Montag, 11. Februar 2013

erfundene Geschichten

Ich weiß, Fiktion ist Fiktion, aber manche ist eben doch fiktiver als andere. Im letzten halben Jahr habe ich mich mit einigen Romanen gelangweilt, die schlicht nach Schema F konstruiert waren. Auf mich wirkten sie genauso lebendig wie ein Kasperletheater mit Holzpuppen. Die handelnden Personen sind mir so wurscht, dass sie von mir aus heiraten, sterben, Sex haben oder sich das Bein brechen können - mir alles gleich. Warum kaufen Verlage sowas und investieren auch noch in die hohen Papierkosten? Weil die Leser sowas kaufen, fürchte ich. Untergang des Abendlandes!
Momentan höre ich das Hörbuch "Die Seelen im Feuer" von Sabine Weigand. Auch total konstruiert und vorhersehbar, aber... Es handelt sich dabei um einen wirklich sehr sorgfältigen Bericht über die Hexenverfolgungen. Alles was ich bei meinen eigenen Recherchen gefunden habe, taucht dort auf. Alle die Perversionen und Grausamkeiten, Taktiererei und politischen Missbrauch der Hexenjagd, die Gegenargumente und den Widerstand. Der Roman selbst mag konstruiert sein, aber dahinter stecken wahre Geschichten. Als tatsächlich eine Angezeigte alle drei Runden der Tortur lebend und ohne Geständnis überstanden hatte und nach Hause zurück taumeln konnte, da weinte ich vor Freude. Ich kenne diese Frau nicht, sie existiert nicht. Trotzdem sind die Hexenverfolgungen nicht erfunden und diese Geschichte macht sie so lebendig fühlbar als sei man dabei. Wie ein besonders anschauliches Fachbuch.
Gestern Abend sah ich den Film "Die Brücke von San Luis Rey". Natürlich eine erfundene Geschichte. Aber mit Menschen, die wir alle kennen. Menschen, die lieben ohne selbst zurück geliebt zu werden. Menschen, die sterben, ohne dass ihr Tod einen Sinn ergibt. Die Handlung dient hier als Hintergrund für eine philosophisch-theologische Diskussion. Und die Antwort findet nicht der grübelnde Mönch am Schreibtisch, sondern die handelnde Äbtissin im Krankensaal: Was ist Liebe? Liebe bedeutet zu geben und dann wieder zu vergehen. Nur das was man gegeben hat bleibt und wird weitergegeben.
Beide Geschichten halten sich natürlich auch an die üblichen Strukturen eines Romans und verwenden Klischees. Aber dies nicht, um irgendeinen Roman zu konstruieren und zu verkaufen, sondern um eine Botschaft zu überbringen. Leider gilt das nur für einen kleinen Teil der fiktionalen Literatur.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Aufenthalt im Weltall...
Für alle Autoren von Science Fiction Literatur könnte...
Geschichten-Manufaktur - 31. Okt, 10:19
Ja, dürfte hier und da...
Ja, dürfte hier und da im Spam gelandet sein. Alles...
skydance - 29. Mai, 10:40
Oop, danke für die Warnung!...
Oop, danke für die Warnung! Bei mir war keine Information...
AndreaHerrmann - 29. Mai, 08:54
Hallo, das ist ein kurzes...
Hallo, das ist ein kurzes Heads-Up an die Immernoch-Blogger:...
skydance - 28. Mai, 20:36
Verbreitung schlechter...
Durch das Internet verbreiten sich Informationen, aber...
Geschichten-Manufaktur - 25. Mai, 10:24

Suche

 

Status

Online seit 6543 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 31. Okt, 10:23

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren