Montag, 3. März 2014

Das Böse

Neulich las ich "Biographie des Teufels - Das radikale Böse und die Macht des Guten in der Welt" von Jeffrey Burton Russell. Er ist ein echter Teufelskenner und forscht schon lange zu diesem Thema. Das Buch ist vor allem ein historischer Rück- und Überblick, wie verschiedene Denker der Geschichte den Teufel gesehen haben und wie sich dessen Image im Strom der Zeitgeschichte veränderte.

Für mich habe ich aus dem detaillierten Schmöker folgende Gedanken notiert.
Das Gute ist Liebe und Erschaffung. Das Böse ist Chaos, Dunkel und Angst. Per Definition. Wenn Satanisten behaupten, ihr gehörnter Gott sei eigentlich der Gute und nur das Opfer einer semitischen Rufmordkampagne geworden, dann muss man sie auf diese Definition verweisen.

Es gibt verschiedene Erklärungen bzw. Ursprünge des Bösen, die wir leider nicht voneinander unterscheiden können:
  • Es gibt kein Böses. Chaos und Angst entstehen durch die Komplexität (und Freiheit) in dieser Welt. Oder durch unsere überhöhten Vorstellungen von Glück. Die Vorstellung von Gut und Böse spiegelt das Auseinanderklaffen zwischen hohen Idealen und Realität.
  • Das Böse ist genauso Teil Gottes wie das Gute. Ohne Licht kein Schatten. Je heller das Licht, umso dunkler der Schatten. Beide gehören zusammen.
  • Gott hat das Böse absichtlich erschaffen. Nun agiert es selbständig. Gott könnte das getan haben, um die Menschen zu prüfen. Oder um ein Gleichgewicht herzustellen.
  • Der Teufel ist ein gefallener Engel, der böse ist, weil er böse sein will. Damit missbraucht er seine Entscheidungsfreiheit.
  • Gut und Böse existieren im Menschen und verursachen hier eine Spannung. Diese Spannung projeziert er auch auf das Göttliche. Unabhängig davon, ob ein Göttliches überhaupt existiert.
  • Gott erschuf den Geist, der Teufel herrscht über die materielle Welt.
Welche dieser Erklärungen die richtige ist, hat Auswirkungen darauf, wie sehr wir das Böse hassen und bekämpfen sollten. Oder eben akzeptieren. Ich persönlich denke, dass es sehr wichtig ist, dem Bösen Widerstand zu leisten. Das ist schon gefährlich genug, denn das Böse hasst es, wenn es nicht absolute Macht über andere hat. Fürchten darf man das Böse nicht, und Hass schadet nur meiner Seele, aber nicht dem Bösen. Beim Bekämpfen zieht der Gute immer den Kürzeren, weil er mehr Skrupel hat. Und Bekehrungen versuche ich auch nicht mehr, denn das Böse hat seine eigene Logik. Böse Menschen sind absichtlich böse und fühlen sich damit auf eine höhnische Weise wohl. Warum und wozu sollten sie davon ablassen? Zumal sie ja bereits so viel auf dem Kerbholz haben, dass ein Mensch, der nicht an Vergebung glaubt, nicht mehr zurück kann.

Ich persönlich glaube übrigens nicht, dass Geist = Gut und Materie = Böse. Das Gute kann sehr konkret und irdisch sein!

Zurück zum Buch: Welche Rolle spielt das Böse für den Guten? Ohne das Böse gäbe es keine Wahlfreiheit. Wir könnten immer nur das Gute tun. Damit wäre aber unser Gutsein nicht viel wert, keine besondere Leistung. Das Böse ist unser Prüfstein. Nur wenn wir ihm widerstehen, gehören wir nachweislich zu den Guten.

Indem das Böse uns Wahlfreiheit verschafft, gibt es auch keine Vorherbestimmtheit unseres Schicksals. Wir gestalten unser Schicksal selbst.

Gut finde ich es auch, dass Russell zwischen verschiedenen Arten des Bösen unterscheidet. Diese Unterscheidung spielt bei meinen Argumentationen auch immer eine wichtige Rolle! Es gibt Böses, das einfach durch die Komplexität der Welt entsteht. Jemand ist zum falschen Zeitpunkt am Fuße eines Vulkans, der gerade jetzt zum ersten Mal seit zweitausend Jahren ausbricht. Das ist Pech! Niemand hat das verschuldet. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob Gott oder der Teufel bewirkt hat, dass diese Person genau zu diesem Zeitpunkt genau hier ist.

Da wir dies aber nicht beeinflussen können, finde ich solche Überlegungen interessant, aber auch müßig. Wichtig für mich ist doch das, was ich selbst tun und beeinflussen kann. Dass gut gemeinte Taten manchmal Schaden anrichten und manchmal böse Taten aus Versehen Gutes bewirken, fällt für mich auch in die Kategorie "Pech gehabt" oder "Glück gehabt". Die Komplexität der Welt gibt dem Göttlichen Raum, zu wirken ohne nachweisbar zu sein. Wichtig ist für mich persönlich immer die Absicht. Hat jemand mit guter oder böser Absicht gehandelt? Darum geht es! Die Folgen sind dann letztlich in Gottes oder Zufalls Händen. Für meine moralische Ökobilanz zählen aber meine Absichten. Die gute Absicht punktet. Und es ist meine Verantwortung, zu erlernen, wie ich mit guten Absichten auch tatsächlich gute Wirkungen erziele.

So gesehen kann ich mich mit der Existenz des Bösen einigermaßen abfinden. Sie muss wohl sein, damit es mir nicht zu leicht wird. Und damit wären wir auch bei meiner Fantasy-Trilogie. Zitat: "Das Gute wird das Böse niemals besiegen. Dem Guten bleibt nichts anderes übrig, als immer wieder zu unterliegen. Aber das Gute wird immer wieder neu geboren."

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