Mittwoch, 23. Februar 2011

Der Mann an meinem Computer

Luisa schlug wütend ihren Laptop zu. Das war nicht mehr ihrer, dieser Kerl hatte alles versaut! Robert war eben ziemlich verärgert abgezogen und hatte irgendetwas von wegen "Zicke" gemurmelt.

Dabei hatte alles so harmonisch angefangen. Robert, der sich gerne als Computerexperte ausgab, hatte sich zu Luisa an den Rechner gesetzt, um ihr zu helfen. Irgendeine Kleinigkeit tat nicht so, wie sie es erwartete.
"Was ist das denn?" fragte Robert entsetzt.
"Ja, das frage ich mich auch. Eigentlich müsste er doch, wenn ich hier klicke, die Datei von der letzten Sitzung laden."
"Ähm, nein, ich meine dieses Programm da..."
"XTafu, kennst Du das nicht? Die Linux-Version von W-Tafu."
"Ja, aber WAS tut es?"
"Ganz einfach,... Ach, wenn du das Programm nicht kennst, dann kannst du mir doch ohnehin nicht helfen. Dann danke fürs Anschauen."
"Quatsch, natürlich kenne ich XTafu, du hast es nur so komisch eingerichtet, dass man es kaum erkennt."
"Hab ich nicht! Es ist genau so wie direkt nach der Installation."
"Das meine ich ja. Jeder normale Benutzer schiebt erstmal das hier weg, das braucht keiner." Mit einem energischen Ellenbogenstoß eroberte Robert Luisas Maus und drängte Luisa samt ihrem Stuhl zur Seite, dass der Linoleumboden schmerzhaft quietschte.
"Stopp, aber das..."
"Braucht kein Mensch. Und das hier auch nicht."
"Hör auf, du kannst doch nicht einfach meine Arbeitsumgebung umkonfigurieren, was fällt dir ein!"
"So", stellte Robert stolz fest. "Jetzt ist es viel übersichtlicher und sogar du findest dich hier jetzt zurecht."
"Ja, nachdem du die Funktionen ausgeblendet hast, die ich täglich nutze!" beschwerte sich Luisa.
"Wie? Kennst du die Tastenkürzel etwa nicht auswändig?"
"Die brauche ich nicht. Bisher war hier links ja auch die Taskleiste, Idiot! Sag mir sofort, wie ich die wieder einblende."
Robert blickte sie mitleidig an. "Wie kann man derart auf seinen falschen Gewohnheiten beharren? NIEMAND arbeitet so!"
"Ich schon. Wo ist meine Taskleiste hin??"
Robert spreizte die Ellenbogen und beugte sich tief über den Laptop. "Und da ich schon dabei bin, das hier einzurichten, installiere ich dir noch das PDA-Plugin."
"Ich will den Scheiß nicht, hab ich noch nie vermisst."
"Das ist das allerneueste, du wirst nicht mehr ohne leben wollen!"
"Damit hat dich niemand beauftragt!"
"Sag mal, ich nehme mir hier viel Zeit, um dir zu helfen und du verhältst dich so zickig!"
"Was heißt hier helfen? Ich hatte eine konkrete Frage und die hast du immer noch nicht beantwortet!"
"Jetzt stell dich nicht so an, sonst verliere ich noch die Geduld mit mir."
"Ich hab sie schon verloren. Stell sofort alles wieder zurück, genau so wie es war!"
"Sowas hab ich noch nicht erlebt!" schimpfte Robert und sprang auf. "Mach doch deinen Scheiß alleine!" Und fort war er, das Wort "Zicke" auf den Lippen.

Luisa blieb ratlos zurück. Die Installation des PDA-Plugin war hängen geblieben, ließ sich auch nicht abbrechen. Sie ging nicht vor. Luisa startete den Rechner neu und dann das Programm. Während sie wartete, trommelte sie mit den Fingern auf der Tischplatte einen Rhythmus, der an einen Kampftanz blutrünstiger Eingeborener denken ließ. Schließlich lief der Rechner, XTafu war auch gestartet. Und sah immer noch so schrecklich misshandelt aus wie Robert es zurück gelassen hatte. Dann kam noch eine Fehlermeldung "Installation des PDA-Plugin wurde abgebrochen. Ab sofort sind keine automatischen Updates mehr möglich. Bitte installieren Sie das Plugin neu." Luisa versuchte eine Deinstallation des Plugins, doch es blieben Dateien auf ihrem Rechner zurück und die Fehlermeldung verschwand auch nicht. Sie suchte eine halbe Stunde lang verzweifelt nach der ausgeblendeten Taskleiste und las seitenweise nutzlosen Hilfetext. Dann schlug sie den Laptop zu und beschloss, erstmal eine Runde schwimmen zu gehen und danach den Sandsack zu boxen.

Warum taten die Jungs das immer? Jedes Mal, wenn sie einen von denen an ihren Laptop ließ, stellte er erstmal alles um und installierte Zeugs, das sie gar nicht brauchte. Sie würde nie wieder einen Mann um Rat fragen. Nur leider gab es so wenig Mädels an Bord, die ihr noch etwas beibringen konnten. Wenn sie genau überlegte, hatten die Jungs ihr bisher auch nicht viel geholfen, sondern nur Sprüche geklopft. Sie würde etwas darauf wetten, dass Robert weder XTafu noch W-Tafu überhaupt kannte, bzw. nur mal in einer Computerzeitschrift etwas darüber gelesen hatte. Man sollte echt niemanden nach dem Weg fragen!

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