Kompetenz
Luisa traf Landwehr im Trainingsraum, wo er Hanteln stemmte.
"Und der Fuß?" fragte Luisa.
"Besser als vorher, kein Schmerz mehr. Und wo tut´s Ihnen weh?"
"Ich weiß nicht, vielleicht bin ich überempfindlich." Sie setzte sich in das Gerät neben ihm und begann mit dem Rudern. "Jedes Mal wenn ich einen Bericht schreibe oder einen Verbesserungsvorschlag einreiche, fragt der Käpt´n mich dasselbe."
"Und was?"
"Mit wem ich das geschrieben habe."
"Und?"
"Ich sag´s ihm. Und dann ist er zufrieden. So scheiße zufrieden, als würde es ihn freuen herauszufinden, dass ich das doch nicht selbst geschrieben habe."
"Und? Haben Sie?"
"Natürlich. Ich habe nur die anderen konsultiert, weil der Käpt´n sagte, ich solle noch jemanden drüber sehen lassen, der sich damit auskennt, bevor ich es ihm zeige."
"Und? Haben Sie den Experten gebraucht?"
"Nö, die interessiert das nicht die Bohne, denen bin ich lästig. Die geben meistens bloß ihr Ok, ohne auch nur richtig drauf zu sehen."
"Sie verstehen natürlich, was da gespielt wird, oder?"
"Natürlich, aber wie komm ich da raus??? Ich kann mich doch nicht den Anordnungen meines Vorgesetzten widersetzen! Und am Ende stehe ich nicht nur vor ihm wie jemand da, die nichts alleine schreiben kann, sondern die anderen halten mich ja auch schon für komplett unselbständig. Warum darf ich nie etwas alleine schreiben?"
"Fragen Sie ihn das, nicht mich. Abgesehen davon: Sie wissen es schon."
"Ja, ich habe ihn gefragt." Sie biss die Lippen aufeinander.
"Und?"
"Antwort war: Weil Sie doch noch nie etwas alleine hingekriegt haben. Ist er irre oder ich?"
"Nö, ganz normaler Machismus."
"Aber wie komm ich da raus?"
"Keine Ahnung. Kennen Sie eine Frau, die es geschafft hat?"
"Sie meinen, die anderen dürfen auch nichts alleine schreiben?"
"Kennen Sie eine?"
Luisa grübelte. "Dr. Song."
"Und nimmt der Käptn ernst, was sie schreibt?"
"Selbstmord ist also der einzige Ausweg?"
"Könnte sein. Sie wissen doch auch, dass wenn der Käptn Sie für blöd halten will, hat er die Macht, Sie in die Rolle reinzudrängen."
"Jeder hat die Macht, das zu tun!" Sie ruderte schneller.
"Falls Ihnen ein wenig nutzlose Soldarität hilft, bringen Sie das nächste Mal ihr Pamphlet zu mir. Falls es gut ist, bestätige ich Ihnen das handschriftlich mit 'perfekt, keine Änderung nötig'. Landwehr."
"Sie glauben, das hilft?"
"Natürlich nicht! Eher würde der Käptn an ein Komplott glauben."
"Was glauben Sie, was eine Geschlechtsumwandlung kostet?"
"Für Sie oder für den Käptn?" sagte Landwehr trocken.
Luisa stutzte. Dann lachte sie. "Ich wusste gar nicht, dass Sie Humor haben", prustete sie, und die Ruder glitten ihr aus der Hand.
Landwehr zog die Augenbrauen hoch. "Mein Vorschlag ging nicht in die Richtung, dass Sie die Operation selbst vornehmen sollten, das können Sie mir hinterher nicht in die Schuhe schieben. Bei dieser Sache sollten Sie wirklich einen Experten konsultieren."
Luisa kreischte, beugte sich nach vorne auf ihre Knie, um nicht aus dem Gerät zu fallen. "Danke", prustete sie. "Herzlichen Dank für diesen Tipp. Ich werde drüber nachdenken."
"Aber im Ernst. Für Sie ist es zu spät. Wenn Sie sich nun umwandeln lassen würden, würde er Sie dann eben wie eine inkompetente Schwuchtel behandeln. Sie brauchen einen neuen Kapitän. Nicht jetzt sofort, aber irgendwann wechselt jeder mal das Schiff."
Luisa wischte sich die Tränen von den Augen. "Ich komm nochmal auf Sie zu wegen der Unterschrift. Auch wenn mich nichts retten kann, brauche ich das Gefühl, ich habe mich gewehrt."
"Tja", machte Landwehr. "Sie sind eben noch sehr jung."
"Ich kann nicht mehr trainieren, ich brauche jetzt eine kalte Dusche. Ihnen noch gute Besserung!"
"Ja, Ihnen auch."
"Und der Fuß?" fragte Luisa.
"Besser als vorher, kein Schmerz mehr. Und wo tut´s Ihnen weh?"
"Ich weiß nicht, vielleicht bin ich überempfindlich." Sie setzte sich in das Gerät neben ihm und begann mit dem Rudern. "Jedes Mal wenn ich einen Bericht schreibe oder einen Verbesserungsvorschlag einreiche, fragt der Käpt´n mich dasselbe."
"Und was?"
"Mit wem ich das geschrieben habe."
"Und?"
"Ich sag´s ihm. Und dann ist er zufrieden. So scheiße zufrieden, als würde es ihn freuen herauszufinden, dass ich das doch nicht selbst geschrieben habe."
"Und? Haben Sie?"
"Natürlich. Ich habe nur die anderen konsultiert, weil der Käpt´n sagte, ich solle noch jemanden drüber sehen lassen, der sich damit auskennt, bevor ich es ihm zeige."
"Und? Haben Sie den Experten gebraucht?"
"Nö, die interessiert das nicht die Bohne, denen bin ich lästig. Die geben meistens bloß ihr Ok, ohne auch nur richtig drauf zu sehen."
"Sie verstehen natürlich, was da gespielt wird, oder?"
"Natürlich, aber wie komm ich da raus??? Ich kann mich doch nicht den Anordnungen meines Vorgesetzten widersetzen! Und am Ende stehe ich nicht nur vor ihm wie jemand da, die nichts alleine schreiben kann, sondern die anderen halten mich ja auch schon für komplett unselbständig. Warum darf ich nie etwas alleine schreiben?"
"Fragen Sie ihn das, nicht mich. Abgesehen davon: Sie wissen es schon."
"Ja, ich habe ihn gefragt." Sie biss die Lippen aufeinander.
"Und?"
"Antwort war: Weil Sie doch noch nie etwas alleine hingekriegt haben. Ist er irre oder ich?"
"Nö, ganz normaler Machismus."
"Aber wie komm ich da raus?"
"Keine Ahnung. Kennen Sie eine Frau, die es geschafft hat?"
"Sie meinen, die anderen dürfen auch nichts alleine schreiben?"
"Kennen Sie eine?"
Luisa grübelte. "Dr. Song."
"Und nimmt der Käptn ernst, was sie schreibt?"
"Selbstmord ist also der einzige Ausweg?"
"Könnte sein. Sie wissen doch auch, dass wenn der Käptn Sie für blöd halten will, hat er die Macht, Sie in die Rolle reinzudrängen."
"Jeder hat die Macht, das zu tun!" Sie ruderte schneller.
"Falls Ihnen ein wenig nutzlose Soldarität hilft, bringen Sie das nächste Mal ihr Pamphlet zu mir. Falls es gut ist, bestätige ich Ihnen das handschriftlich mit 'perfekt, keine Änderung nötig'. Landwehr."
"Sie glauben, das hilft?"
"Natürlich nicht! Eher würde der Käptn an ein Komplott glauben."
"Was glauben Sie, was eine Geschlechtsumwandlung kostet?"
"Für Sie oder für den Käptn?" sagte Landwehr trocken.
Luisa stutzte. Dann lachte sie. "Ich wusste gar nicht, dass Sie Humor haben", prustete sie, und die Ruder glitten ihr aus der Hand.
Landwehr zog die Augenbrauen hoch. "Mein Vorschlag ging nicht in die Richtung, dass Sie die Operation selbst vornehmen sollten, das können Sie mir hinterher nicht in die Schuhe schieben. Bei dieser Sache sollten Sie wirklich einen Experten konsultieren."
Luisa kreischte, beugte sich nach vorne auf ihre Knie, um nicht aus dem Gerät zu fallen. "Danke", prustete sie. "Herzlichen Dank für diesen Tipp. Ich werde drüber nachdenken."
"Aber im Ernst. Für Sie ist es zu spät. Wenn Sie sich nun umwandeln lassen würden, würde er Sie dann eben wie eine inkompetente Schwuchtel behandeln. Sie brauchen einen neuen Kapitän. Nicht jetzt sofort, aber irgendwann wechselt jeder mal das Schiff."
Luisa wischte sich die Tränen von den Augen. "Ich komm nochmal auf Sie zu wegen der Unterschrift. Auch wenn mich nichts retten kann, brauche ich das Gefühl, ich habe mich gewehrt."
"Tja", machte Landwehr. "Sie sind eben noch sehr jung."
"Ich kann nicht mehr trainieren, ich brauche jetzt eine kalte Dusche. Ihnen noch gute Besserung!"
"Ja, Ihnen auch."
Geschichten-Manufaktur - 20. Jul, 14:44