Dienstag, 9. September 2014

Kultur der Faulheit

Allmählich wird es mir zu bunt. Angefangen hat es mit dem Postkartenkalender. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen. Im Januar und Februar ließ ich mir die Faulpelzsprüche darauf noch gefallen. Aber allmählich wurde eine Serie draus. Jedes einzelne Kalenderblatt lobt den Wert des Nichtstuns. Ich kriege schon einen dicken Hals, wenn ich die malerischen Landschaften schon sehe. Ich sollte das Ding dringend abhängen.

Seitdem achte ich etwas darauf. Auf eine Person, die sagt: "Ich finde gut, was Du machst" kommen mindestens vier, die mir sagen, ich solle weniger arbeiten und zwei die mir sagen, ich solle es besser gleich ganz bleiben lassen, würde ja doch nichts bringen. Es wundert mich, dass Deutschland überhaupt noch ein Bruttosozialprodukt hat. Ich weiß, die Leute werden mit der Peitsche angetrieben. Und den größten Teil des Bruttosozialprodukts erarbeiten sowieso die Chinesen, die im eigenen Restaurant 20 Stunden pro Tag arbeiten, oder die schlecht bezahlten Verkäuferinnen, Friseure und Spargelstecherinnen.

Ehrlich. Ich finde es ja schon an sich nicht so lustig, dass ich mich stets nur ernähren kann, wenn ich 60-80 Stunden pro Woche arbeite. Aber diese ständigen blöden Sprüche ich solle mich schonen und weniger machen, die setzen mich nur noch zusätzlich unter Druck. Und nutzen mir wenig.

Wenn die Tipps konkreter werden, will man mir meistens das wenige ausreden, das überhaupt noch Spaß macht. Das Blog zum Beispiel. Zahlt mir ja keiner, produziert nix. Knurr! Wenn ich nur noch das arbeite, was mir bezahlt wird, dann bin ich nichts als ein Leiharbeiter. Freiberuflichkeit ist was anderes! Ich arbeite nicht freiberuflich, ich BIN freiberuflich.

Grundsätzlich finde ich aber unsere deutsche Leitkultur der Faulheit ätzend. Wer am wenigsten arbeitet, ist der größte Held. Wer es schafft, bei der Arbeit den Chef oder das Team auszutricksen und so Leistung zu faken, wo man keine geleistet hat, der ist der Held. Und wer es schafft, möglichst viele Stunden pro Woche faul alle Viere von sich zu strecken und sich von Künstlern und anderen Dienstleistern berieseln zu lassen, der ist der König. Neulich erfuhr ich, dass bei einer weltweiten Umfrage die Deutschen die einzigen waren, die sich an Neujahr vornehmen, weniger zu arbeiten. Der Rest der Welt nimmt sich vor, mehr zu arbeiten, disziplinierter zu sein oder für seine Arbeit mehr Geld zu bekommen. Bedenklich, oder?

Ich arbeite gerne. Ich würde gerne auch weniger arbeiten. Könnte ich es mir leisten, würde ich das tun. 40 Stunden pro Woche sollten auch genügen. Aber ich würde dann vermutlich einfach noch mehr unbezahlte Dinge machen, die andere Leute verächtlich als "Arbeit" abtun würden und versuchen würden, mir auszureden, weil sie so schlecht bezahlt wird. Romaneschreiben zum Beispiel. Da komme ich schon seit Tagen wieder nicht dazu. Hätte ich mehr Freizeit, würde ich mehr Romanseiten erzeugen.

Mit Faulheit und Nichtstun habe ich es nicht so. Nichtstun kann ich wieder, wenn ich tot bin. Jahrmillionen lang. Wiedergeburt krieg ich keine, denn ich komme ja in den Himmel. :-)

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