und was sagt Luisa?"
"Leider spricht sie nicht. Sie weint die ganze Zeit."
"Scheiße. Und ich hatte ihr auch noch dazu geraten! Sie können auf meine Unterstützung zählen, so weit das aus zwei Lichtjahren Entfernung möglich ist."
"Danke. Aber wozu hatten Sie ihr geraten?"
"Sich beim Käptn einzuschleimen. Es schien bombastisch gewirkt zu haben, sie hat wohl in letzter Zeit gutes Budget erhalten."
"Das woanders abgezogen wurde."
"Sie hören mich nicken. Haben Sie eine Liste der Verdächtigen?"
"Zwei Listen sogar. Die offizielle und meine eigene. Luisa hatte mir selbst noch erzählt, bei wem das Budget abgezogen worden war, von dem sie profitierte. Ihr eigener Erfolg machte ihr Sorgen."
"Und wer von diesen Führungskräften schreckt vor keinem Mord zurück? Antworten Sie aus dem Bauch heraus."
"Das möchte ich nicht sagen."
"Ist OK. Aber Sie haben einen Verdächtigen?"
"Ja. Ich habe seinen Namen in meinem Tagebuch vermerkt für den Fall, dass auch mir ein Unfall passiert."
"Sehr gut. Ich sehe, Sie sind ein Profi. Und wie kann ich Ihnen helfen?"
"Ohne Details zu verraten: Der Täter oder sein Gehilfe hatte tiefgehende chemische Kenntnisse. Er hat eine Flüssigkeit mit einer gleichfarbigen ausgetauscht und zwar in einer Konzentration, dass die Explosion genau das Labor sprengte, aber nicht das ganze Schiff. Und das ist, wie ich inzwischen recherchiert habe, sehr kitzelig bei diesen Chemikalien. Leicht hätte er zu viel nehmen können. Er muss daher gewusst haben, welche Mischung Luisa herzustellen beabsichtigt. Wer an Bord eines Schiffes hat solche Kenntnisse während seiner Ausbildung erhalten? Sie sind doch Ausbilder."
"Sie müssten auch diejenigen berücksichtigen, die früher mal in einem relevanten Bereich gearbeitet haben oder diejenigen, die schlau genug sind, um zu recherchieren."
"Sie meinen jemanden, der selbst gerne der Sicherheitsingenieur geworden wäre?"
"Zum Beispiel. Es könnte jemand sein, der eine entsprechende Ausbildung hat ohne Abschluss. Oder den Trottel des Käptns. Jeder Chef hat seinen Trottel, der zwar hoch qualifziert ist und jede noch so schwierige Aufgabe kurzfristig erledigt, jede Kastanie mit bloßen Händen aus dem Feuer holt und jede Kuh vom Eis, aber trotzdem vom Chef mit Füßen getreten und öffentlich beleidigt wird. Luisa wird wissen, wen ich meine."
"Aber das ist doch Luisas Rolle!"
"Mancher Chef hat mehrere Trottel. Und jeder Trottel vom Dienst glaubt in seinem Selbstmitleid, den anderen Trotteln erginge es ein wenig besser. Ein wenig zu gut."
"Ich denke bei meinen Verdächtigungen eher an den Kronprinzen, den Typen, der Kapitän würde, wenn unserem Käptn etwas zustößt. Dieser hat nämlich von seinem üppigen Budget abgeben müssen für Luisa."
"Verfolgen Sie alle Spuren. So ein Raumschiff ist ja überschaubar. Zu viele Verdächtige können es nicht sein."
"Haben Sie eine Ahnung, wie es hier zugeht! Wenn der Käptn etwas versteht, dann Unruhe und Neid zu erzeugen durch seine Wankelmütigkeit."
"Und ist der Kronprinz ein Chemiker?"
"Der tut so als könne er alles."
"Prüfen Sie das. Glauben Sie, er könne sich die Hände selbst schmutzig gemacht haben?"
"Schon möglich. Er ist ein fähiger Mann. Nur übersteigen seine Eitelkeit und sein Ehrgeiz immer ein kleines Bisschen seine Fähigkeiten."
"Beobachten Sie auch die Reaktion der Leute auf Luisas Gesundheitszustand. Kaum einen normalen Mörder lässt es kalt, was er angerichtet hat. Oder haben Sie auch Psychopathen an Bord?"
"Doch, sicher. Sie wissen ja, dass 5% der Bevölkerung empathielose Psychopathen sind. Genauso auch auf jedem Raumschiff. Aber da hat der Käptn ein Händchen, die sind hier nicht auf hohen Posten."
"Ha, noch ein Hinweis auf Verdächtige!"
"Die Liste ist lang. Aber wie gesagt wurden alle Spuren bei der Explosion vernichtet. Wir können nicht mal prüfen, ob wirklich die falsche Flüssigkeit in der Flasche war, die Luisa verwendete. Man munkelt, Luisa sei überarbeitet gewesen und habe darum zur falschen Flasche gegriffen."
"Verfolgen Sie die Spur dieses Gerüchts!"
"Bin schon dabei. Die Spur führt in die Küche zu Luisas spezieller Freundin Finja. Nicht sehr hilfreich."
"Putzfrauen", warf Landwehr ein. "Wir dürfen nicht nur die Karrieretypen verdächtigen. Vielleicht steckt ganz normaler Zickenterror dahinter, der eskaliert ist? Putzfrauen kennen sich mit Chemikalien auch aus. Die Qualifikation einer Bord-Putzfrau ist höher als auf der Erde, das müssen Sie bedenken."
"Wow, da sagen Sie zum ersten Mal etwas, auf das ich selbst nicht gekommen bin. Die Liste der Verdächtigen wird immer länger."
"Putzfrauen haben auch Schlüssel zum Labor."
"Nicht zu diesem. Das hat Luisa sichergestellt. Dort wird nur unter ihrer Aufsicht geputzt."
"Aber bevor sie aufs Schiff kam, hatten eben doch Putzfrauen einen Schlüssel für diesen Raum. Und der Vorgänger. Prüfen Sie die Schlüsselverwaltung! Achten Sie auch auf verlorene und gestohlene Schlüssel."
"Werde ich! Ich kippe das in die offiziellen Ermittlungen ein, dann habe ich in wenigen Stunden nähere Informationen."
"Tun Sie das. Und richten Sie Luisa von mir Grüße aus. Sie soll sich schnell erholen und ihrem Mörder die Eier abreißen!"
"Ich werde es ausrichten."
Geschichten-Manufaktur - 30. Aug, 09:56